Freitag, 03. Mai 2024

Archiv

Umwelt- und Bauernverbände
Kritik an schwarz-roter Agrarpolitik

Umweltschutz- und Bauernverbände sind mit den Plänen der Großen Koalition für die Landwirtschaft weitestgehend unzufrieden. Sie bemängeln unklare Formulierungen im Bereich des Antibiotika-Einsatzes. Kritisch sehen sie auch die Einführung eines bundeseinheitlichen Prüfverfahrens für die Tierhaltung.

Von Daniela Siebert | 12.12.2013
    Drei Seiten von 185 widmet der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD der Landwirtschaft und der BUND und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) sind damit weitgehend extrem unzufrieden. Zum einen, weil Vieles zu unkonkret sei, sagt Maria Heubuch, die Bundesvorsitzende der AbL. Zum anderen, weil die Chancen nicht genutzt würden, die die gemeinsame Agrarpolitik der EU bieten würden. Dazu Professor Hubert Weiger, der Vorsitzende des BUND:
    "Die europäische Agrarreform ermöglicht, dass die Mitgliedsstaaten wesentlich konsequenter als bisher die Agrarpolitik umweltverträglicher gestalten. Dazu braucht es eine Umschichtung. Eine Umschichtung von Geldern, die mehr oder weniger ohne Auflagen an die Landwirtschaft geflossen sind, für Gelder, die mit Umweltstandards verknüpft den Landwirten in Zukunft nur noch ausgezahlt werden und hier stellen wir fest, dass sobald es konkret wird, der Koalitionsvertrag in nebulösen Formulierungen verliert."
    Das könnte man auch positiv werten, weil somit im Koalitionsvertrag auch nichts explizit ausgeschlossen ist.
    40 Prozent aller Antibiotika in fünf Landkreisen
    Ein paar andere Themen werden dafür sehr konkret behandelt. Etwa dass die gesetzlichen Regeln zum Antibiotika-Einsatz „unbürokratisch und praxisnah“ eingesetzt werden sollten. Dazu Maria Heubuch vom AbL und Hubert Weiger vom BUND, die beide damit nicht einverstanden sind:
    "Da können wir alles reinpacken, was wir lustig finden, das ist so was Ungriffiges. Wenn man weiß, dass 40 Prozent des Antibiotika-Einsatzes in Deutschland aus fünf niedersächsischen Landkreisen kommen, dann hängen die extrem eng mit der agrar-industriellen Tierhaltung zusammen und da muss man dort ansetzen und dann gilt es klar zu machen: Es geht nicht um die Verringerung, es geht um Minimierung der Antibiotika, das vermissen wir."
    Positiv bewerten sowohl AbL als auch BUND, dass der Koalitionsvertrag in der EU einheitliche, höhere Tierschutzstandards durchsetzen möchte. Skeptisch sehen sie dagegen, dass es ein „bundeseinheitliches Prüf- und Zulassungsverfahren für Tierhaltungssysteme“ geben soll. Das könnte auch zu einer generellen Verschlechterung führen, so die Befürchtung. Beim Deutschen Bauernverband - der ansonsten eher zufrieden ist mit dem Koalitionsvertrag - sieht man genau diese Formulierung auch sorgenvoll, allerdings in eine andere Richtung. Generalsekretär Bernhard Krüsken:
    "Das ist einer der Punkte, die wir sehr sehr kritisch sehen, wir denken, dass es nicht der richtige Ansatz ist, hier mit behördlichen Zulassungen von einzelnen Komponenten von Stalleinrichtungen zu arbeiten, Haltung ist immer mehr als die Summe von Schrauben und Bauteilen, ganz wichtig für Tierschutz ist eben das Management, nur mit dem Zentimetermaß kommt man hier nicht weiter, wir sehen hier natürlich auch eine ganz klare Gefahr der Bürokratisierung."
    Keine konkreten Zielvorgaben für Pestizideinsatz
    Der Koalitionsvertrag verliert auch ein paar Worte zum Thema Pestizideinsatz in der Landwirtschaft, das ist ein weiteres Ärgernis für Hubert Weiger vom BUND. Denn auch hier fehle eine konkrete Zielvorgabe für eine Einsparung:
    "Wir wissen ja, dass wir in Deutschland entsprechende EU-Ziele auch sehr weit verfehlt haben und dass wir weit entfernt sind von einer Minimierung. Hier ist unsere zentrale Forderung, dass man nicht mehr nebulös fordert die „Minimierung“, sondern dass man ganz klar sagt: Der erste Schritt muss sein die Halbierung, damit auch klare Ziele vorgegeben werden und dann auch entsprechende Systeme entwickelt werden, um dieses Ziel zu erfüllen."
    Positiv bewerten der BUND und die AbL, dass es eine EU-Kennzeichnungspflicht geben soll für Produkte von Tieren, die mit genveränderten Pflanzen gefüttert wurden. Das sieht man beim Deutschen Bauernverband kritischer. Diese Regelung sei in Ordnung, aber man müsste dann auch bei anderen Produkten wie Lebensmittelzusatzstoffen oder Arzneien kenntlich machen, wenn da Gentechnik eingesetzt wurde und nicht nur bei tierischen Produkten, von denen jetzt die Rede ist.