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Unantastbar oder Rettungsmittel?

Außer Gold- und Währungsreserven hat die Bundesrepublik weitere Rücklagen in Form von sogenannten Sonderziehungsrechten beim Internationalen Währungsfonds. Diskutiert wird nun, ob man diese Art künstliche Währung nicht an die EZB übertragen könnte, die sie dann an den Rettungsschirm EFSF überträgt.

Von Brigitte Scholtes | 07.11.2011
    Das Gold der Bundesbank ist sakrosankt. Das hat die Bundesregierung in den letzten Stunden gleich zweimal versichert, einmal durch ihren Sprecher Steffen Seibert, heute morgen durch Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler. Beide sagten der ARD:

    Steffen Seibert: "Es gibt keinerlei Anlass, über die Goldreserven der Bundesrepublik Deutschland zu spekulieren. Diese Goldreserven waren überhaupt kein Thema auf dem G-20-Gipfel in Cannes."

    Philipp Rösler: "Die deutschen Goldreserven müssen unantastbar bleiben, das sage ich hier ausdrücklich als Wirtschaftsminister, als Stellvertreter der Bundeskanzlerin und als Parteivorsitzender der FDP."

    Doch es geht nicht ums Gold. Vorrangig jedenfalls nicht. Das macht zwar mit 132 Milliarden Euro den größten Teil der gut 181 Milliarden Euro Reserven der Deutschen Bundesbank aus, vor den fast nur in Dollar gehaltenen Devisenreserven im Volumen von knapp 29 Milliarden Euro. Die Goldreserven sollen vor allem die Wertbeständigkeit der Währung verbürgen, auch wenn es den Goldstandard schon lange nicht mehr gibt, die Devisenreserven sollen Wechselkurse stabilisieren helfen. Und dann verfügt die Bundesbank noch über Sonderziehungsrechte im Volumen von 14 Milliarden Euro beim Internationalen Währungsfonds. Sie sind eine Art künstliche Währung. Michael Schubert, Volkswirt der Commerzbank, erklärt, wozu sie dienen:

    "Im Fall von Zahlungsbilanzkrisen kann man die Sonderziehungsrechte halt umtauschen in eine bestimmte andere Währung, die man gerade benötigt, und dann hat man diese Währung zur Verfügung und kann dann die Zahlungsbilanzkrise eindämmen."

    Diese Sonderziehungsrechte liegen bei den jeweiligen nationalen Notenbanken, die Europäische Zentralbank hat also keinen Zugriff darauf – auch im System der Europäischen Zentralbanken nicht. Diskutiert wird nun, ob man diese Sonderziehungsrechte der Mitgliedsländer nicht an die EZB übertragen könnte, die sie dann poolt und an den Rettungsschirm EFSF überträgt. Der würde sie dann hebeln, erläutert Volkswirt Schubert:

    "Das ist mal wieder ein weiterer Weg, Geldquellen aufzutun, genauso wie man in andere Länder gereist ist. Der Währungskommissar war in Asien, man hat es versucht in Russland. Man versucht, Geld aufzutreiben, und das hat eigentlich mit den Währungsreserven überhaupt nichts zu tun, die dienen ja einem ganz anderen Zweck."

    Doch diese Reserven verwaltet die Bundesbank nicht für die Bundesregierung, sondern für das Volk. Die Sorge ist nun, dass die Sonderziehungsrechte nur ein Anfang sein könnten. Alle Länder, die Sonderziehungsrechte beim IWF besitzen, stimmen über deren Verwendung direkt beim IWF ab. Die EZB aber ist im IWF nicht vertreten – und das wäre auch mit der aktuellen Konstruktion der Europäischen Währungsunion nicht sinnvoll, meint Volkswirt Schubert:

    "Dann würde eine Situation geschaffen, wo die EZB letztendlich Schulden übernimmt, freiwillig übernimmt, obwohl die einzelnen Staaten, für ihre eigenen Schulden verantwortlich sein sollen. Das ist das Grundprinzip der Währungsunion – gemeinsame Geldpolitik, eigenverantwortliche Fiskalpolitik. Und wenn jemand dahinter steht, der dann doch im Zweifelsfall die Schulden übernimmt, dann ist natürlich der Anreiz sehr gering, eigenverantwortlich den Staatshaushalt zu konsolidieren."