Einst war Kappigalli ein idyllisches Bergdorf im malerischen Kaghan Valley in Pakistans Nordwestgrenzprovinz. Hier fuhren die Städter vorbei auf dem Weg in die Sommerfrische. Wer jetzt durch Kappigalli geht, hat Mühe, hier noch ein Dorf zu erkennen, nur Trümmer sind übrig. Teile des Hügels, auf dem das Dorf gebaut war, sind abgerutscht - der Berg hat ganze Häuser förmlich verschluckt. Wer überlebt hat, kann sich noch genau an den Morgen des 8. Oktober erinnern. Doch darüber zu sprechen, fällt vielen immer noch schwer. Stockend und mit leiser Stimme erzählt der 15-jährige Sadaqat Hussein von jenem Morgen, an dem er in der Schule von Kappigalli saß.
" Erst fühlte ich ein leichtes Zittern, dann bebte die Erde plötzlich mit ganzer Macht. Ich rannte raus und verlor das Bewusstsein. Als ich wieder zu mir kam, lag ich im Freien. "
280 Kinder aus Kappigalli und den umliegenden Dörfern saßen an jenem 8. Oktober im Unterricht - 60 konnten nur noch tot geborgen werden, trotz verzweifelter Rettungsaktionen, erzählt Dorfbewohner Mohammad Bashish.
" Die Eltern der Vermissten kamen sofort hierher. Sie haben mit Steinen große Löcher in die Stahlbetondecke geschlagen und noch am Tag des Bebens die Kinder da herausgezogen. "
Während einige noch apathisch auf den Trümmern vor ihren Zelten sitzen, sägen und hämmern andere schon wieder. Eilige Eigeninitiative, um das Überleben während des harten Winters zu sichern. Im November hatte sich der erste Schnee auf höher gelegenen Gipfeln gezeigt, waren die Temperaturen überall in der Katastrophenregion nachts unter den Gefrierpunkt gefallen. Seitdem schneit es auch in den Tälern immer häufiger, immer heftiger. Im Januar und Februar werden die Temperaturen manchenorts bei minus 10 bis minus 20 Grad liegen, wird die Schneedecke auf bis zu drei Meter anwachsen. Da sind gute Unterkünfte wichtig, selbst in Kappigalli, wo die Winter relativ mild sind, betont Mohammad Bashish:
" Die Zelte werden unter dem Gewicht des Schnees einstürzen. Aus Trümmerholz machen wir die Grundpfeiler. Wellblech und anderes Baumaterial bringt die Armee aus Islamabad. "
Das große Beben vom 8. Oktober hat Pakistan - Staat und Gesellschaft - in den Grundfesten erschüttert. Zigtausende Tote und Verletzte, 400.000 Häuser zerstört oder unbewohnbar, ein Gebiet so groß wie Belgien massiv verwüstet. Das machte selbst den übermächtigen Herrscher Pakistans, den Präsidenten und Oberbefehlshaber Pervez Musharraf für einige Zeit ratlos, hilflos. Umso kräftiger und optimistischer fallen Musharrafs Parolen inzwischen aus.
" Dies ist eine starke Nation. Ich bin 500 Prozent sicher, dass wir mit Gottes Hilfe alles hinbekommen können. "
Doch es hatte viele Stunden gedauert, bis die Führung in Islamabad überhaupt reagierte - mehrere Tage, bis ihr das wahre Ausmaß der Katastrophe klar wurde, bis die Armee in Bataillonsstärke ins Katastrophengebiet in Marsch gesetzt wurde. Das hat Kritik laut werden lassen am Militärstaat Musharrafs, beispielsweise von der couragierten und prominenten Journalistin Ayesha Haroon von der Tageszeitung "The Nation":
" Die Hilfsoperation war insgesamt sehr langsam. Pakistan hat sich erst allmählich aufgerafft. Ich frage mich, warum die Regierung die Armee nicht gleich zu Fuß in entlegene Orte geschickt hat. Warum kam sie zunächst nur dorthin, wo es offene Straßen für Fahrzeuge gab? Allerdings wusste in der ersten Phase niemand, was passiert war, welches Ausmaß die Katastrophe hatte. Die Regierung ist von ihrer Struktur abhängig. Wenn die zusammenbricht, die Kommunikation versagt, die Regierungsbeamten selbst getötet werden, dann ist es sehr schwer, die richtigen Informationen zu bekommen und die richtigen Hilfsgüter zu schicken. Das war ein wirkliches Problem. "
Der Gong zum Unterrichtsbeginn symbolisiert ein Stückchen Normalität im Chaos nach dem Beben. Sechs Wochen hatten die Mädchen der Grund- und Mittelschule von Shah Najib Khan auf den Neubeginn warten müssen. Sechs Wochen gab es für sie nur das Beben, die Trauer um die Opfer, die Sorge ums eigene Überleben und um die Zukunft. Jetzt ist hier, an der Grenze zwischen Kaschmir und der Nordwestgrenzprovinz wieder ein bisschen Alltag eingezogen. Auch wenn die Schule zerstört ist und es Unterricht nur in Zelten gibt - mit einfachsten Mitteln, wie Grundschuldirektorin Sajda Begum unterstreicht, die ihr eigenes Grundstück für die Zeltschule zur Verfügung gestellt hat.
