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Unsere Küste, unsere Fische

Seit die EU ihre Gewässer vor Überfischung schützt, suchen sich große Hochseeschiffe andere Fanggründe wie in Westafrika. Lokale Fischer sehen dadurch ihre Existenzgrundlage bedroht. Im Senegal hat Greenpeace eine Kampagne gegen die Überfischung durch ausländische Trawler gestartet.

Von Gabor Paal | 28.02.2013
    Es ist nachmittags, vier Uhr. In der Bucht Soumbédioune in Senegals Hauptstadt Dakar schieben Hunderte Fischer ihre bunt bemalten Boote auf den Strand. Unter ihnen Issa Fall, 52 Jahre alt, seit 35 Jahren lebt er vom Fischfang.

    Für ihn und seine Familie reicht gerade zum Überleben sagt er, und in den letzten Jahren hatten sich die Bedingungen noch einmal deutlich verschlechtert – die Fischbestände waren zurückgegangen. Die europäischen und russischen Schiffe hätten alles weggefischt. 300 Tonnen Fisch fangen die pro Tag – weit mehr als lokalen Fischer zusammen genommen. Die Jahre von 2010 bis 2012 seien eine Katastrophe gewesen.

    Doch dann kam die Wende. Greenpeace eröffnete 2010 eine Niederlassung in Dakar, es ist erst das dritte Greenpeace-Büro in Afrika. Jedes dieser Büros konzentriert sich auf ein Thema. In Südafrika kümmert sich Greenpeace um Energie und Klimawandel, im Kongobecken um den Regenwald und im Senegal startete Greenpeace eine Kampagne gegen die Überfischung durch die großen ausländischen Trawler aus Russland und Litauen, berichtet Kampaigner Ahmed Diame:

    "Wir platzierten die Kampagne mitten in den Präsidentschaftswahlkampf. Wir forderten die Regierung auf, die Trawler aus den Gewässern zu verbannen. Wir fuhren durch die Gemeinden, waren mit Booten vor der Küste unterwegs und sammelten Unterschriften von den Fischern. Und wir trafen auch Macky Sall, damals noch Präsidentschaftskandidat und erklärten ihm das Problem."

    Mit Erfolg. Kaum wurde Macky Sall zum neuen Präsidenten des Senegal gewählt, änderte er den Kurs der Regierung. Die Lizenzen an die ausländischen Trawler wurden nicht verlängert, es wurden auch keine neuen vergeben, die Trawler wurden damit aus den Gewässern verbannt, zur Freude auch von Issa Fall:

    "Wir Fischer haben die Kampagne unterstützt und sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Und wir merken schon, dass sich die Bedingungen für uns verbessern und die Erträge wieder zunehmen."

    Auch nach den Erfahrungen von Greenpeace scheinen sich die Bestände schon zu erholen:

    "Vier Monate nach der Kampagne drehten wir eine Dokumentation. Dabei wurde deutlich, dass einige Fischarten, wie der Barracuda, die schon sehr stark dezimiert waren, jetzt wieder stärker vertreten sind."

    Der Erfolg im Senegal gibt Greenpeace die Hoffnung, dass der Funke auch auf das Nachbarland Mauretanien überspringt. Anders als in den Senegalesischen Gewässern, wo vor allem russische Schiffe unterwegs waren, hat Mauretanien viele Lizenzen an die Europäer verkauft. Die EU hat sich zwar vorgenommen, den Fischfang der eigenen Flotten vor den Küsten Afrikas künftig nicht mehr zu unterstützen, aber Greenpeace möchte den Druck aufrecht erhalten:

    "Wir wissen natürlich, dass es da auch um viel Geld geht. Auch im Senegal gibt es immer noch eine mächtige Lobby von Leuten gibt, die die Regierung dazu bringen möchten, wieder Fanglizenzen zu verkaufen. Wenn die Regierung auf den Verkauf verzichtet, entgehen ihr ja auch Einnahmen. Auf der anderen Seite hängt die Existenz von 600.000 Menschen im Senegal an der Fischerei. Der Fisch deckt 75 Prozent unseres Proteinbedarfs. Während die ausländischen Fischereifirmen den Fisch hauptsächlich zu Fischmehl, zu Futter verarbeiten."

    Greenpeace will deshalb weitermachen, sagt Ahmed Diame. Auch Ghana, Kamerun und die Kapverdischen Inseln sollen zum Umdenken bewegt werden. Diames Vision ist ein marines Bioreservat entlang der Westafrikanischen Küste. Senegal ist auch nicht das erste Land, das sich gegen ausländische Fangflotten wehrt. Auch Hong Kong sowie der zentralamerikanische Karibikstaat Belize haben die Megatrawler bereits aus ihren Gewässern verbannt.