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Ukraine-Konflikt
Kiew fordert russischen Truppenrückzug

Die Ukraine wirft Russland vor, 9.000 Soldaten im umkämpften Osten des Landes im Einsatz zu haben. Der ukrainische Botschafter in Berlin, Melnyk, sagte dem DLF, Hilfslieferungen aus Russland hätten keineswegs nur humanitären Charakter, vielmehr seien knapp 1.000 weitere Soldaten in das umkämpfte Land eingedrungen.

Von Sabine Adler | 21.01.2015
    Eine zerstörte Brücke nahe des Flughafens Donezk am Sonntag (18.01.2015)
    Eine zerstörte Brücke nahe des Flughafens Donezk am Sonntag (18.01.2015) (imago stock&people / Itar-Tass)
    Kiew beklagt eine deutliche Erhöhung der russischen Militärpräsenz in der Ostukraine. Präsident Petro Poroschenko sprach beim Weltwirtschaftsforum in Davos von 9000 russischen Soldaten auf ukrainischem Boden und verlangte von Moskau ihren Abzug. Andrij Melnyk, der neue ukrainische Botschafter in Berlin, kritisierte gegenüber diesem Sender zudem, dass Hilfslieferungen aus Russland keineswegs nur humanitären Charakter trügen:
    "Es gibt Angaben, dass in den letzten Tagen knapp tausend russische Soldaten eingedrungen sind, laut Aufklärung, aber es gibt auch Beweise, die wir von der Aufklärung unserer westlichen Partner in der NATO haben. Nach unserer Einschätzungen befinden sich im Donezker und Lugansker Gebiet zwischen acht und neuneinhalb Tausend russische Soldaten. Und was die Konvois betrifft: Da gibt es ganz genaue Beweise, dass diese Konvois wahrscheinlich auch humanitäre Hilfe mitbringen, aber vor allem schwere Ausrüstung. Und nach jedem Konvoi kann man beobachten, dass die Intensität von Kämpfen steigt."
    Deutliche Militärverstärkung angekündigt
    Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazeniuk kündigte heute eine deutliche Verstärkung der Armee an, um 68.000 Soldaten auf dann 250.000 Mann. Für die Bundesregierung kein Grund zur Besorgnis. Martin Schäfer, Sprecher des Auswärtigen Amtes.
    "Das ist eine Entscheidung, die die ukrainische Regierung in eigener Verantwortung treffen muss und treffen kann. Es ist ihr legitimes Recht, vielleicht sogar nach der Verfassung ihre Pflicht, um ihre staatliche Souveränität und territoriale Integrität zu sichern."
    50 000 ukrainische Reservisten sollen in der kürzlich angelaufenen Teilmobilmachung eingezogen werden, dies sei keinesfalls eine Absage an die Friedensverhandlungen, betonte Botschafter Melnyk.
    "Also der Wille der Ukrainer ist riesig, wir sind wahrscheinlich die Einzigen, die das vitalste Interesse haben, endlich Frieden zu erzielen."
    Allerdings lösen die erneuten schweren Gefechte in der Ostukraine in Berlin Besorgnis aus. Die Bundesregierung betonte, dass eine militärische Lösung unmöglich sei und macht die Separatisten in der Ostukraine für die Eskalation der Kämpfe der vergangenen Tage verantwortlich: Regierungssprecher Steffen Seibert:
    "Natürlich verfolgen wir mit großer Sorge, wie sich die Kampfhandlungen rund um den Flughafen von Donezk verschärft haben. Dafür tragen die Separatisten Ende vergangener Woche, diesen Flughafen einzunehmen eine besondere Verantwortung."
    Russland für schnelle Waffenruhe
    Russland will in den Gesprächen auf eine sofortige Waffenruhe dringen, Außenminister Lawrow sagte, es gebe keine Beweise, dass russische Soldaten die Grenze überquert hätten. Er regte den Rückzug beider Seiten hinter die im September vereinbarte Grenzlinie an, obwohl die Separatisten Geländegewinne erzielt hätten. Zuvor hatte der russische Präsident Putin die Ukraine noch aufgefordert, den Separatisten den Flughafen von Donezk überlassen, was für Kiew einer Revidierung der Minsker Vereinbarung gleichkommt.
    "Der Flughafen liegt ganz bestimmt nicht auf der Seite, wie sie im September 2014 in Minsk vereinbart wurde. Deswegen finden wir, dass diese Forderung nichts anderes bedeutet als den Willen, das Minsker Paket aufzuschnüren. Und da liegt eine sehr große Gefahr, denn diese zwei Dokumente sind die Einzigen, unter denen auch die Unterschrift Russlands steht."
    Schon bei den Gesprächen Anfang voriger Woche sollte über den Verlauf der Demarkationslinie verhandelt werden. Fraglich, ob das Treffen heute Abend eine Annäherung bringt.