" Wir haben keine Hefte, Blöcke, Stifte, keine richtigen Tafeln, keine Schulmöbel, Schuluniformen und Bücher. Einiges konnten wir aus den Trümmern der alten Schule holen, aber es reicht nicht für richtigen Unterricht. "
Doch das Provisorium ist besser als nichts, wissen die Lehrerinnen. Schule ist jetzt wichtig für die verängstigten und traumatisierten Kinder, da sind sie sich mit internationalen Experten einig.
Ein geregelter Tagesablauf sei gut für die Kinder, sagt Mittelschuldirektorin Koser Jehan, so kämen sie über den Schrecken hinweg. Und der sei immer noch gegenwärtig, sagt Sajda Begum:
" Wann immer die Rede vom Erdbeben ist, ist das Interesse der Schülerinnen sehr groß. Sie sind dann mit voller Aufmerksamkeit dabei, stellen Fragen an uns Lehrerinnen. Statt nur normalen Unterricht zu haben, wollen sie sehr oft über das Beben reden."
Die Lehrerinnen kommen dem Diskussionsbedarf nach. Sie teilen mit den Schülerinnen die Angst vor einem neuen Beben und die Erlebnisse vom 8. Oktober. Die 14-jährige Amna erzählt:
" Die Erinnerungen kommen immer wieder hoch. Daran, wie die Schule und die Nachbargebäude einstürzten, wie alle herumrannten und schrieen. "
Amna konnte sich retten, acht ihrer 95 Mitschülerinnen gelang das nicht.
" Vor dem Beben konnten wir in Ruhe lernen, uns auf die Schule konzentrieren. Doch seitdem fühlen wir uns abgelenkt. Ich vermisse meine toten Schulfreundinnen. Ich wünsche mir, die Schule würde wieder wie früher. "
Hubschrauber kreisen über Balakot, neben dem Fluss Kunhar arbeiten sich einige Bagger durch die Trümmer. Balakot sieht aus wie nach einem Luftangriff. 40.000 Einwohner hatte die Stadt in Pakistans Nordwestgrenzprovinz vor dem Beben. Schätzungsweise die Hälfte kam ums Leben, mehr als 90 Prozent aller Gebäude sind zerstört.
Mit einem Vorschlaghammer bearbeitet Abdul Hakim die Reste eines zweistöckigen Wohnhauses am Stadtrand von Balakot. Muskelkraft statt Abrissbirne - ein bescheidener erster Schritt zum Wiederaufbau.
"In fünf, sechs Tagen werden wir mit dem Abriss fertig sein", ruft der Arbeiter vom Dach herunter, einige Kollegen helfen ihm. Bezahlt werden die Männer von Mohammad Ashik Hussein, vor dem Beben ein wohlhabender Geschäftsmann mit mehreren Häusern in der Stadt. Alle sind nun zerstört. Er selbst habe Glück gehabt, wie er sagt.
" Meine beiden drei- und vierjährigen Töchter sind bei dem Beben ums Leben gekommen. Doch der Rest der Familie hat überlebt, meine Frau und unsere beiden Söhne. Gott war gnädig mit uns. In anderen Häusern sind komplette Familien gestorben. In unserer weiteren Verwandtschaft gab es 160 Tote. "
Der 38-Jährige will nicht aufgeben, will das zerstörte Balakot nicht verlassen. Hussein hofft auf die versprochene Entschädigung durch den pakistanischen Staat, um neu anfangen zu können. Bis dahin räumt er erstmal Trümmer zur Seite und lebt in einem Zeltlager.
" Ich bin erschüttert, aber ich habe die Hoffnung nicht verloren. Meine Vorfahren lebten hier, wir haben mehrere Häuser in Balakot. Wir haben uns entschlossen, hier zu bleiben und weiterzumachen. Im Gegensatz zu vielen, die weggegangen sind und anderswo ein Leben dritter Klasse führen. "
Die betroffenen Gebiete im pakistanischen Teil Kaschmirs und in der Nordwestgrenzprovinz sind trotz mancher Verbesserungen in den vergangenen Jahren arm und unterwickelt. Wie nach dem Tsunami im Indischen Ozean herrscht nun auch in Pakistan die Hoffnung, man könnte die zerstörten Gebiete besser, moderner wieder aufbauen.
Der bunt bemalte Lastwagen steht dicht an der Laderampe des Bundeswehr-Helikopters 84-28. Im Eiltempo laden pakistanische Tagelöhner Zelte von dem Lkw in den Transporthubschrauber um. Im Halbstundentakt pendeln die Deutschen zwischen dem zentralen Landeplatz in Muzaffarabad und entlegenen Bergdörfern Kaschmirs - mit Hilfsgütern für die Überlebenden des schweren Bebens. Pakistan ist für die Heeresflieger aus dem schwäbischen Laupheim und dem westfälischen Rheine unbekanntes Terrain, aber fliegerisch machbar, sagt Hauptmann Manfred Lang, an diesem Tag Pilot der 84-28.
