Von Verena von Keitz
Unten auf dem Deckel sind die Leberzellen, und die wachsen hier momentan heran
Der Parasitenforscher Klaus Brehm nimmt eine verschlossene Schale aus dem Brutschrank. In einer rötlichen Flüssigkeit schwimmen durchsichtige, erbsengroße Bläschen. Dem Wissenschaftler vom Hygiene-Institut der Universität Würzburg ist es gelungen, Larven des Fuchsbandwurms in Zellkultur zu züchten. Brehm will untersuchen, wie der Wurm die Immunabwehr des Menschen unterläuft und dadurch in der Leber unbemerkt zu einem großen Gewebeklumpen heranwachsen kann.
Der Fuchsbandwurm hat im Prinzip zwei verschiedenen Wirte: Man spricht von dem Endwirt, das ist der Fuchs, in dem sich der erwachsene Wurm entwickelt, der erwachsene Wurm ist im Darm von dem Fuchs, und kopuliert da und produziert so genannte infektiöse Eier.
Diese Eier verstreut der Fuchs im Wald, wenn er seinen Darm entleert - auf Blaubeerbüsche, Pilze oder auf das herumliegende Laub. Dann kommen die natürlichen Zwischenwirte des Fuchsbandwurms ins Spiel: Mäuse und Ratten. Die heranwachsende Larve befällt ihre Leber und schwächt die Nagetiere, sodass sie schnelle Beute für den Fuchs sind - was dem Bandwurm seinen Wirtswechsel erleichtert.
Der Mensch ist im Lebenszyklus des Parasiten eigentlich gar nicht vorgesehen. Er kommt ihm eher aus Versehen in die Quere, etwa wenn er wilde Beeren verspeist, an denen unsichtbar die Eier des Fuchsbandwurmes kleben.
Wenn der Parasit den Menschen befällt, ist es für ihn eine Sackgasse. Einerseits wird der Mensch kaum vom Fuchs gefressen, andererseits: Auch in der Leber des Menschen kann sich diese Bandwurmlarve entwickeln. Sie wächst dann ähnlich wie ein Tumor infiltrativ in das Gewebe der Leber und zerstört die Leber, und daran kann man sterben.
Das Fatale an der Infektion mit dem Fuchsbandwurm: Die Antikörper des menschlichen Abwehrsystems sind stumpfe Waffen gegen den Eindringling.
Wir wissen, dass der Bandwurm aktiv die Immunabwehr des Menschen umgeht, das heißt, es wird zwar eine Immunabwehr gemacht, nur die falsche. Wenn ich heutzutage hergehe und lasse mir in meine Leber ein Stück der Leber meines Bruders implantieren, dann wird mein Körper die Leber meines Bruders abstoßen, und ich muss Immunsuppressiva nehmen, um das zu verhindern. Der Fuchsbandwurm implantiert uns in die Leber seine Larve, und die wächst für 10, 20, 30 Jahre heran, ohne dass wir überhaupt irgendetwas davon merken. Das gesamte Larvengewebe kann je nach Entwicklung durchaus Kindskopf-groß werden.
Wird die Infektion früh genug festgestellt, kann man die Bandwurmlarve operativ entfernen. Ist sie schon zu groß, helfen heutzutage Chemotherapeutika, wie sie auch zur Behandlung von Krebs eingesetzt werden. Doch diese Mittel haben Nachteile: Sie töten den Bandwurm nicht ab und haben außerdem meist starke Nebenwirkungen. Denn was dem Wurm schadet, schadet in der Regel auch dem Menschen - weil die Zellen des Wurms den menschlichen Zellen sehr ähnlich sind.
Von allen Krankheitserregern... sind die Würmer diejenigen die uns am nächsten verwandt sind. Würmer sind evolutionsgeschichtlich nicht unsere Brüder, aber unsere Cousins.
Wahrscheinlich nutzt der Fuchsbandwurm die Ähnlichkeit sogar gezielt für seine eigenen Zwecke.
Es ist grundsätzlich möglich, aufgrund der Verwandtschaft des Bandwurmes zu uns selbst, dass die Hormone die wir ausscheiden, um unseren Zellen den Befehl zum Wachsen zu geben, dass dieselben Hormone auch dem Parasiten den Befehl zum Wachsen geben.
Genau an dem Punkt wollen die Würzburger Forscher ansetzen: Wenn sie diese Verbindung zwischen Wurm und Wirt irgendwie unterbrechen könnten, würde der Parasit ausgehungert werden. Bis es soweit ist, rät Klaus Brehm zu einem gelassenen Umgang mit dem Fuchsbandwurm:
Nicht mehr in den Wald zu gehen, weil man Angst vor dem Fuchsbandwurm hat, oder auch die Kinder nicht mehr in den Wald zu schicken, das wäre völlig falsch. Wir haben pro Jahr in Deutschland schätzungsweise 20 Neuinfektionen. Es ist also sehr unwahrscheinlich, dass man sich eine Infektion zuziehen kann, und es ist immer noch sehr gesund, in den Wald zu gehen.
