Jérôme, Mitte Vierzig, war bis vor gut zwei Jahren das, was man einen unbescholtenen Bürger nennt, bis er eines Nachts mit Alkohol am Steuer erwischt wird. Nur wenige Wochen darauf, nach der Verurteilung zu einer Geldstrafe und Gefängnis auf Bewährung, wird er rückfällig und wieder von der Polizei angehalten. Diesmal verurteilt ihn der Richter zu vier Monaten Haft, abzusitzen im "maison d’arrêt" in Fresnes bei Paris, einem Gefängnis für Haftstrafen unter zwei Jahren. Jérôme erinnert sich an den Tag, an dem er seine Gefängniszelle zum ersten Mal betritt.
"Ich komme in eine Zelle, Ekel erregend, wirklich zum Kotzen! Schwarz vor Dreck. Darin Etagenbetten, drei übereinander, die Toilette nicht abgetrennt, also Gerüche und Geräusche deiner Mithäftlinge in der Zelle. In den Duschräumen ist alles voller Taubendreck. Die Tauben können rein, weil es keine Ventilation gibt und deswegen die Fenster permanent geöffnet sind. Das Gefängnis in Fresnes ist eine Rattenfabrik. Die Ratten sind überall: in den Gängen, in den Innenhöfen. Selbst tagsüber kann man sie sehen. Der Gefängnisbetrieb stört sie kaum noch."
Doch nicht nur mangelnde Hygiene im Gefängnis macht Jerome zu schaffen. Mindestens ebenso unerträglich sind die überfüllten Zellen, in denen die Häftlinge in Fresnes wenigstens 20 Stunden am Tag zusammenhocken.
"Wir haben unsere Zelle ausgemessen: 11,8 Quadratmeter. Ich hatte Glück, wir waren nur zu zweit. Nicht selten sind in der gleichen Zelle vier Leute untergebracht. Sie losen dann aus, wer auf einer Matratze am Boden schläft."
"Mit Ausnahme von Moldavien habe ich nie schlimmere Gefängnisse gesehen", resümiert EU-Menschenrechtskommissar, Alvaro Gil-Robles die Situation. Und er hat viel gesehen. Frankreich ist das letzte von 32 europäischen Ländern, deren Gefängnisse der Menschenrechtskommissar während seiner Amtszeit besucht hat. In einem Interview mit der französischen Tageszeitung "Liberation" spricht er über das Marseiller Gefängnis "Les Baumettes" als einen "abstoßenden Ort", der selbst mit der Investition von Millionen nicht zu retten sei. Er kritisiert die chronische Überbelegung französischer Gefängnisse, die hohe Zahl von Häftlingen mit akuten psychiatrischen Erkrankungen, die sich selbst überlassen seien und deren Recht auf eine adäquate medizinische Behandlung nicht respektiert werde.
Besonders schockiert haben den Menschenrechtskommissar der EU die Hafträume im Keller des Pariser Justizpalastes, in denen Ausländer auf ihre Verurteilung warten. Die Zustände dort seien erschreckend unmenschlich. Die Haftreinrichtung, forderte Gil-Robles, "muss dringend geschlossen werden".
Mitte Februar wird der Menschenrechtskommissar dem EU-Rat seinen Abschlussbericht zur Situation in Frankreichs Gefängnissen vorlegen. Gabriel Mousca, Vorsitzender der französischen Menschenrechtsorganisation "observatoire des prisons", bezweifelt jedoch, dass der Bericht konkrete Folgen haben wird.
"Ich glaube leider nicht, dass der Bericht des EU-Kommissars großartig etwas an der Situation in französischen Gefängnissen ändern wird. Die Vergangenheit hat gezeigt: Konfrontiert mit Kritik stellt sich die französische Regierung einfach taub."
Bereits seit Anfang der 90er Jahre beklagen Menschenrechtsorganisationen die skandalösen Zustände in französischen Gefängnissen. Im Auftrag des französischen Parlaments wurden Berichte geschrieben, von der französischen Beratungskommission für Menschenrechte wurde eine gründliche Studie erstellt und umfangreiche Verbesserungsvorschläge erarbeitet. "Die bisher einzige Reaktion der französischen Regierung ist ein völlig unzureichendes Investitionsprogramm in den Ausbau der Gefängniskapazitäten", beklagt Gabriel Mousca.
"Jedes Mal, wenn ein neues Gefängnis gebaut wird, ist es sofort wieder überbelegt. Die einzige unmittelbar wirksame und verantwortliche Lösung ist es, Häftlinge zu entlassen, die nichts im Gefängnis zu suchen haben."
Entlassen werden, fordert der Vorsitzende des Menschenrechtsorganisation, müssen alte und schwerkranke Häftlinge, Männer und Frauen mit geringen Delikten, die alternativ zur Gefängnisstrafe gemeinnützige Arbeit verrichten könnten. Außerdem ließe sich die in Frankreich besonders hohe Zahl von Untersuchungshäftlingen reduzieren, die oft viele Monate im Gefängnis auf ihr Gerichtsverfahren warten.
Stattdessen setzt die französische Regierung auf eine populistische repressive Politik, klagt Menschenrechtler Mousca. "Doch", sagt er, "das geht auf Dauer schief".
