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Überraschende Salze

Chemie. - Ionische Flüssigkeiten, auch flüssige Salze genannt, sind synthetische Verbindungen, die in der Chemie eine kleine grüne Revolution bewirken könnten. Auf einem Workshop in Heidelberg wurden jetzt Einsatzmöglichkeiten für diese Verbindungen vorgestellt.

    Die Kräfte zwischen den Atomen halten alle Verbindungen zusammen. Dabei treten die Bestandteile in elektrisch geladener Form auf, als so genannte Ionen, deren positive oder negative Ladungen sich in der Summe des Gesamtmoleküls ausgleichen müssen, damit das Molekül nicht auseinander fällt. Wenn eine der Ionenarten aber sehr sperrig und damit nur schwer dicht zu packen ist, nimmt die Neigung des Verbundes, sich zu einem festen Stoff zusammenzufinden, stark ab. Dies ist bei den ionischen Flüssigkeiten der Fall, die chemisch gesehen Salze sind, die allerdings unterhalb von 100 Grad flüssig ist. Diese flüssigen Salze sind ein junges, derzeit stürmisch wachsendes Forschungsgebiet, denn flüssige Salze sind für viele chemische Reaktionen ein ausgezeichnetes Lösungsmittel, das nicht verdampft und somit auch keine Explosionsgefahren hervorruft. "Bei kleineren Anwendungen, etwa im Bereich der Pharmasynthesen und Feinchemikaliensynthesen, kann man gar nicht so leicht verhindern, dass die Lösungsmittel verdampfen, wenn man den Kessel aufmacht", berichtet Peter Wasserscheid, Experte für ionische Flüssigkeiten an der RWTH Aachen. Bei den neuartigen Salze tritt genau das jedoch nicht auf. Dabei sind sie auch noch vielseitig einsetzbar. Wasserscheid: "Man kann darin chemische Reaktionen machen, man kann sie als Wärmeträger benutzen, als Schmiermittel, als Elektrolyt in Batterien oder als elektrochemisches Bad zur Abscheidung von feinen Metallfilmen." Sogar manche biologische Reaktionen funktionieren in den ionischen Flüssigkeiten besser als im normalen Medium Wasser.

    US-Forscher haben vor kurzem eine ionische Flüssigkeit entdeckt, die organische Materie wie Zellulose auflöst und so als Ersatz für organische Lösungsmittel in der Papierindustrie in Frage kommt. Auch bei der Raffinierung von Benzin oder Diesel könnten ionische Flüssigkeiten eine Neuerung auslösen. Wasserscheid: "Wenn man ein solches flüssiges Salz nimmt und damit Benzin und Diesel extrahiert, holt das Salz sehr selektiv die Schwefelverbindungen aus dem Kraftstoff heraus."

    [Quelle: Mathias Schulenburg]