Freitag, 03. Mai 2024

Archiv


Uneingelöster Masterplan mit richtigem Rhythmus

Matt Damon löst das Versprechen seiner Schauspielkunst in Gus Van Sants "Promised Land" nicht ein. Dem Regisseur von "Gambit - Der Masterplan" fehlt Gespür für Timing und Dynamik. Reichlich richtigen Rhythmus haben dagegen vier schwarze australische Laiendarstellerinnen als Soulsängerinnen-Quartett "The Sapphires".

Von Hartwig Tegeler | 19.06.2013
    "Ich komme aus einer typisch ländlichen Gemeinde."

    Aber die ganze ländliche Idylle war zum Teufel. Denn …

    "... ohne die Fabrik, ohne die Industrie hatten wir nichts","

    erzählt Steve, Sohn eines Farmers, jetzt in Diensten eines multinationalen Energiekonzerns seinen potenziellen Kunden, um sie zu überzeugen, ihr Land für "Fracking" zur Verfügung zu stellen, diese ökologisch äußerst umstrittene Methode der Erdgasgewinnung. Steve in Gus Van Sants Film "Promised Land" geht dabei vor, indem er verspricht und droht in einem:

    ""Ich verkaufe den Menschen kein Erdgas, ich verkaufe ihnen die letzte Chance, die ihnen bleibt."

    Zu dieser gewinnträchtigen Überzeugungsarbeit gehört mitunter auch ein Umschlag für den einen oder anderen lokalen Politiker:

    "Ich mache das Angebot übrigens nur einmal."

    Energiemulti auf Eroberungstour in ländlicher, ökonomisch brachliegender Region mit moralisch zwiespältiger Hauptfigur. Doch diese innere Zerrissenheit, die die Geschichte braucht, sie will man Matt Damon in "Promised Land" nicht so recht abkaufen. Damon kann moralische Zwiespältigkeit spielen, das hat er bei Steven Soderbergh in "Der Informant" oder bei Martin Scorsese in "Departed" bewiesen. Aber in "Promised Land"? Dass diese Figur Steve Butler sich am Ende gegen den Energiemulti auf die Seite der Landbevölkerung schlägt, wer hätte das von Anfang an nicht geahnt. Am Ende jubelt uns Gus Van Sant eine ziemlich überraschungsfreie Gutmenschen-Story unter.

    "Promised Land" von Gus Van Sant - enttäuschend.

    Das Drehbuch zu "Gambit - Der Masterplan" haben Joel & Ethan Coen geschrieben - tja, genutzt hat´s aber auch nichts. Denn die Geschichte um den angeblichen Monet ...

    "... Heuschober beim verdammten Sonnenuntergang."

    ...das gefälschte Kunstwerk also, das der Kunstexperte - Colin Firth - seinem widerlichen Chef - Alan Rickman - verkaufen will, diese Geschichte ist anfänglich vergnüglich und spannend, zumal der Betrug...

    "Top Secret."

    ...clever eingefädelt scheint. Verwirrung entsteht außerdem, als der britische Gentleman-Betrüger ein vorgeblich einfältiges Cowgirl - Cameron Diaz - als vorgebliche (!) Besitzerin des Gemäldes ins Spiel bringt:

    "Eine Frage, P. J. Wie kommen Sie darauf, dass das Bild 12 Millionen Pfund wert ist? - Zuallererst, es ist Öl."

    Nun kam in der Filmgeschichte der kulturelle Antagonismus zwischen britischem Snob und amerikanischer Dumpfbacke ziemlich häufig komisch daher, aber Regisseur Michael Hoffman fehlt in "Gambit - Der Masterplan" leider jegliches Gespür für Timing und Dynamik. Da hilft dann auch keine Drehbuchvorlage von den Coen-Brüdern.

    "Gambit - Der Masterplan" von Michael Hoffman - enttäuschend.

    "Nur mal aus Spaß. Sagen wir, dass ihr wirklich nach Vietnam geht. Was würdet ihr denn singen?"

    Der Weiße, der vier Sängerinnen managen will, die aufbrechen zur Truppenbetreuung nach Vietnam - es sind die späten 1960er Jahre -, er stellt das bisherige Repertoire grundsätzlich in Frage:

    "Ich meine, ihr habt es vielleicht nicht bemerkt, aber ihr seid schwarz. Und ihr singt Country & Western-Music. Das passt einfach nicht."

    Und was sollten "The Sapphires", so der Titel der Band, so auch der Titel Wayne Blairs Film, denn singen, fragt eine der Frauen Dave?

    "Otis Redding. Sam Cook. Solche Sachen."

    Und spätestens hier geht´s los mit dem Rhythmus in Wayne Blairs Film "The Sapphires" - lasst es mal krachen, Mädels, meint der trinkfeste irische Manager.

    ""The Sapphires" - Läuft weiter!"

    Schwarze Australierinnen - aborigine-Frauen - singen schwarze Musik vor US-Soldaten in Vietnam - viele davon Afroamerikaner -, während daheim in den USA die schwarze Bürgerrechtsbewegung kämpft. Gegen den Rassismus des weißen Mannes, der auch den Aborigines in Australien jede Würde und kulturelle Eigenständigkeit rauben will. Da prallt Einiges aufeinander in der Erzählung von "The Sapphires", auch wenn die historischen, kulturellen wie politischen Konflikte nur ein Hintergrundleuchten bilden in einem Film, der eine Emanzipations- und Liebesgeschichte erzählt. Sicher ist das alles ganz schön viel Feelgood-Movie, nur kann man sich diesem Film - ich kann´s nicht ändern - allein wegen des betörenden Rhythmus´ und natürlich wegen der alten Soul-Hits einfach nicht entziehen.

    "The Sapphires" von Wayne Blair - empfehlenswert.