" Sofern nicht das Wetter uns dazwischen kommt, denke ich dass wir die Leute auch gut versorgen können. Und wenn das Wetter schlechter wird, dann müssen wir halt mehr durch die Täler fliegen. Aber auch dafür sind wir ausgebildet. Und ich denke, dass man auch den Winter über die Menschen hier versorgen kann."
Mit 75 winterfesten Zelten an Bord dröhnt der Bundeswehr-Hubschrauber das Neelum Valley hinauf. Unten sind die Spuren der Zerstörung deutlich sichtbar: abgerissene und abgerutschte Berghänge, verschüttete Häuser und Straßen, zerstörte Dörfer, Höfe und Hütten. Es ist schlimmer als es Fernseh-Bilder vermitteln können, meint Hauptfeldwebel Jörn Bosse, Bordwart der 84-28:
" Man sieht die Zerstörung hier eher, weil wir direkt dabei sind. Und man sieht die flehenden Hände und Gesichter und erkennt sofort: Die Menschen hier freuen sich und brauchen unsere Hilfe."
Die Weltöffentlichkeit hatte in der Tat zunächst große Probleme, das Ausmaß der Zerstörung in Pakistan zu begreifen. Zwar schickten viele Länder Experten und Soldaten, doch der Fluss von Hilfsgütern und vor allem Geld kam nur zögerlich in Gang. Einer von vielen Gründen dafür: Skepsis gegenüber einem Land, das als hoch korrupt und schlecht organisiert gilt. In Pakistan waren und bleiben die Betroffenen auch Wochen und Monate nach der Katastrophe zum Überleben auf Hilfe von außen angewiesen. Ein großes Problem dabei: der allergrößte Teil der ausländischen Gelder soll in den Wiederaufbau fließen, die fortdauernde Nothilfe litt deshalb auch nach der Geberkonferenz weiter unter ständigem Geldmangel.
Fröhliche Kinder im Camp von Bassian. Das Zeltlager in der pakistanischen Nordwestgrenzprovinz ist eines der größten im Katastrophengebiet und eigentlich kein Ort der Fröhlichkeit. Zwar gibt es hier Essen und Unterkunft, sogar eine Schule, aber die Lagerbewohner haben außer ihrem Leben in der Regel alles verloren. Mohammad Farid etwa, der sich mit Tochter, Frau und einem Cousin ein Zelt teilt. Die Erinnerung ist bei dem 35-Jährigen noch hellwach. Der Sehbehinderte hat sein letztes Augenlicht verloren, als er durch das Beben in seinem Haus verschüttet wurde.
" Ich hatte Riesenangst. Wegen einer Kopfwunde war ich blutüberströmt, konnte nichts mehr sehen. Nach zwei Stunden wurde ich aus den Trümmern gerettet."
Noch immer kann Mohammad Farid nachts kaum schlafen, aus Angst vor neuen Beben und aus Sorge um die Zukunft seiner kleinen Familie, erzählt er mit tränenerfüllten Augen.
" Wir wissen nicht was die Zukunft bringt. Wir haben alles verloren, unser Ackerland, unser Haus. Die ganze Gegend ist ein bis zwei Meter abgesackt beim Beben. Viele Häuser sind den Berg hinuntergerutscht, ganze Dörfer verschwunden. Wir wissen nicht, was wir jetzt tun sollen, alles liegt in der Hand Allahs. "
Die streng gläubigen Muslime hier suchen jetzt noch häufiger Trost im Gebet, denn sie wissen, dass die Katastrophe für sie noch nicht vorüber ist. Jetzt geht es darum, den harten, eisigen Winter zu überleben. Immer mehr Menschen sind deshalb seit Anfang November aus den Bergen in die Täler geflohen. Das Camp in Bassian könnte statt 3000 bis zu 5000 Menschen aufnehmen, sagt Lagerleiter Oberst Atif Shafique.
" Wir haben mehr Platz, wenn mehr Menschen kämen. Das UN-Flüchtlingshilfswerk kann uns jederzeit zusätzliche Zelte geben. Wir sind darauf vorbereitet. Wir können 500 Zelte zusätzlich aufstellen, nahezu über Nacht. In zwei, drei Tagen hätten wir sie hier stehen. "
In Tausenden von improvisierten, kleinen Zeltlagern im Katastrophengebiet drohen Versorgungsengpässe und Krankheiten wegen miserabler hygienischer Verhältnisse. Hier in Bassian dagegen sorgt ein Südkoreaner für Essen, betreuen kubanische Ärzte und Schwestern die Kranken, bringt die UNO Zelte. Das pakistanische Militär leitet das Camp. Der pakistanische Armee-Oberst Shafique will den Lagerbewohnern dabei auch eine Chance zum Neuanfang geben wie er sagt:
" Die Menschen sind es nicht gewohnt, ein diszipliniertes Leben mit Einschränkungen zu führen. Aber hier gibt es ein wenig Disziplin. Wir kontrollieren den Ein- und Ausgang. Wir lassen die Leute nicht einfach nur in den Zelten liegen, sondern fordern sie zur Arbeit auf. So können sie etwas verdienen und nach und nach ins normale Leben zurückfinden. Wir wollen nicht, dass die Menschen von diesem System abhängig werden, sondern dass sie hier eigenes Geld verdienen, damit sie bald wieder selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen können."
