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Unsichtbare Krebsjäger

Medizin. - Vor drei Jahren entwickelten Berliner Wissenschaftler eine neue Methode, mit der man einem Krebstumor einheizen kann. Passend dazu berichteten sie damals vom überraschenden Verschwinden eines inoperablen Tumors. Doch das Verfahren besitzt auch enge Grenzen.

Von Uwe Springfeld |
    Die Nachricht vom September 2003 macht skeptisch: Inoperabler Krebs, neue Behandlungsmethode, Tumor verschwunden. Auf dem Kongress "Krebsbehandlung durch Hyperthermie" in Berlin berichtete jedoch Doktor Andreas Jordan, Direktor des Centrums für biomedizinische Nanotechnologie, von einem anhaltenden Heilungserfolg. Kein Rezidiv, also kein nachgewachsener Tumor.

    "So weit wir wissen, ist bisher kein neues Rezidiv aufgetreten an dieser Stelle, und der letzte Befund an dieser Stelle ist, ich glaube, ein Vierteljahr alt, da hat er uns mitgeteilt, dass kein Resttumorwachstum mehr nachweisbar ist."

    Die Behandlungsmethode selbst ist bestechend einfach:

    "Das Prinzip des Verfahrens ist, dass man eisenoxidhaltige Nanoteilchen in den Tumor direkt einbringt, und dann wird der Patient in ein Gerät gebracht, in dem er einem magnetischen Wechselfeld ausgesetzt wird, das 100.000 mal in der Sekunde seine Polarität ändert."

    Das Magnetfeld greift die Nanoteilchen an, versetzt sie in Schwingungen und heizt den Tumor auf. In den USA sind solche Experimente schon in den Vierziger Jahren durchgeführt worden - und allesamt fehlgeschlagen. Für gewöhnlich reagieren nicht nur die Eisenteilchen, sondern auch menschliche Körper auf wechselnde Magnetfelder. Dann dringen sie nicht bis zum Tumor vor. Stattdessen erzeugen sie auf der Oberfläche, der Haut, elektrische Ströme, die zu Verbrennungen führen können. In theoretischen Vorüberlegungen hatte die Forschergruppe um Andreas Jordan eine Frequenz gefunden, die den menschlichen Körper unbeschadet durchdringt: Etwa einhundert Kilohertz. Nun mussten Teilchen gefunden werden, die auf diese Frequenz geeignet reagieren.

    "Diese Partikel bestehen aus einem Eisenkern mit einer Größe von 15 Nanometern, das ist 100 Mal kleiner als ein rotes Blutkörperchen, zum diesen Kern herum haben wir eine chemische Hülle entwickelt und diese Hülle hat mehrere Funktionen. "

    Die Partikel sind von einer Substanz umhüllt, wie sie heute bei Kontrastmitteln zu Leberuntersuchung verwendet werden. Diese Substanz wirkt wie ein Klebstoff. Sie verhindert, dass die Teilchen gleich wieder herausgeschwemmt werden. In Experimenten an Zellkulturen stellte sich gleichzeitig heraus, dass diese Beschichtung den Teilchen einen Weg ins Zellinnere öffnet. Wie jedoch genau die Teilchen durch die Zellmembran gelangen, ist eine der offenen Forschungsfragen.

    Wie in einer herkömmlichen Hyperthermie-Behandlung lassen sich auch mit dieser Methode Tumore auf 40 bis 43 Grad Celsius aufheizen und damit für eine Chemo- und Strahlentherapie schwächen. Wenn sich so der Krebspatient jedoch nicht heilen lässt, kann man auch zu höheren Temperaturen übergehen und den Tumor, salopp gesagt, verkochen. Trotz dieser Eigenschaften, so Professor Peter Wust, Oberarzt an der Berliner Klinik für Strahlenheilkunde, hat diese Behandlungsmethode Grenzen.

    "Aber es ist ein weiteres Werkzeug in der Hand des Onkologen – Bei der Nanotherapie geht es zunächst darum, dass die Nanoteilchen möglichst in ausreichender Konzentration und homogen dort verteilt werden müssen, wo sich der Tumor befindet. "

    Die Methode selbst kann nur bei eingeschränkten Tumorbildungen eingesetzt werden - wenn die Geschwulst zwischen einem halben und fünf Zentimeter Durchmesser hat. Haben sich Metastasen gebildet oder liegt, wie bei der Leukämie, kein solider Tumor vor, hilft diese Behandlungsmethode nicht. Wenn man sie allerdings einsetzen kann, zum Beispiel beim Glioblastom, einem bösartigen Hirntumor, zeigen sich nicht einmal Nebenwirkungen.

    "Wir haben bis jetzt keine Komplikationen, allerdings bei einer begrenzten Patientenzahl von 20 bis 40 Patienten, also am Hirn sind es jetzt 25, also wir haben keine Komplikationen, die wir auf diese spezielle Behandlungsform zurückführen könnten. "