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UEFA
Weitere Kläger gegen Financial Fairplay

Eigentlich sollten sie den Profi-Fußball auf solidere Füße stellen, das kurzfristige Hochjubeln von Clubs mit Ölmillionen unterbinden und die Wettbewerbsfähigkeit der Vereinen sichern. Die Financial Fairplay (FFP) Regeln des Europäischen Fußballverbandes UEFA. Doch nach den Spielervermittlern lehnen sich jetzt auch die Fans gegen FFP auf.

29.07.2014
    Das Financial Fairplay der europäischen Fußball-Union gerät immer stärker unter Beschuss. Nun begehren Europas Fußballanhänger gegen das Lieblinksprojekt von Uefa-Chef Michel Platini auf. Fanvertreter aus Frankreich, Belgien und England reichen laut Mitteilung des beauftragten Anwalts Jean-Louis Dupont Beschwerde bei der Europäischen Kommission ein: Die FFP-Regeln verstießen gegen EU-Grundrechte wie das auf freien Wettbewerb. Zugleich treten die Fans einem laufenden Verfahren in der Sache bei, dass Dupont vor einem Gericht in Brüssel betreibt. Über den Instanzenweg will der belgische Sportrechtsexperte für einen Spielervermittler und nun auch für die Fans eine Grundsatzentscheidung des Europäischen Gerichtshofes erzwingen.
    Das Financial Fairplay verfügt, dass die Ausgaben von Klubs, die an Uefa-Wettbewerben teilnehmen, die Einnahmen nicht übersteigen dürfen. Klubeigentümer dürfen auch dann nicht mehr ausgeben, wenn sie auf Vereinswachstum zielen. Insofern, bemängelt Anwalt Dupont, begrenze die Kostendeckelung zu stark die Investitionen, die Anzahl von Transfers und zementiere damit die bestehende Marktstruktur.
    Dupont ist gefürchtet unter Sportfunktionären. Der belgische Experte hatte 1995 das historische Bosman-Urteil erwirkt. Auch seine zweite Großattacke auf die Uefa erscheint nun gut durchdacht: Für die Fans macht er das Verbraucherrecht geltend, das die „ultimative Aufgabe des EU-Wettbewerbsrechts" sei. Laut Dupont installiert Financial Fairplay eine „Oligopol-Liga", die wenige reiche Klubs umfasse, während der große Rest „für immer" in Nebenrollen gezwungen werde. Weil die finanziellen Beiträge der Klub-Eigner eingeschränkt würden, werde der steigende wirtschaftliche Druck zwangsläufig auf die Fans übertragen.
    Auch die Fans, deren Klubs von Lüttich über Lens bis Leeds, Portsmouth und die Glasgow Rangers reichen, reklamieren auf englischen und französischen Facebook-Seiten, die Uefa fördere „nur den Weg von einem offenen in ein geschlossenes Ligasystem".
    Noch im Mai hatte die Uefa auf einen leichten Sieg gehofft. Da hatte die EU-Kommission signalisiert, Duponts damals einzigen Klienten abzuweisen: Der habe als Spieleragent kein berechtigtes Interesse. Mit den internationalen Fangruppen ist wohl auch diese Hürde genommen: Organsierte Klubfans haben ein berechtigtes Interesse am Financial Fairplay und den Marktfolgen.
    Im Herbst deuten sich zudem politische Umbrüche in Brüssel an. Dann scheidet EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia aus, der Spanier ist Fan von Athletico Bilbao. Das wird einem anderen Bilbao-Fan künftig den Zugang zur Kommission erschweren: Auch Uefa-Vizepräsident Angel Maria Villar Llona stammt aus der baskischen Stadt. Kreise um Dupont wollen wissen, dass Villar Llona für die Durchsetzung des Finanz-Fairplays über die letzten Jahre viel Einfluss hinter den Kulissen ausüben konnte.