Die Militarisierung der Katastrophenhilfe hat viel Kritik auf sich gezogen. Die pakistanische Armee ist nicht nur die Speerspitze der Nothilfe, ein General organisiert auch den Wiederaufbau. Doch die Armee sei der Herausforderung nicht gewachsen, hört man vielfach in Pakistan. Dieselben Kritiker aber geben gleichzeitig zu, dass die Armee die bei weitem bestorganisierte Institution des Landes sei, dass zivile Behörden es nicht besser schaffen könnten.
Der Oberbefehlshaber und Präsident Pakistans Pervez Musharraf verteidigt seine Armee. Nur sie könne mit Nothilfe und Wiederaufbau fertig werden. Musharraf will die zentrale Rolle des Militärs. Nicht einmal in diesen Zeiten der Not ist Musharraf deshalb bereit, zugunsten der Katastrophenhilfe Abstriche beim gewaltigen Verteidigungshaushalt Pakistans zu machen.
Die Katastrophe hat vor allem Kaschmir getroffen, die zwischen Indien und Pakistan geteilte und umkämpfte Krisenregion. Leid und Hilfsbereitschaft auf beiden Seiten der Waffenstillstandslinie böten die einmalige Chance, den Jahrzehnte währenden Disput zu klären, propagiert Pervez Musharraf.
" Wir haben jetzt die Möglichkeit, bei der Lösung des Kaschmirkonflikts voranzukommen. Dies ist eine sehr gute Gelegenheit, dass wir uns zusammensetzen, über die Demilitarisierung der Region sprechen und darüber, wie viel Eigenverantwortung wir der Bevölkerung zugestehen können. Lassen Sie uns die Armeen abziehen und die Menschen sich selbst regieren. Lassen Sie Indien und Pakistan mit den Kaschmirern darüber sprechen. Das ist eine ideale Gelegenheit. "
Niemand weiß, wie ernst es Musharraf wirklich meint. Doch wie utopisch sein Vorstoß ist, zeigte sich nach dem Beben überdeutlich. Zwar gab es positive Signale: Der indische Premier Manmohan Singh bot dem pakistanischen Präsidenten Hilfe an - und Musharraf akzeptierte. Erstmals seit 34 Jahren landete eine indische Militärmaschine mit Hilfsgütern auf einem pakistanischen Flughafen. Züge für die Erdbebenopfer rollten über die Grenze. Indien erlaubte sogar pakistanische Hilfsflüge durch seinen Luftraum. Doch vieles fiel schwer, gerade in Kaschmir. Mehr als eine Woche dauerten die Verhandlungen über die Flugerlaubnis. Zehn Tage lang ließ Indien keine Telefongespräche zwischen den beiden Teilen Kaschmirs zu. Pakistan machte indischen Journalisten die Berichterstattung aus dem Katastrophengebiet sehr schwer. Eine gemischte Zwischenbilanz zieht denn auch der pakistanische Ex-General Talat Masood:
" Die Zusammenarbeit zwischen Indien und Pakistan in einer solchen Katastrophe ist sicher ein positiver Schritt, könnte aber weitergehen. Doch manchmal gibt es scheinbar immer noch ein großes Maß an Misstrauen. Den Verantwortlichen wird offenbar nicht klar, dass man die Vergangenheit in einer solchen Zeit vergessen sollte. Der menschliche Ansatz sollte wichtiger werden. "
Erleichterung in Chamba - einem kleinen Ort in Kaschmir. Deutsche Hubschrauber bringen an diesem Tag sehnsüchtig erwartete Hilfe. Die zehn Dörfer hier in der Umgegend wurden durch das Beben am 8. Oktober nahezu vollständig zerstört, der nächste Ort mit Straßenanschluss liegt eine Stunde Fußmarsch entfernt. Für die Menschen in Chamba sind jetzt vor allem winterfeste Unterkünfte lebenswichtig, sagt Dorfbewohner Mohammad Suleyman:
" Wir lebten seit dem Erdbeben in Zelten. Doch manche hatten wir nur notdürftig zusammengeflickt aus Planen und Holzstangen. Bald werden wir hier viel Schnee haben. Das würden diese Zelte nicht aushalten. Sie sind nicht dicht. Und es ist jetzt schon sehr kalt. "
400 Zelte für bis zu 2500 Menschen fliegt die Bundeswehr an diesem Tag nach Chamba - winterfeste Doppelwand-Zelte mit zusätzlichen Planen gegen Schnee und Feuchtigkeit. Finanziert, beschafft und verteilt von 'Ärzte ohne Grenzen’.
Mission erfüllt für die Bundeswehr und 'Ärzte ohne Grenzen’ an diesem Tag. Doch wie viele andere Dörfer in der Katastrophenregion wird auch Chamba noch mehr Hilfe brauchen. Die Wasserversorgung ist unterbrochen, es fehlt an Lebensmittel-Vorräten für den langen, harten Winter. Andere Hilfsorganisationen werden sich später darum kümmern, hofft der Koordinator von 'Ärzte ohne Grenzen’.
