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Ukraine
Kiew fühlt sich von Moskau provoziert

Die Lage auf der Halbinsel Krim bleibt angespannt: In Sewastopol wurde offenbar ein Flughafen übernommen. Die neue Regierung in Kiew beschuldigt Moskau und spricht von einem Vorgehen gegen "internationale Normen". Die zuständige russische Armeeeinheit weist die Vorwürfe zurück.

28.02.2014
    Das russische Militär habe den Flughafen der Stadt Sewastopol auf der Halbinsel Krim gesperrt, das zumindest gab der kommissarische ukrainische Innenminister Arsen Awakow bekannt. Er verurteilte die Besetzung. Es handle sich um ein Vorgehen, das alle internationalen Vereinbarungen und Normen verletze, erklärte Awakow auf seiner Facebook-Seite. Er sprach von einer Provokation und forderte Gespräche. Das ukrainische Parlament bat den UNO-Sicherheitsrat, sich auf einer Tagung mit der Krise in dem Land zu befassen.
    Die russische Schwarzmeerflotte in Sewastopol bestreitet eine Beteiligung an der Besetzung. Die Soldaten seien nicht in das Gebiet um den Flughafen nahe der Stadt Sewastopol vorgedrungen und hätten es auch nicht blockiert, zitiert die russische Nachrichtenagentur Interfax einen Militärsprecher.
    Russlands Präsident Wladimir Putin hatte zuvor die Regierung angewiesen, die Gespräche mit der Ukraine über Wirtschafts- und Handelsbeziehungen fortzusetzen. Außerdem solle sie mit ausländischen Partnern wie dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und den führenden Industrieländern über Finanzhilfen für die Ukraine beraten, teilte das Präsidialamt im Internet mit. Daneben solle die Regierung einer Bitte der südukrainischen Krim-Region um humanitäre Hilfe nachkommen.
    Spaltet sich die Krim von der Ukraine?
    Auf der Halbinsel Krim war am Morgen eine Gruppe von etwa 50 Bewaffneten in den Flughafen der Stadt Simferopol eingedrungen. Zunächst hieß es, die Männer hätten das Gebäude nach einer erfolglosen Suche nach ukrainischen Soldaten wieder verlassen.
    Simferopol airport last night. Situation unclear. pic.twitter.com/BxyzDAbwCk— Sofiya Katsunova (@SofiyaKatsunova) February 28, 2014
    Laut der Nachrichtenagentur Reuters, die sich auf Augenzeugen beruft, sind sie noch immer vor Ort. Mit Sturmgewehren bewaffnet würden sie im Kontrollturm ein- und ausgehen, sich allerdings von den Passagierterminals fernhalten.
    Die Spannungen auf der Halbinsel hatten sich gestern verschärft, nachdem Russland den Schutz für seine in Sewastopol stationierte Schwarzmeer-Flotte erhöht hatte. Außerdem beschloss das Regionalparlament, eine Volksabstimmung durchzuführen, um über die Abspaltung der Krim von der Ukraine zu entscheiden. Die Mehrheit der Krim-Bewohner sind ethnische Russen.
    Die neue Übergangsregierung in Kiew warnte ihren Nachbarn Russland vor Truppenbewegungen auf der Krim, die vor 60 Jahren der Ukraine zugeschlagen worden war. Interimspräsident Alexander Turtschinow erklärte: Sollten sich Soldaten der Schwarzmeerflotte in Sewastopol unangemeldet außerhalb der in Abkommen festgelegten Zonen bewegen, werde dies als "militärische Aggression" gewertet.
    USA und Deutschland appellieren an Russland
    Die Ukraine war auch das beherrschende Thema beim Antrittsbesuch des deutschen Außenministers Frank-Walter Steinmeier in Washington. Er und sein US-amerikanischer Amtskollege John Kerry hätten dabei beide betont, dass Russland sich weiter an einer Lösung der Lage in der Ukraine beteiligen soll und muss, sagte im Deutschlandfunk USA-Korrespondent Marcus Pindur.
    Die USA und Deutschland wollen Russland in die internationalen Bemühungen um Finanzhilfen einbinden. "Wir werben darum, dass Russland sich an den wirtschaftlichen Stabilisierungsbemühungen beteiligt, weil niemand einen Vorteil davon hat, wenn dieses Land einem Bankrott entgegengeht", sagte Steinmeier außerdem. Die Ukraine brauche dringend internationale Unterstützung, um nicht "auf nächster Strecke auszutrocknen".
    Warten auf Janukowitsch
    Nach Berichten russischer Agenturen plant der abgesetzte ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch eine Pressekonferenz (14.00 Uhr MEZ) in der südrussischen Stadt Rostow.
    Am Wochenende war der 63-Jährige vom Parlament in Kiew abgesetzt worden und geflohen. Er beharrt darauf, weiter der rechtmäßige Präsident zu sein; die Beschlüsse des Parlaments seien rechtswidrig.