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Ukraine
Timoschenko will Präsidentin werden

Viele hatten diesen Schritt erwartet: Die frühere Regierungschefin der Ukraine, Julia Timoschenko, will bei der Präsidentschaftswahl antreten. Sie verkündete ihre Entscheidung in der Hauptstadt Kiew - nur wenige Tage nachdem sie mit umstrittenen Äußerungen gegenüber Russland aufgefallen war.

27.03.2014
    Persönlich hatte sich Timoschenko mit einer möglichen Kandidatur für die ukrainische Präsidentschaft bisher zurückgehalten. Gut einen Monat nach dem Sturz von Staatschef Viktor Janukowitsch machte sie nun ihre Ambitionen öffentlich. Beim Kongress ihrer Vaterlandspartei Ende März wolle sie sich von den Delegierten wählen lassen, erklärte sie.
    Dabei steht die 53-Jährige in der Kritik, spätestens seitdem der Mitschnitt eines abgehörten Telefonats veröffentlicht wurde. Darin sagte sie "Ich bin selbst bereit, eine Kalaschnikow in die Hand zu nehmen und dem Dreckskerl in den Kopf zu schießen." Mit dem "Dreckskerl" soll die Russlands Präsidenten Wladimir Putin gemeint haben.
    Lammert: Timoschenkow nicht geeignet
    Timoschenko bestätigte das Telefonat, in dem sie wutentbrannt über das russische Vorgehen auf der Krim sprach und erklärte, unter ihrer Führung wäre das nicht passiert. "Ich hätte einen Weg gefunden, diese Bastarde (die Russen) abzumurksen", wird sie zitiert. Auf Twitter stellte die Politikerin später klar, sie habe aber keineswegs zur Auslöschung der acht Millionen ethnischen Russen in der Ukraine aufgerufen, sondern lediglich klarstellen wollen, dass Russen in der Ukraine Ukrainer seien. Der Mitschnitt sei manipuliert worden.
    Der Bundesregierung stießen die Äußerungen Timoschenkos sauer auf. Regierungssprecher Steffen Seibert stellte klar, dass es noch "Grenzen in Sprache und Denken" gebe, die nicht überschritten werden dürfen.
    Bundestagspräsident Norbert Lammert hält Timoschenko für nicht geeignet, das Präsidentenamt auszuüben. Ihre Äußerungen zeigten, dass sie genauso wenig geeignet sei, wie der des Amtes enthobene Viktor Janukowitsch, sagte Lammert "Spiegel Online".
    Timoschenkos bisherige politische Karriere in der Ukraine war nicht unumstritten. Im Jahr 2011 wurde sie wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt. Dabei ging es um ein umstrittenes Gasgeschäft mit Russland. Timoschenko bezeichnet den Prozess als politisch motivierte Aktion des damaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch. Viele EU-Politiker schlossen sich dieser Interpretation an.
    Mögliche Mitbewerber Timoschenkos bei der Präsidentschaftswahl in der Ukraine im Mai sind der Süßwaren-Oligarch Petro Poroschenko, der zurzeit in Umfragen mit 25 Prozent Zustimmung die besten Chancen hat und Boxweltmeister Vitali Klitschko.
    IWF stellt Hilfsprogramm auf die Beine
    Unterdessen gibt es weitere Bemühungen, die Ukraine wirtschaftlich zu stabilisieren. Der Internationale Währungsfonds kündigte ein Hilfsprogramm für die nächsten zwei Jahre an, mit dem der Ukraine insgesamt knapp 13 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden sollen. Mit den internationalen Hilfsgeldern wäre ein Staatsbankrott der Ukraine vorerst abgewendet.
    Im Gegenzug fordert der IWF aber Wirtschaftsreformen. Die ukrainischen Behörden sollen mit Massenentlassungen und Einschnitten im Sozialbereich den Haushalt stabilisieren. Etwa 24.000 der 249.000 Behördenmitarbeiter sollen ihren Job verlieren.