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Ukraine
Regierungsführung für Opposition

Präsident Janukowitsch hat der Opposition die Führung der Regierung angeboten. Das Amt des Ministerpräsidenten soll an den Politiker Jazenjuk von der Vaterlandspartei der ehemaligen Regierungschefin Timoschenko gehen.

25.01.2014
    Nach wochenlangem Machtkampf hat der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch der Opposition um Vitali Klitschko völlig überraschend führende Regierungsämter angeboten. Der frühere Außenminister Arseni Jazenjuk solle neuer Regierungschef und Klitschko dessen Stellvertreter werden. Das teilte Justizministerin Jelena Lukasch am Samstag nach einem Krisentreffen mit, wie die Präsidialverwaltung in Kiew bekannt gab. Eine Reaktion der prowestlichen Opposition, die bislang für eine Ablösung Janukowitschs kämpfte, lag zunächst nicht vor.

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    Verhandlungen der Opposition und der Regierung in Kiew (dpa/picture-alliance/Mykhailo Markiv)
    Vier Menschen starben
    Beide Seiten liefern sich seit zwei Monaten einen erbitterten Machtkampf, der die frühere Sowjetrepublik in eine tiefe Krise stürzte. Die lange Zeit friedlichen Massenproteste gegen den pro-russischen Kurs von Janukowitsch waren zuletzt in Gewalt umgeschlagen. Dabei starben mindestens vier Menschen, Hunderte wurden verletzt. Die Europäische Union und die Bundesregierung riefen den Staatschef mehrfach mit Nachdruck zum Einlenken auf. Erst am Samstag hatte EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle bei einem Besuch in Kiew alle Konfliktparteien aufgefordert, die Gewalt zu stoppen.
    Regierung will zurücktreten
    Bei Einverständnis der Opposition mit diesem Plan erkläre die bisherige Regierung von Ministerpräsident Nikolai Asarow ihren Rücktritt, hieß es aus der Präsidialverwaltung. Zudem stellte Janukowitsch eine Verfassungsänderung in Aussicht. Im Gespräch sei der Übergang zu einer parlamentarischen Präsidialrepublik. Bislang hat der Präsident alle zentralen Machtbefugnisse in seiner Hand.
    Klitschko: Nur ohne Janukowitsch
    Zwar stellte Janukowitsch zuletzt bereits Zugeständnisse in Aussicht. Die Opposition bezeichnete dies aber als "Hinhaltetaktik". Klitschko hatte mehrfach ultimativ den Rücktritt des Präsidenten und Neuwahlen gefordert. Nur ohne Janukowitsch und dessen enge Beziehungen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin könne der zweitgrößte Flächenstaat Europas den Weg der Westintegration gehen, hatte der Ex-Boxweltmeister betont. Die Opposition hatte auch eine Freilassung der inhaftierten Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko zur Bedingung für einen politischen Neubeginn gemacht.
    Gehen die Proteste weiter?
    Als unklar galt, wie sich das Angebot von Janukowitsch auf die andauernden Straßenproteste in Kiew auswirkt. In der Hauptstadt war es am Freitagabend nach einer zwischenzeitlichen Beruhigung erneut zu Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Regierungsgegnern mit Brandsätzen und Tränengas gekommen. Demonstranten versuchten zudem, nach der Besetzung des Agrarministeriums auch das Energieministerium zu stürmen.
    Die Proteste waren ausgebrochen, nachdem Janukowitsch im November auf Druck Russlands ein von der Opposition als historische Chance betrachtetes Annäherungsabkommen mit der EU auf Eis gelegt hatte.