" Das ist ein Problem. Wir haben das UN-Welternährungsprogramm darüber informiert, dass hier Essen verteilt werden muss. Hoffentlich wird es den Menschen genug Nahrung bringen, damit sie den Winter überleben. "
" Erst fühlte ich ein leichtes Zittern, dann bebte die Erde plötzlich mit ganzer Macht. Ich rannte raus und verlor das Bewusstsein. Als ich wieder zu mir kam, lag ich im Freien. "
280 Kinder aus Kappigalli und den umliegenden Dörfern saßen an jenem 8. Oktober im Unterricht - 60 konnten nur noch tot geborgen werden, trotz verzweifelter Rettungsaktionen, erzählt Dorfbewohner Mohammad Bashish.
" Die Eltern der Vermissten kamen sofort hierher. Sie haben mit Steinen große Löcher in die Stahlbetondecke geschlagen und noch am Tag des Bebens die Kinder da herausgezogen. "
Während einige noch apathisch auf den Trümmern vor ihren Zelten sitzen, sägen und hämmern andere schon wieder. Eilige Eigeninitiative, um das Überleben während des harten Winters zu sichern. Im November hatte sich der erste Schnee auf höher gelegenen Gipfeln gezeigt, waren die Temperaturen überall in der Katastrophenregion nachts unter den Gefrierpunkt gefallen. Seitdem schneit es auch in den Tälern immer häufiger, immer heftiger. Im Januar und Februar werden die Temperaturen manchenorts bei minus 10 bis minus 20 Grad liegen, wird die Schneedecke auf bis zu drei Meter anwachsen. Da sind gute Unterkünfte wichtig, selbst in Kappigalli, wo die Winter relativ mild sind, betont Mohammad Bashish:
" Die Zelte werden unter dem Gewicht des Schnees einstürzen. Aus Trümmerholz machen wir die Grundpfeiler. Wellblech und anderes Baumaterial bringt die Armee aus Islamabad. "
Das große Beben vom 8. Oktober hat Pakistan - Staat und Gesellschaft - in den Grundfesten erschüttert. Zigtausende Tote und Verletzte, 400.000 Häuser zerstört oder unbewohnbar, ein Gebiet so groß wie Belgien massiv verwüstet. Das machte selbst den übermächtigen Herrscher Pakistans, den Präsidenten und Oberbefehlshaber Pervez Musharraf für einige Zeit ratlos, hilflos. Umso kräftiger und optimistischer fallen Musharrafs Parolen inzwischen aus.
" Dies ist eine starke Nation. Ich bin 500 Prozent sicher, dass wir mit Gottes Hilfe alles hinbekommen können. "
Doch es hatte viele Stunden gedauert, bis die Führung in Islamabad überhaupt reagierte - mehrere Tage, bis ihr das wahre Ausmaß der Katastrophe klar wurde, bis die Armee in Bataillonsstärke ins Katastrophengebiet in Marsch gesetzt wurde. Das hat Kritik laut werden lassen am Militärstaat Musharrafs, beispielsweise von der couragierten und prominenten Journalistin Ayesha Haroon von der Tageszeitung "The Nation":
" Die Hilfsoperation war insgesamt sehr langsam. Pakistan hat sich erst allmählich aufgerafft. Ich frage mich, warum die Regierung die Armee nicht gleich zu Fuß in entlegene Orte geschickt hat. Warum kam sie zunächst nur dorthin, wo es offene Straßen für Fahrzeuge gab? Allerdings wusste in der ersten Phase niemand, was passiert war, welches Ausmaß die Katastrophe hatte. Die Regierung ist von ihrer Struktur abhängig. Wenn die zusammenbricht, die Kommunikation versagt, die Regierungsbeamten selbst getötet werden, dann ist es sehr schwer, die richtigen Informationen zu bekommen und die richtigen Hilfsgüter zu schicken. Das war ein wirkliches Problem. "
Der Gong zum Unterrichtsbeginn symbolisiert ein Stückchen Normalität im Chaos nach dem Beben. Sechs Wochen hatten die Mädchen der Grund- und Mittelschule von Shah Najib Khan auf den Neubeginn warten müssen. Sechs Wochen gab es für sie nur das Beben, die Trauer um die Opfer, die Sorge ums eigene Überleben und um die Zukunft. Jetzt ist hier, an der Grenze zwischen Kaschmir und der Nordwestgrenzprovinz wieder ein bisschen Alltag eingezogen. Auch wenn die Schule zerstört ist und es Unterricht nur in Zelten gibt - mit einfachsten Mitteln, wie Grundschuldirektorin Sajda Begum unterstreicht, die ihr eigenes Grundstück für die Zeltschule zur Verfügung gestellt hat.
" Wir haben keine Hefte, Blöcke, Stifte, keine richtigen Tafeln, keine Schulmöbel, Schuluniformen und Bücher. Einiges konnten wir aus den Trümmern der alten Schule holen, aber es reicht nicht für richtigen Unterricht. "
Doch das Provisorium ist besser als nichts, wissen die Lehrerinnen. Schule ist jetzt wichtig für die verängstigten und traumatisierten Kinder, da sind sie sich mit internationalen Experten einig.