"Das ist in Frankreich 1974 passiert vor der letzten Modernisierung der Gefängnisse. Häftlinge sind ums Leben gekommen, Gefängnisse haben gebrannt. Erst danach haben die Politiker reagiert und das System modernisiert. Ich hoffe, dass es diesmal anders läuft, ohne blutige Aufstände in den Gefängnissen."
"Ich komme in eine Zelle, Ekel erregend, wirklich zum Kotzen! Schwarz vor Dreck. Darin Etagenbetten, drei übereinander, die Toilette nicht abgetrennt, also Gerüche und Geräusche deiner Mithäftlinge in der Zelle. In den Duschräumen ist alles voller Taubendreck. Die Tauben können rein, weil es keine Ventilation gibt und deswegen die Fenster permanent geöffnet sind. Das Gefängnis in Fresnes ist eine Rattenfabrik. Die Ratten sind überall: in den Gängen, in den Innenhöfen. Selbst tagsüber kann man sie sehen. Der Gefängnisbetrieb stört sie kaum noch."
Doch nicht nur mangelnde Hygiene im Gefängnis macht Jerome zu schaffen. Mindestens ebenso unerträglich sind die überfüllten Zellen, in denen die Häftlinge in Fresnes wenigstens 20 Stunden am Tag zusammenhocken.
"Wir haben unsere Zelle ausgemessen: 11,8 Quadratmeter. Ich hatte Glück, wir waren nur zu zweit. Nicht selten sind in der gleichen Zelle vier Leute untergebracht. Sie losen dann aus, wer auf einer Matratze am Boden schläft."
"Mit Ausnahme von Moldavien habe ich nie schlimmere Gefängnisse gesehen", resümiert EU-Menschenrechtskommissar, Alvaro Gil-Robles die Situation. Und er hat viel gesehen. Frankreich ist das letzte von 32 europäischen Ländern, deren Gefängnisse der Menschenrechtskommissar während seiner Amtszeit besucht hat. In einem Interview mit der französischen Tageszeitung "Liberation" spricht er über das Marseiller Gefängnis "Les Baumettes" als einen "abstoßenden Ort", der selbst mit der Investition von Millionen nicht zu retten sei. Er kritisiert die chronische Überbelegung französischer Gefängnisse, die hohe Zahl von Häftlingen mit akuten psychiatrischen Erkrankungen, die sich selbst überlassen seien und deren Recht auf eine adäquate medizinische Behandlung nicht respektiert werde.
Besonders schockiert haben den Menschenrechtskommissar der EU die Hafträume im Keller des Pariser Justizpalastes, in denen Ausländer auf ihre Verurteilung warten. Die Zustände dort seien erschreckend unmenschlich. Die Haftreinrichtung, forderte Gil-Robles, "muss dringend geschlossen werden".
Mitte Februar wird der Menschenrechtskommissar dem EU-Rat seinen Abschlussbericht zur Situation in Frankreichs Gefängnissen vorlegen. Gabriel Mousca, Vorsitzender der französischen Menschenrechtsorganisation "observatoire des prisons", bezweifelt jedoch, dass der Bericht konkrete Folgen haben wird.
"Ich glaube leider nicht, dass der Bericht des EU-Kommissars großartig etwas an der Situation in französischen Gefängnissen ändern wird. Die Vergangenheit hat gezeigt: Konfrontiert mit Kritik stellt sich die französische Regierung einfach taub."
Bereits seit Anfang der 90er Jahre beklagen Menschenrechtsorganisationen die skandalösen Zustände in französischen Gefängnissen. Im Auftrag des französischen Parlaments wurden Berichte geschrieben, von der französischen Beratungskommission für Menschenrechte wurde eine gründliche Studie erstellt und umfangreiche Verbesserungsvorschläge erarbeitet. "Die bisher einzige Reaktion der französischen Regierung ist ein völlig unzureichendes Investitionsprogramm in den Ausbau der Gefängniskapazitäten", beklagt Gabriel Mousca.
"Jedes Mal, wenn ein neues Gefängnis gebaut wird, ist es sofort wieder überbelegt. Die einzige unmittelbar wirksame und verantwortliche Lösung ist es, Häftlinge zu entlassen, die nichts im Gefängnis zu suchen haben."
Entlassen werden, fordert der Vorsitzende des Menschenrechtsorganisation, müssen alte und schwerkranke Häftlinge, Männer und Frauen mit geringen Delikten, die alternativ zur Gefängnisstrafe gemeinnützige Arbeit verrichten könnten. Außerdem ließe sich die in Frankreich besonders hohe Zahl von Untersuchungshäftlingen reduzieren, die oft viele Monate im Gefängnis auf ihr Gerichtsverfahren warten.
Stattdessen setzt die französische Regierung auf eine populistische repressive Politik, klagt Menschenrechtler Mousca. "Doch", sagt er, "das geht auf Dauer schief".
"Das ist in Frankreich 1974 passiert vor der letzten Modernisierung der Gefängnisse. Häftlinge sind ums Leben gekommen, Gefängnisse haben gebrannt. Erst danach haben die Politiker reagiert und das System modernisiert. Ich hoffe, dass es diesmal anders läuft, ohne blutige Aufstände in den Gefängnissen."