32 Meter ragt der Schacht in die Tiefe, 14 Meter Durchmesser, ausgekleidet mit einer ein Meter dicken Betonwand. In diesem Schacht wurde schon der Treibstoffbooster der Ariane-V-Rakete auf seine Belastbarkeit getestet. Und hier fanden auch die jüngsten Experimente mit Knallgasexplosionen in Rohrleitungen statt. Das Bundeswirtschaftsministerium hatte sie in Auftrag gegeben, Anlass war die Detonation in einer Rohrleitung im Kernkraftwerk Brunsbüttel im Jahr 2001, erklärt der Ingenieur Werner Stadtmüller von der Materialprüfungsanstalt.
"In Brunsbüttel war schon mal ein Schadensfall in so einer Leitung, da wusste man nicht, wieso, und man kam dann drauf, könnte das eine Knallgasdetonation gewesen sein, weil es eigentlich ein Bruchbild war, was von normalen Berstversuchen her nicht bekannt ist. Und da ist nichts Schlimmes passiert, aber man möchte halt genauer wissen, wann kann überhaupt so ein Rohr brechen und welche Folgeschäden sind einzuhalten, welche Energie haben Bruchstücke oder wie sieht überhaupt der Bruch aus, und wie kann man in Zukunft solche Vorgänge mit letzter Sicherheit ausschließen."
Eigentlich sollte sich in den Rohrleitungen von Kernkraftwerken kein Knallgas ansammeln, trotzdem muss geklärt werden: Was passiert, wenn es doch einmal geschieht? Für ihre Versuche verwenden die Forscher Leitungsrohre, wie sie typischerweise in Kernreaktoren verwendet werden: Rohre aus Edelstahl, zehn Zentimeter im Durchmesser. Diese füllen sie mit Knallgas. Stadtmüller:
"Das heißt, da drin sind zwei Drittel Volumenanteile Wasserstoff, ein Drittel Sauerstoff. Das ist mit das gefährlichste Gemisch, dass man bei Knallgas herstellen kann. Und dieses Knallgas bringen wir unter einem Druck von 70 bar in die Rohre ein, das ist der Betriebsdruck der Rohrleitung."
Die Forscher befinden sich zu dieser Zeit längst nicht mehr im Prüfschacht. Der ist vielmehr mit einer mächtigen Stahlluke verschlossen und zusätzlich mit Sandsäcken abgedichtet. Die Wissenschaftler steuern die Befüllung der Rohre von einem Raum außerhalb des Schachts. Dennoch sind die Detonationen so laut, dass sie noch zusätzlich Ohrenschützer tragen müssen. Dann wird das Knallgas – auch wieder per Fernsteuerung – gezündet. Stadtmüller:
"In dem Moment von der Zündung gibt es einen extrem hohen Verdichtungsstoß. Und dieser Stoß – die Druckwelle - schießt mit einer Geschwindigkeit von bis zu 3000 Meter pro Sekunde durch das Rohr. Jetzt muss man sich vorstellen, das entspricht 10.000 Stundenkilometer oder der zehnfachen Schallgeschwindigkeit."
Dabei stellten die Wissenschaftler zu ihrer Überraschung fest. Ob ein Rohr unter dem Druck der Explosion birst oder nicht, hängt nicht nur von der Beschaffenheit des Rohrs ab. Denn die Rohre waren immer gleich: Zehn Zentimeter im Durchmesser mit einer sechs Millimeter dicken Edelstahlwand. Vielmehr kommt es auch auf die Länge des Rohres an. Stadtmüller:
"In dem Moment, wo das Knallgas hier zündet, kommt es noch nicht zum Rohrbruch, sondern erst mit fortlaufender Länge oder Wegstrecke mit dem Knallgas. Das hier zum Beispiel war ein Rohr von 1,8 Meter Länge, haben wir gezündet, und, das Rohr, sehen Sie, hat sich wahnsinnig aufgeweitet, aber es kam zu keinem Bruch. Und bei diesem Rohr, dieselben Versuchsparameter, aber dieses Rohr war dann vier Meter lang, aber da haben wir dann festgestellt, der Bruch tritt bei diesem Knallgasanteil, den wir drin haben, erst nach 2,5 Meter Laufstrecke der Detonation ein."