Ein geregelter Tagesablauf sei gut für die Kinder, sagt Mittelschuldirektorin Koser Jehan, so kämen sie über den Schrecken hinweg. Und der sei immer noch gegenwärtig, sagt Sajda Begum:
" Wann immer die Rede vom Erdbeben ist, ist das Interesse der Schülerinnen sehr groß. Sie sind dann mit voller Aufmerksamkeit dabei, stellen Fragen an uns Lehrerinnen. Statt nur normalen Unterricht zu haben, wollen sie sehr oft über das Beben reden."
Die Lehrerinnen kommen dem Diskussionsbedarf nach. Sie teilen mit den Schülerinnen die Angst vor einem neuen Beben und die Erlebnisse vom 8. Oktober. Die 14-jährige Amna erzählt:
" Die Erinnerungen kommen immer wieder hoch. Daran, wie die Schule und die Nachbargebäude einstürzten, wie alle herumrannten und schrieen. "
Amna konnte sich retten, acht ihrer 95 Mitschülerinnen gelang das nicht.
" Vor dem Beben konnten wir in Ruhe lernen, uns auf die Schule konzentrieren. Doch seitdem fühlen wir uns abgelenkt. Ich vermisse meine toten Schulfreundinnen. Ich wünsche mir, die Schule würde wieder wie früher. "
Hubschrauber kreisen über Balakot, neben dem Fluss Kunhar arbeiten sich einige Bagger durch die Trümmer. Balakot sieht aus wie nach einem Luftangriff. 40.000 Einwohner hatte die Stadt in Pakistans Nordwestgrenzprovinz vor dem Beben. Schätzungsweise die Hälfte kam ums Leben, mehr als 90 Prozent aller Gebäude sind zerstört.
Mit einem Vorschlaghammer bearbeitet Abdul Hakim die Reste eines zweistöckigen Wohnhauses am Stadtrand von Balakot. Muskelkraft statt Abrissbirne - ein bescheidener erster Schritt zum Wiederaufbau.
"In fünf, sechs Tagen werden wir mit dem Abriss fertig sein", ruft der Arbeiter vom Dach herunter, einige Kollegen helfen ihm. Bezahlt werden die Männer von Mohammad Ashik Hussein, vor dem Beben ein wohlhabender Geschäftsmann mit mehreren Häusern in der Stadt. Alle sind nun zerstört. Er selbst habe Glück gehabt, wie er sagt.
" Meine beiden drei- und vierjährigen Töchter sind bei dem Beben ums Leben gekommen. Doch der Rest der Familie hat überlebt, meine Frau und unsere beiden Söhne. Gott war gnädig mit uns. In anderen Häusern sind komplette Familien gestorben. In unserer weiteren Verwandtschaft gab es 160 Tote. "
Der 38-Jährige will nicht aufgeben, will das zerstörte Balakot nicht verlassen. Hussein hofft auf die versprochene Entschädigung durch den pakistanischen Staat, um neu anfangen zu können. Bis dahin räumt er erstmal Trümmer zur Seite und lebt in einem Zeltlager.
" Ich bin erschüttert, aber ich habe die Hoffnung nicht verloren. Meine Vorfahren lebten hier, wir haben mehrere Häuser in Balakot. Wir haben uns entschlossen, hier zu bleiben und weiterzumachen. Im Gegensatz zu vielen, die weggegangen sind und anderswo ein Leben dritter Klasse führen. "
Die betroffenen Gebiete im pakistanischen Teil Kaschmirs und in der Nordwestgrenzprovinz sind trotz mancher Verbesserungen in den vergangenen Jahren arm und unterwickelt. Wie nach dem Tsunami im Indischen Ozean herrscht nun auch in Pakistan die Hoffnung, man könnte die zerstörten Gebiete besser, moderner wieder aufbauen.
Der bunt bemalte Lastwagen steht dicht an der Laderampe des Bundeswehr-Helikopters 84-28. Im Eiltempo laden pakistanische Tagelöhner Zelte von dem Lkw in den Transporthubschrauber um. Im Halbstundentakt pendeln die Deutschen zwischen dem zentralen Landeplatz in Muzaffarabad und entlegenen Bergdörfern Kaschmirs - mit Hilfsgütern für die Überlebenden des schweren Bebens. Pakistan ist für die Heeresflieger aus dem schwäbischen Laupheim und dem westfälischen Rheine unbekanntes Terrain, aber fliegerisch machbar, sagt Hauptmann Manfred Lang, an diesem Tag Pilot der 84-28.
" Sofern nicht das Wetter uns dazwischen kommt, denke ich dass wir die Leute auch gut versorgen können. Und wenn das Wetter schlechter wird, dann müssen wir halt mehr durch die Täler fliegen. Aber auch dafür sind wir ausgebildet. Und ich denke, dass man auch den Winter über die Menschen hier versorgen kann."