Unten auf dem Deckel sind die Leberzellen, und die wachsen hier momentan heran
Der Parasitenforscher Klaus Brehm nimmt eine verschlossene Schale aus dem Brutschrank. In einer rötlichen Flüssigkeit schwimmen durchsichtige, erbsengroße Bläschen. Dem Wissenschaftler vom Hygiene-Institut der Universität Würzburg ist es gelungen, Larven des Fuchsbandwurms in Zellkultur zu züchten. Brehm will untersuchen, wie der Wurm die Immunabwehr des Menschen unterläuft und dadurch in der Leber unbemerkt zu einem großen Gewebeklumpen heranwachsen kann.
Der Fuchsbandwurm hat im Prinzip zwei verschiedenen Wirte: Man spricht von dem Endwirt, das ist der Fuchs, in dem sich der erwachsene Wurm entwickelt, der erwachsene Wurm ist im Darm von dem Fuchs, und kopuliert da und produziert so genannte infektiöse Eier.
Diese Eier verstreut der Fuchs im Wald, wenn er seinen Darm entleert - auf Blaubeerbüsche, Pilze oder auf das herumliegende Laub. Dann kommen die natürlichen Zwischenwirte des Fuchsbandwurms ins Spiel: Mäuse und Ratten. Die heranwachsende Larve befällt ihre Leber und schwächt die Nagetiere, sodass sie schnelle Beute für den Fuchs sind - was dem Bandwurm seinen Wirtswechsel erleichtert.
Der Mensch ist im Lebenszyklus des Parasiten eigentlich gar nicht vorgesehen. Er kommt ihm eher aus Versehen in die Quere, etwa wenn er wilde Beeren verspeist, an denen unsichtbar die Eier des Fuchsbandwurmes kleben.
Wenn der Parasit den Menschen befällt, ist es für ihn eine Sackgasse. Einerseits wird der Mensch kaum vom Fuchs gefressen, andererseits: Auch in der Leber des Menschen kann sich diese Bandwurmlarve entwickeln. Sie wächst dann ähnlich wie ein Tumor infiltrativ in das Gewebe der Leber und zerstört die Leber, und daran kann man sterben.
Das Fatale an der Infektion mit dem Fuchsbandwurm: Die Antikörper des menschlichen Abwehrsystems sind stumpfe Waffen gegen den Eindringling.
Wir wissen, dass der Bandwurm aktiv die Immunabwehr des Menschen umgeht, das heißt, es wird zwar eine Immunabwehr gemacht, nur die falsche. Wenn ich heutzutage hergehe und lasse mir in meine Leber ein Stück der Leber meines Bruders implantieren, dann wird mein Körper die Leber meines Bruders abstoßen, und ich muss Immunsuppressiva nehmen, um das zu verhindern. Der Fuchsbandwurm implantiert uns in die Leber seine Larve, und die wächst für 10, 20, 30 Jahre heran, ohne dass wir überhaupt irgendetwas davon merken. Das gesamte Larvengewebe kann je nach Entwicklung durchaus Kindskopf-groß werden.
Wird die Infektion früh genug festgestellt, kann man die Bandwurmlarve operativ entfernen. Ist sie schon zu groß, helfen heutzutage Chemotherapeutika, wie sie auch zur Behandlung von Krebs eingesetzt werden. Doch diese Mittel haben Nachteile: Sie töten den Bandwurm nicht ab und haben außerdem meist starke Nebenwirkungen. Denn was dem Wurm schadet, schadet in der Regel auch dem Menschen - weil die Zellen des Wurms den menschlichen Zellen sehr ähnlich sind.
Von allen Krankheitserregern... sind die Würmer diejenigen die uns am nächsten verwandt sind. Würmer sind evolutionsgeschichtlich nicht unsere Brüder, aber unsere Cousins.
Wahrscheinlich nutzt der Fuchsbandwurm die Ähnlichkeit sogar gezielt für seine eigenen Zwecke.
Es ist grundsätzlich möglich, aufgrund der Verwandtschaft des Bandwurmes zu uns selbst, dass die Hormone die wir ausscheiden, um unseren Zellen den Befehl zum Wachsen zu geben, dass dieselben Hormone auch dem Parasiten den Befehl zum Wachsen geben.
Genau an dem Punkt wollen die Würzburger Forscher ansetzen: Wenn sie diese Verbindung zwischen Wurm und Wirt irgendwie unterbrechen könnten, würde der Parasit ausgehungert werden. Bis es soweit ist, rät Klaus Brehm zu einem gelassenen Umgang mit dem Fuchsbandwurm:
Nicht mehr in den Wald zu gehen, weil man Angst vor dem Fuchsbandwurm hat, oder auch die Kinder nicht mehr in den Wald zu schicken, das wäre völlig falsch. Wir haben pro Jahr in Deutschland schätzungsweise 20 Neuinfektionen. Es ist also sehr unwahrscheinlich, dass man sich eine Infektion zuziehen kann, und es ist immer noch sehr gesund, in den Wald zu gehen.