Dass die Detonationsgefahr abhängig ist von der Rohrlänge, liegt, so Stadtmüller, an der spezifischen Ausbreitung der Druckwelle im Rohr. Dabei entstehen Druckspitzen, 600 Mal stärker als der Druck in einem Autoreifen. Das Rohr wird auseinandergerissen, die Bruchstücke fliegen mit enormer Geschwindigkeit durch den Schacht. Im Anschluss an die Explosion warten die Forscher zunächst eine Stunde, bis sich der gröbste Staub im Schacht gesetzt hat, doch auch dann betreten sie ihn nur mit Gesichtsmasken, die den Feinstaub abhalten. Die Zerstörungskraft der Explosion ist im Anschluss deutlich sichtbar. Die Bruchstücke haben Treppenstufen und –Geländer ebenso durchschlagen wie Stahl-Gitterroste, und das noch in einer Höhe von 30 Metern über der Stelle, wo das Knallgas explodiert ist. Stadtmüller:
"Hier sehen Sie: Ein Gitterrost fehlt ganz, den hat’s weggejagt, und bei dem hier sehen Sie, wie der aufgerissen ist."
Die Trümmerstücke werden zusammen gesammelt: Da das Rohr vorher mit Markierungen versehen war, lassen sich die hinterher verstreuten Bruchstücke den jeweiligen Abschnitten am Rohr genau zuordnen. Und natürlich wird auch das geborstene Rohr selbst inspiziert. Auch mit Blick auf die Ausgangsfrage: Lässt sich der Störfall in Brunsbüttel, der den Anlass für die Untersuchungen gab, durch eine Knallgas-Explosion erklären? Stadtmüller:
"Und wenn ich jetzt das Bruchbild von dort und unser Bruchbild vergleiche, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass es damals auch eine Knallgasdetonation war."
Die Wissenschaftler in der Materialprüfungsanstalt interessieren sich jedoch nicht nur für Kernkraftwerke. Wasserstoff wird auch in der Chemischen Industrie eingesetzt – und in den letzten Jahren wird Wasserstoff auch als Energieträger immer wichtiger. Die Forschungen geben deshalb auch nützliche Informationen, um die Sicherheit der Anlagen in diesen Industriebereichen zu gewährleisten.
"In Brunsbüttel war schon mal ein Schadensfall in so einer Leitung, da wusste man nicht, wieso, und man kam dann drauf, könnte das eine Knallgasdetonation gewesen sein, weil es eigentlich ein Bruchbild war, was von normalen Berstversuchen her nicht bekannt ist. Und da ist nichts Schlimmes passiert, aber man möchte halt genauer wissen, wann kann überhaupt so ein Rohr brechen und welche Folgeschäden sind einzuhalten, welche Energie haben Bruchstücke oder wie sieht überhaupt der Bruch aus, und wie kann man in Zukunft solche Vorgänge mit letzter Sicherheit ausschließen."
Eigentlich sollte sich in den Rohrleitungen von Kernkraftwerken kein Knallgas ansammeln, trotzdem muss geklärt werden: Was passiert, wenn es doch einmal geschieht? Für ihre Versuche verwenden die Forscher Leitungsrohre, wie sie typischerweise in Kernreaktoren verwendet werden: Rohre aus Edelstahl, zehn Zentimeter im Durchmesser. Diese füllen sie mit Knallgas. Stadtmüller:
"Das heißt, da drin sind zwei Drittel Volumenanteile Wasserstoff, ein Drittel Sauerstoff. Das ist mit das gefährlichste Gemisch, dass man bei Knallgas herstellen kann. Und dieses Knallgas bringen wir unter einem Druck von 70 bar in die Rohre ein, das ist der Betriebsdruck der Rohrleitung."