Mit 75 winterfesten Zelten an Bord dröhnt der Bundeswehr-Hubschrauber das Neelum Valley hinauf. Unten sind die Spuren der Zerstörung deutlich sichtbar: abgerissene und abgerutschte Berghänge, verschüttete Häuser und Straßen, zerstörte Dörfer, Höfe und Hütten. Es ist schlimmer als es Fernseh-Bilder vermitteln können, meint Hauptfeldwebel Jörn Bosse, Bordwart der 84-28:
" Man sieht die Zerstörung hier eher, weil wir direkt dabei sind. Und man sieht die flehenden Hände und Gesichter und erkennt sofort: Die Menschen hier freuen sich und brauchen unsere Hilfe."
Die Weltöffentlichkeit hatte in der Tat zunächst große Probleme, das Ausmaß der Zerstörung in Pakistan zu begreifen. Zwar schickten viele Länder Experten und Soldaten, doch der Fluss von Hilfsgütern und vor allem Geld kam nur zögerlich in Gang. Einer von vielen Gründen dafür: Skepsis gegenüber einem Land, das als hoch korrupt und schlecht organisiert gilt. In Pakistan waren und bleiben die Betroffenen auch Wochen und Monate nach der Katastrophe zum Überleben auf Hilfe von außen angewiesen. Ein großes Problem dabei: der allergrößte Teil der ausländischen Gelder soll in den Wiederaufbau fließen, die fortdauernde Nothilfe litt deshalb auch nach der Geberkonferenz weiter unter ständigem Geldmangel.
Fröhliche Kinder im Camp von Bassian. Das Zeltlager in der pakistanischen Nordwestgrenzprovinz ist eines der größten im Katastrophengebiet und eigentlich kein Ort der Fröhlichkeit. Zwar gibt es hier Essen und Unterkunft, sogar eine Schule, aber die Lagerbewohner haben außer ihrem Leben in der Regel alles verloren. Mohammad Farid etwa, der sich mit Tochter, Frau und einem Cousin ein Zelt teilt. Die Erinnerung ist bei dem 35-Jährigen noch hellwach. Der Sehbehinderte hat sein letztes Augenlicht verloren, als er durch das Beben in seinem Haus verschüttet wurde.
" Ich hatte Riesenangst. Wegen einer Kopfwunde war ich blutüberströmt, konnte nichts mehr sehen. Nach zwei Stunden wurde ich aus den Trümmern gerettet."
Noch immer kann Mohammad Farid nachts kaum schlafen, aus Angst vor neuen Beben und aus Sorge um die Zukunft seiner kleinen Familie, erzählt er mit tränenerfüllten Augen.
" Wir wissen nicht was die Zukunft bringt. Wir haben alles verloren, unser Ackerland, unser Haus. Die ganze Gegend ist ein bis zwei Meter abgesackt beim Beben. Viele Häuser sind den Berg hinuntergerutscht, ganze Dörfer verschwunden. Wir wissen nicht, was wir jetzt tun sollen, alles liegt in der Hand Allahs. "
Die streng gläubigen Muslime hier suchen jetzt noch häufiger Trost im Gebet, denn sie wissen, dass die Katastrophe für sie noch nicht vorüber ist. Jetzt geht es darum, den harten, eisigen Winter zu überleben. Immer mehr Menschen sind deshalb seit Anfang November aus den Bergen in die Täler geflohen. Das Camp in Bassian könnte statt 3000 bis zu 5000 Menschen aufnehmen, sagt Lagerleiter Oberst Atif Shafique.
" Wir haben mehr Platz, wenn mehr Menschen kämen. Das UN-Flüchtlingshilfswerk kann uns jederzeit zusätzliche Zelte geben. Wir sind darauf vorbereitet. Wir können 500 Zelte zusätzlich aufstellen, nahezu über Nacht. In zwei, drei Tagen hätten wir sie hier stehen. "
In Tausenden von improvisierten, kleinen Zeltlagern im Katastrophengebiet drohen Versorgungsengpässe und Krankheiten wegen miserabler hygienischer Verhältnisse. Hier in Bassian dagegen sorgt ein Südkoreaner für Essen, betreuen kubanische Ärzte und Schwestern die Kranken, bringt die UNO Zelte. Das pakistanische Militär leitet das Camp. Der pakistanische Armee-Oberst Shafique will den Lagerbewohnern dabei auch eine Chance zum Neuanfang geben wie er sagt:
" Die Menschen sind es nicht gewohnt, ein diszipliniertes Leben mit Einschränkungen zu führen. Aber hier gibt es ein wenig Disziplin. Wir kontrollieren den Ein- und Ausgang. Wir lassen die Leute nicht einfach nur in den Zelten liegen, sondern fordern sie zur Arbeit auf. So können sie etwas verdienen und nach und nach ins normale Leben zurückfinden. Wir wollen nicht, dass die Menschen von diesem System abhängig werden, sondern dass sie hier eigenes Geld verdienen, damit sie bald wieder selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen können."
