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Umweltverträglichkeit von Canyoning

Canyoning - abgeleitet von canyon- die Felsschlucht- das ist, so die Freizeitindustrie, der aktuelle Outdoor-Trend, eine Extremsportart also, bei der sich die Aktiven beispielsweise in Wasserfällen abseilen oder in natürlichen Wasserläufen runterrutschen oder an Bergwänden zum Wildbach runterklettern. Canyoning ist also ein Berg- und Wassersport, der sich einer zunehmenden Beliebtheit erfreut. Traurige Berühmtheit hatte diese Sportart erlangt, als vor einiger Zeit einige Teilnehmer verunglückt sind, durch Schlamm- und Geröllmassen, die auf sie niedergingen - ausgelöst durch heftige Niederschläge, die in der Enge der Schlucht zu einer tödlichen Naturgewalt wurden. Um diese Gefahren möglichst gering zu halten, ist deshalb die fachliche Betreuung gerade bei Extremsportarten besonders wichtig. Weil immer mehr Sportler dieses Canyoning für sich entdecken, gibt es zunehmend Probleme mit dem Naturschutz. Denn hierbei werden Naturräume in Anspruch genommen, die bislang von Menschenhand unberührt waren. Zu diesem Problem hat sich soeben in München der Deutsche Alpenverein geäußert.

von Wolfgang Nitschke |
    "Kritische Hinterfragung der Sportart Canyoning aus ökologischer Sicht im bayerischen und Tiroler Alpenraum" - so heißt eine Studie, die der deutsche Alpenverein im Auftrag der EU und des bayerischen Umweltministeriums anfertigt. Diese Studie soll in ca. einem Jahr vorliegen und genaue Erkenntnisse über die Auswirkungen des Canyoning auf die Natur aufzeigen. Bereits heute konnte der federführende Diplom-Biologe Andreas Schmauch aber schon einige Ergebnisse vorstellen. Die gute Nachricht: Von den allein in den bayerischen Alpen vorhandenen gut 250 Schluchten eignen sich nur gut 40 für die Trendsportart. Der Rest ist zu gefährlich, zu weit entfernt oder sportlich uninteressant. Von den 40 geeigneten Schluchten werden heute nur knapp die Hälfte kommerziell genutzt und die wiederum sind oft sowieso schon keine unberührte Natur mehr, da der Mensch in das Ökosystem etwa durch den Bau von Wasserkraftwerken schon eingegriffen hat. Allerdings - je mehr Menschen den neuen Sport ausüben wollen, umso mehr bislang unberührte Schluchten werden auch vom Menschen erobert werden. Aber es gibt eben auch Felsschluchten, wo die Eingriffe des Menschen minimal und unbedeutend sind. Dort kann getrost der Sport ausgeübt werden.

    Wünschenswert wäre es deshalb, wenn nach Abschluss der grundsätzlichen Studie Geld für eine genaue Kartierung einzelner Schluchten vorhanden wäre und man dann anhand dieser Daten für jede Schlucht festlegen könnte, wann Sport zugelassen wird und wann die Natur unberührt bleiben muss. Der Alpenverein setzt dabei aber auf eine Zusammenarbeit von Sport und Naturschützern und will weniger Reglementierung als Aufklärung und freiwillige Abkommen. Erstens - so ein Sprecher heute - sei es völlig unmöglich etwaige Regelungen wirksam zu kontrollieren, denn in keiner der Schluchten gibt es einen Polizeibeamten und zweitens würden die Erfahrungen aus dem Skisport zeigen, dass freiwillige Maßnahmen wesentlich wirkungsvoller seien, als Verbote. Mehr als 70% der Ski-Sportler halten sich an die freiwilligen Abkommen - dort wo der Staat per Verordnung die Regeln vorgibt ist die Moral der Sportler hingegen weit geringer.