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"Unsere Plattenspieler sind unsere Instrumente!"

"C2C" – das klingt wie eine chemische Formel, ist aber ein französisches DJ-Quartett. In ihrer Heimat werden die Turntable-Künstler bereits für ihre gelungene Mischung aus Südstaatenfunk, souligem Gesang, Diskofunk, Electro Dance und Hip Hop gefeiert. Nun wurde ihre CD "Tetra4" auch bei uns veröffentlicht.

Von Bettina Ritter |
    "Down the road" – so heißt der Überraschungs-Hit von C2C, der im Sommer auch in den deutschen Radios rauf und runter gespielt wurde. Die vier Franzosen sind immer noch erstaunt über den immensen Erfolg. DJ Greem erklärt ihn sich so:
    "Down the road" ist ein typisches Beispiel für unsere Art Musik zu machen. Wir mischen gern viele und unterschiedliche Universen und Epochen. Hier vermengen wir moderne Elektro- mit Vintage- und Old-School-Klängen wie Blues. Das hat etwas Frisches, Energiegeladenes und geht über das hinaus, was man normalerweise im Elektro- und Hip-Hop-Bereich hört. Es ist originell und spricht deshalb ein größeres Publikum an."

    Das besondere an C2C: Sie verwenden nicht, wie viele DJs, Samples von den Platten anderer, sondern nehmen selbst Musikinstrumente auf. Die Franzosen pressen die Klänge auf Vinyl und spielen sie dann auf ihren Turntables. Dazu gehören auch die Vocals: Gast-Sänger sind Jay-Jay Johanson, Gush oder auch Pigeon John.

    "Wir haben nichts als unsere Plattenspieler. Das sind unsere Instrumente."

    "Mit unseren Plattenspielern können wir alle möglichen Instrumente spielen. Wir haben Gitarren, Schlagzeug und Bässe auf unseren Vinyl-Platten. Wenn wir aufnehmen oder ein Konzert geben, haben wir alle unsere Rollen: Einer spielt den Bass, einer die Trompete, einer den Gesang. Wir haben auf diese Weise eine ganze Menge Instrumente zur Verfügung und können sie dazu noch durch das Scratchen manipulieren. So bekommt die Musik unsere typische Handschrift."

    Schon vor zwölf Jahren haben sich die heute Anfang-30-Jährigen als Quartett zusammengetan. Kennengelernt haben sie sich in ihrer gemeinsamen Heimatstadt Nantes. Greem, Atom, 20Syl und Pfel, so ihre DJ-Namen, teilten damals eine Vorliebe: Den Hip-Hop, erinnert sich DJ Atom.

    "Nach und nach haben wir über das Sampeln viele andere Stile entdeckt. Soul, Funk, südamerikanische und afrikanische Musik. Wir haben angefangen, uns auch für diese Musik zu interessieren. Danach kamen die ersten DJ-Gruppen wie die Invisibl Skratch Piklz, Beat-Junkies oder die X-Ecutioners. Amerikanische Gruppen, die uns sehr inspiriert haben."

    Da die DJs auch in anderen Gruppen erfolgreich sind, dauerte es insgesamt 12 Jahre, bis das erste gemeinsame C2C-Album "Tetra" im Kasten war. DJ 20Syl und Greem haben als Hip-Hop-Crew Hocus Pocus regelmäßig Tracks in den Top-15 der französischen Charts. DJ Atom und Pfel sind als "Beat Torrent" in der Elektro-Szene unterwegs.

    "Vor zwei Jahren hatten wir endlich die Zeit, wieder zusammen zu arbeiten. 2010 haben wir die Basis für das Album gelegt, haben das Layout erarbeitet, ein bisschen Instrumente eingespielt und Platten gescratcht. Bei unseren Auftritten ist unser Ziel nicht nur, dass wir die Leute zum Tanzen bringen, sondern es sind echte Konzerte wie die von anderen Bands."

    Die Konzerte der vier Franzosen sind echte Erlebnisse. Die einzelnen musikalischen Passagen sind mit Visuals, mit Video-Bildern, -Filmen und Animationen verbunden. So scratchen die DJs nicht nur die Platten, sondern auch die Bilder. In Frankreich füllen C2C ganze Hallen voll euphorischer Fans.

    Der Bandname C2C ist übrigens eine Abkürzung für Coup2Cross. Hört sich an wie ein Fachausdruck aus dem Cricket, ist aber ein Insider-Wortspiel aus der Kunst des Plattendrehens. Im Französischen bezeichnet Coup2Cross den technischen Vorgang des Scratchens. Damit waren die Franzosen so erfolgreich, dass sie zwischen 2003 und 2006 viermal in Folge die DJ-Weltmeisterschaft, die DMC World Championships in der Kategorie "Disco Mix Club" gewannen.
    "Wir hatten eine andere Herangehensweise als die anderen bei diesem Wettbewerb. Vor allem haben wir versucht, unsere Musik dem Publikum so verständlich wie möglich zu machen. Bei den DJ-Weltmeisterschaften gibt es ja auch einige Nerds, die sehr mit technischen Feinheiten beschäftigt sind. Wir wollten aber, dass die Leute tanzen und wirklich unsere Musik hören, anstatt dass sie sich auf bizarren Lärm konzentrieren müssen. Das fand wohl das Publikum und die Jury irgendwie frisch."