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Unabhängigkeit
Katalanen sagen Referendum ab

Die spanische Provinz Katalonien hat das für den 9. November geplante Referendum zur Unabhängigkeit abgesagt. Madrid hatte die Pläne stets als verfassungswidrig eingestuft. Regionalpräsident Artur Mas will dem Willen zur Unabhängigkeit nun offenbar auf andere Weise Ausdruck verleihen.

14.10.2014
    Artur Mas, Ministerpräsident Kataloniens
    Artur Mas, Ministerpräsident Kataloniens (ap / Josep Lago)
    Mas, der die Volksbefragung gegen den Willen Madrids vorangetrieben hatte, kündigte für Dienstagvormittag eine Pressekonferenz an. Nun wolle man eine alternative Abstimmung in der nordostspanischen Region abhalten. "Es wird Wahllokale, Urnen und Stimmzettel geben", kündigte der katalanische Ministerpräsident Artur Mas am Dienstag in Barcelona an. Die alternative Abstimmung solle - wie das ursprünglich geplante Referendum - am 9. November stattfinden. Ihr Ergebnis werde "nicht definitiv" sein. Sie solle vielmehr den Weg zu Neuwahlen mit plebiszitärem Charakter freimachen.
    Die Regionalregierung habe festgestellt, "dass die Volksbefragung nicht stattfinden kann", sagte Joan Herrera von der Initiative für Katalonien in Barcelona und führte aus, die Regionalregierung werde "einen neuen Vorschlag" zu dem Thema machen. Auf Antrag der spanischen Zentralregierung hin hatte das spanische Verfassungsgericht Ende September den vorläufigen Stopp des Referendums verfügt. Die gesetzliche Grundlage fehlt also, und Mas hatte stets betont, dass er sich an das Gesetz halten werde.
    Verärgerung bei Nationalisten
    Die von Mas erwogene Alternative war bei den katalanischen Parteiführern, die für das Unabhängigkeitsreferendum eingetreten sind, allerdings nicht auf Zustimmung gestoßen. Seine Verbündeten von der linksnationalistischen Partei ERC hatten Druck auf ihn ausgeübt, sich der Gerichtsentscheidung zu widersetzen. Die Partei zeigte sich unnachgiebig: Es gebe jetzt "nur einen Weg", hieß es in einer Erklärung nach der Absage des Votums. Das Regionalparlament müsse "umgehend" einseitig die Unabhängigkeit Kataloniens erklären und eine Verfassunggebende Versammlung einrichten.
    Demonstration von Unabhängigkeitsbefürwortern
    Demonstration von Unabhängigkeitsbefürwortern (ap / Quique Garcia)
    Mas' Partei CiU ist im Regionalparlament auf die Stimmen der ERC angewiesen. Umfragen zufolge könnten die Linksnationalisten bei Neuwahlen bedeutende Gewinne einfahren, womit Madrid sich mit einer noch schärfer nach Unabhängigkeit strebenden Regionalregierung konfrontiert sähe.
    Katalonien gilt als eine wohlhabende Region im krisengeschüttelten Spanien
    Katalonien mit seiner bei Touristen äußerst beliebten Hauptstadt Barcelona ist eine verhältnismäßig wohlhabende Region im krisengeschüttelten Spanien. Die Katalanen, die eine eigene Sprache pflegen und stolz auf ihre regionale Kultur sind, stellen rund 16 Prozent der Spanier. Vor allem befeuert durch die schwere Wirtschaftskrise hatte in den vergangenen Jahren der Wunsch vieler Menschen in Katalonien nach Unabhängigkeit wieder zugenommen. Die Befürworter eines Referendums hatten Auftrieb durch das Unabhängigkeitsreferendum der Schotten erhalten - auch wenn sich die Schotten im September gegen eine Abspaltung vom britischen Königreich ausgesprochen haben.
    (nch/tgs)