Die Militarisierung der Katastrophenhilfe hat viel Kritik auf sich gezogen. Die pakistanische Armee ist nicht nur die Speerspitze der Nothilfe, ein General organisiert auch den Wiederaufbau. Doch die Armee sei der Herausforderung nicht gewachsen, hört man vielfach in Pakistan. Dieselben Kritiker aber geben gleichzeitig zu, dass die Armee die bei weitem bestorganisierte Institution des Landes sei, dass zivile Behörden es nicht besser schaffen könnten.
Der Oberbefehlshaber und Präsident Pakistans Pervez Musharraf verteidigt seine Armee. Nur sie könne mit Nothilfe und Wiederaufbau fertig werden. Musharraf will die zentrale Rolle des Militärs. Nicht einmal in diesen Zeiten der Not ist Musharraf deshalb bereit, zugunsten der Katastrophenhilfe Abstriche beim gewaltigen Verteidigungshaushalt Pakistans zu machen.
Die Katastrophe hat vor allem Kaschmir getroffen, die zwischen Indien und Pakistan geteilte und umkämpfte Krisenregion. Leid und Hilfsbereitschaft auf beiden Seiten der Waffenstillstandslinie böten die einmalige Chance, den Jahrzehnte währenden Disput zu klären, propagiert Pervez Musharraf.
" Wir haben jetzt die Möglichkeit, bei der Lösung des Kaschmirkonflikts voranzukommen. Dies ist eine sehr gute Gelegenheit, dass wir uns zusammensetzen, über die Demilitarisierung der Region sprechen und darüber, wie viel Eigenverantwortung wir der Bevölkerung zugestehen können. Lassen Sie uns die Armeen abziehen und die Menschen sich selbst regieren. Lassen Sie Indien und Pakistan mit den Kaschmirern darüber sprechen. Das ist eine ideale Gelegenheit. "
Niemand weiß, wie ernst es Musharraf wirklich meint. Doch wie utopisch sein Vorstoß ist, zeigte sich nach dem Beben überdeutlich. Zwar gab es positive Signale: Der indische Premier Manmohan Singh bot dem pakistanischen Präsidenten Hilfe an - und Musharraf akzeptierte. Erstmals seit 34 Jahren landete eine indische Militärmaschine mit Hilfsgütern auf einem pakistanischen Flughafen. Züge für die Erdbebenopfer rollten über die Grenze. Indien erlaubte sogar pakistanische Hilfsflüge durch seinen Luftraum. Doch vieles fiel schwer, gerade in Kaschmir. Mehr als eine Woche dauerten die Verhandlungen über die Flugerlaubnis. Zehn Tage lang ließ Indien keine Telefongespräche zwischen den beiden Teilen Kaschmirs zu. Pakistan machte indischen Journalisten die Berichterstattung aus dem Katastrophengebiet sehr schwer. Eine gemischte Zwischenbilanz zieht denn auch der pakistanische Ex-General Talat Masood:
" Die Zusammenarbeit zwischen Indien und Pakistan in einer solchen Katastrophe ist sicher ein positiver Schritt, könnte aber weitergehen. Doch manchmal gibt es scheinbar immer noch ein großes Maß an Misstrauen. Den Verantwortlichen wird offenbar nicht klar, dass man die Vergangenheit in einer solchen Zeit vergessen sollte. Der menschliche Ansatz sollte wichtiger werden. "
Erleichterung in Chamba - einem kleinen Ort in Kaschmir. Deutsche Hubschrauber bringen an diesem Tag sehnsüchtig erwartete Hilfe. Die zehn Dörfer hier in der Umgegend wurden durch das Beben am 8. Oktober nahezu vollständig zerstört, der nächste Ort mit Straßenanschluss liegt eine Stunde Fußmarsch entfernt. Für die Menschen in Chamba sind jetzt vor allem winterfeste Unterkünfte lebenswichtig, sagt Dorfbewohner Mohammad Suleyman:
" Wir lebten seit dem Erdbeben in Zelten. Doch manche hatten wir nur notdürftig zusammengeflickt aus Planen und Holzstangen. Bald werden wir hier viel Schnee haben. Das würden diese Zelte nicht aushalten. Sie sind nicht dicht. Und es ist jetzt schon sehr kalt. "
400 Zelte für bis zu 2500 Menschen fliegt die Bundeswehr an diesem Tag nach Chamba - winterfeste Doppelwand-Zelte mit zusätzlichen Planen gegen Schnee und Feuchtigkeit. Finanziert, beschafft und verteilt von 'Ärzte ohne Grenzen’.
Mission erfüllt für die Bundeswehr und 'Ärzte ohne Grenzen’ an diesem Tag. Doch wie viele andere Dörfer in der Katastrophenregion wird auch Chamba noch mehr Hilfe brauchen. Die Wasserversorgung ist unterbrochen, es fehlt an Lebensmittel-Vorräten für den langen, harten Winter. Andere Hilfsorganisationen werden sich später darum kümmern, hofft der Koordinator von 'Ärzte ohne Grenzen’.
" Das ist ein Problem. Wir haben das UN-Welternährungsprogramm darüber informiert, dass hier Essen verteilt werden muss. Hoffentlich wird es den Menschen genug Nahrung bringen, damit sie den Winter überleben. "