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Ukraine
Familientreffen in Moskau

Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch kann mit dem Besuch bei Wladimir Putin zeigen, dass sich das Bündnis mit Russland für sein Land lohnt. Die Opposition protestiert derweil gegen die Oligarchie, die das Land am Fortkommen hindert.

Von Sabine Adler | 18.12.2013
    Der ukrainische Präsident Vktor Janukowitsch und sein russischer Amtskollege Wladimir Putin sitzen vor Flaggen ihrer jeweiligen Länder.
    Mit einigen Geschenken aus Russland in der Tasche konnte der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch wieder nach Hause fahren. (dpa / picture alliance / Sergey Guneev)
    Die Demonstranten des Maidan haben gestern den Unabhängigkeitsplatz verlassen, um vor dem Gebäude der Ukrainischen Business Bank zu protestieren. Das Geldhaus gehört dem Sohn von Viktor Janukowitsch. Der Präsidentensprössling gilt den Kritikern als reichster Zahnarzt der Welt. Sein Vermögen wird auf 70 Millionen Euro geschätzt. Darüber hinaus ist der gelernte Stomatologe auch Abgeordneter in der Werchowna Rada und repräsentiert damit in Personalunion das Dilemma der ukrainischen Wirklichkeit. Die politisch Mächtigen bereichern sich ungehindert, ihnen wird kein Mandat entzogen, wie etwa dem Anwalt von Julia Timoschenko, weil dessen Beruf mit der Abgeordnetentätigkeit angeblich nicht vereinbar sei.
    Mit dieser neuen Adresse ihrer Kritik trifft die Protestbewegung endlich ins Schwarze.
    Es ist die Oligarchie in der Ukraine, die das Land an seinem Fortkommen hindert. Jeder im Umfeld des Staatsoberhauptes wird bedacht. Sergej Kurtschenko zum Beispiel. Der Freund des Sohnes des Präsidenten. Er ist erst 27 Jahre alt und hält schon das Monopol für Flüssig-Gas-Verkauf. Kürzlich bekam er die Media Holding hinzu, einen Konzern aus renommierten Politzeitschriften und Internetportalen, um vor den nächsten Präsidentschaftswahlen deren kritische Journalisten auf Linie zu bringen.
    Die Begegnung der beiden Präsidenten Putin und Janukowitsch in Moskau wird offiziell Staatsbesuch genannt, passender wäre aber wohl die Bezeichnung Familientreffen.
    Wenn Wladimir Putin seinem Gast aus Kiew einen Preiserlass von 30 Prozent für russisches Erdgas gewährt, dann nur, weil Janukowitsch nicht ohne Geschenk nach Hause zurückkehren konnte. Statt 290 künftig 190 Euro pro 1000 Kubikmeter und dazu der Kauf ukrainischer Staatsanleihen für 15 Milliarden Dollar retten Janukowitsch, denn der Ukraine droht der Staatsbankrott.
    Er muss daheim beweisen, dass sein Bündnis mit Moskau für das Land gut ist, er immer noch Kredit hat und bekommt, ohne die Daumenschrauben des Internationalen Währungsfonds.
    Putin und Janukowitsch wussten um den Ernst der Lage, die alten Verbindungen haben sich bewährt.
    So einfach wäre eine Visite in Brüssel nicht verlaufen, das weiß Janukowitsch spätestens seit dem EU-Gipfel in Vilnius.
    Wer sich der Europäischen Union annähern möchte, muss das aus freien Stücken tun, darf nicht erwarten, dass derartige Gefolgschaft bezahlt wird.
    In der ukrainischen Gesellschaft ist einiges faul
    Europapolitiker können nicht feilschen, nur Hilfe zu Selbsthilfe anbieten. Wer Europa nicht wegen der inneren Werte attraktiv findet, wird sich für diese Braut nicht entscheiden.
    Die Euro-Maidan-Bewegung hat bislang vor der Generalstaatsanwaltschaft protestiert, vor der Wahlkommission, den Regierungsgebäuden. Sie veranschaulicht mit den Protestorten, was in der ukrainischen Gesellschaft alles faul ist. Korruption, fehlende Rechtssicherheit und Demokratie, Verquickung von Wirtschaft und Politik.
    Die Menschen auf der Straße stinkt es. Die Oppositionsführer geben vor, dass es ihnen genauso geht. Und doch haben in der Vergangenheit alle Politiker dieses System am Laufen gehalten, um selbst zu profitieren. Das sollte sich jeder Europapolitiker, auch der alte und neue deutsche Außenminister Steinmeier, stets vergegenwärtigen, bevor er Hilfe anbietet oder eine seiner Modernisierungspartnerschaften.
    Die heute in der Kälte schon die vierte Woche ausharren, haben geschworen, dem nächsten Regierungschef und Präsidenten genau auf die Finger zu sehen, damit sich die Enttäuschung nach der orangenen Revolution jetzt nicht wiederholt.
    Die Oppositionsführer, vorausgesetzt sie können diese Schlacht bei der nächsten vorgezogenen oder regulären Wahl für sich entscheiden, haben es in der Hand: Entweder sie durchbrechen diese unheilige Allianz oder aber sie treten nur an die Stelle der Vorgänger. Dann wären sie nicht anders als die, die sie jetzt bekämpfen. Von Europa sollten sie dann lieber nicht mehr reden.