Die Forscher befinden sich zu dieser Zeit längst nicht mehr im Prüfschacht. Der ist vielmehr mit einer mächtigen Stahlluke verschlossen und zusätzlich mit Sandsäcken abgedichtet. Die Wissenschaftler steuern die Befüllung der Rohre von einem Raum außerhalb des Schachts. Dennoch sind die Detonationen so laut, dass sie noch zusätzlich Ohrenschützer tragen müssen. Dann wird das Knallgas – auch wieder per Fernsteuerung – gezündet. Stadtmüller:
"In dem Moment von der Zündung gibt es einen extrem hohen Verdichtungsstoß. Und dieser Stoß – die Druckwelle - schießt mit einer Geschwindigkeit von bis zu 3000 Meter pro Sekunde durch das Rohr. Jetzt muss man sich vorstellen, das entspricht 10.000 Stundenkilometer oder der zehnfachen Schallgeschwindigkeit."
Dabei stellten die Wissenschaftler zu ihrer Überraschung fest. Ob ein Rohr unter dem Druck der Explosion birst oder nicht, hängt nicht nur von der Beschaffenheit des Rohrs ab. Denn die Rohre waren immer gleich: Zehn Zentimeter im Durchmesser mit einer sechs Millimeter dicken Edelstahlwand. Vielmehr kommt es auch auf die Länge des Rohres an. Stadtmüller:
"In dem Moment, wo das Knallgas hier zündet, kommt es noch nicht zum Rohrbruch, sondern erst mit fortlaufender Länge oder Wegstrecke mit dem Knallgas. Das hier zum Beispiel war ein Rohr von 1,8 Meter Länge, haben wir gezündet, und, das Rohr, sehen Sie, hat sich wahnsinnig aufgeweitet, aber es kam zu keinem Bruch. Und bei diesem Rohr, dieselben Versuchsparameter, aber dieses Rohr war dann vier Meter lang, aber da haben wir dann festgestellt, der Bruch tritt bei diesem Knallgasanteil, den wir drin haben, erst nach 2,5 Meter Laufstrecke der Detonation ein."
Dass die Detonationsgefahr abhängig ist von der Rohrlänge, liegt, so Stadtmüller, an der spezifischen Ausbreitung der Druckwelle im Rohr. Dabei entstehen Druckspitzen, 600 Mal stärker als der Druck in einem Autoreifen. Das Rohr wird auseinandergerissen, die Bruchstücke fliegen mit enormer Geschwindigkeit durch den Schacht. Im Anschluss an die Explosion warten die Forscher zunächst eine Stunde, bis sich der gröbste Staub im Schacht gesetzt hat, doch auch dann betreten sie ihn nur mit Gesichtsmasken, die den Feinstaub abhalten. Die Zerstörungskraft der Explosion ist im Anschluss deutlich sichtbar. Die Bruchstücke haben Treppenstufen und –Geländer ebenso durchschlagen wie Stahl-Gitterroste, und das noch in einer Höhe von 30 Metern über der Stelle, wo das Knallgas explodiert ist. Stadtmüller:
"Hier sehen Sie: Ein Gitterrost fehlt ganz, den hat’s weggejagt, und bei dem hier sehen Sie, wie der aufgerissen ist."
Die Trümmerstücke werden zusammen gesammelt: Da das Rohr vorher mit Markierungen versehen war, lassen sich die hinterher verstreuten Bruchstücke den jeweiligen Abschnitten am Rohr genau zuordnen. Und natürlich wird auch das geborstene Rohr selbst inspiziert. Auch mit Blick auf die Ausgangsfrage: Lässt sich der Störfall in Brunsbüttel, der den Anlass für die Untersuchungen gab, durch eine Knallgas-Explosion erklären? Stadtmüller:
"Und wenn ich jetzt das Bruchbild von dort und unser Bruchbild vergleiche, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass es damals auch eine Knallgasdetonation war."
Die Wissenschaftler in der Materialprüfungsanstalt interessieren sich jedoch nicht nur für Kernkraftwerke. Wasserstoff wird auch in der Chemischen Industrie eingesetzt – und in den letzten Jahren wird Wasserstoff auch als Energieträger immer wichtiger. Die Forschungen geben deshalb auch nützliche Informationen, um die Sicherheit der Anlagen in diesen Industriebereichen zu gewährleisten.