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Unterhachings Börsengang
Ein riskantes Papier

Die Spielvereinigung Unterhaching geht als zweiter deutscher Fußballclub an die Börse. Der Verein will mit den Einnahmen aus dem Börsengang Spieler finanzieren, die einen Aufstieg in die deutlich lukrativere Zweite Liga ermöglichen sollen, erklärt ein Börsenhändler.

Von Volker Hirth | 15.07.2019
Die Spielvereinigung Unterhaching. Der Inbegriff der Fußball-Provinz. Vorort von München. Vorhof des Fußball-Glamours. Und jetzt, am großen FC Bayern vorbei, aufs glamouröse Börsenparkett. Und wie finden das die, die auf diesem Parkett tanzen, die Aktienhändler? Stefan Schaffetter von der Baader Bank hält es für eine gute Idee:
"Man ist in der Dritten Liga verhaftet, braucht Geld um aufzusteigen und an die größeren Geldpötte der Fernsehrechte zu kommen. Also insofern macht der Schritt aus Sicht Unterhachings natürlich Sinn."
Das mit den Fernsehgeldern macht in der Tat den großen Unterschied. In der Dritten Liga gibt’s zirka eine Million pro Saison, in der Zweiten Liga sind es schon zehnmal so viel. Nun schießt Geld bekanntlich keine Tore, aber die knapp acht Millionen, die der Börsengang einbringen soll, sind erst mal ein warmer Regen für frostige Finanzen. Zwei, drei gute Spieler kann man damit locken und wenn die gut einschlagen beziehungsweise treffen, dann kann es was werden.
"Mit Zwiebeln gehandelt"
Oliver Roth war selber Fußball-Profi und ist heute Aktienhändler bei Oddo Seydler. Er sieht einen großen Nachteil. Der Fußball hat nur dieses eine erfolgreiche Geschäftsmodell: Siege und Aufstiege. Es gibt keine anderen Unternehmensbereiche, die Niederlagen und Abstiege ausgleichen könnten. Aber genau da liege auch eine Chance, sagt Roth:
"Wenn ein Unternehmen, auch ein Fußballunternehmen, konstant Wachstum hat, konstant Umsatzwachstum hat, konstant auch sogar vielleicht Gewinne ausschütten kann, dann kann es auch etwas sehr Seriöses sein. Wenngleich auch immer mit dem Risiko behaftet, dass man eben nur in einem Sektor sein Geld verdient. Und wenn es da nicht läuft, dann hat man eben mit Zwiebeln gehandelt."
Der ehemalige Fussballspieler Oliver Roth ist heute Börsenmakler und Finanzexperte.
Der ehemalige Fussballspieler Oliver Roth ist heute Börsenmakler und Finanzexperte. (Horst Galuschka/dpa)
Bayern München, zum Beispiel, ist keine Zwiebel. Und ginge doch eher weg wie Weißwürste. Die Bayern an der Börse, das wärs doch! Aber was sagen die? Börsengang - nein, danke! Und warum? Sie müssten fortan alles schön offen legen. Ausgerechnet die Bayern. Dann wäre Schluss mit Geheimtransfers in Millionenhöhe. Denn die Aktionäre müssten zwar nicht gefragt, aber doch informiert werden. Und ob ein Spieler nun 70 oder doch 90 Millionen gekostet hat, geht die Öffentlichkeit - nach Bayern-Verständnis - nichts an. Das wäre als börsennotiertes Unternehmen anders.
Aktienhändler Stefan Schaffetter ist sich sicher, die Bayern werden sich weiterhin ihr Kapital von namhaften Sponsoren holen, kleine Vereine aber könnten dem Beispiel Unterhaching durchaus folgen:
"Das ist sicherlich ein interessanter Versuch. Und wenn das funktionieren sollte, gehe ich davon aus, dass es unter Umständen doch den einen oder anderen Nachahmer finden wird."
Erster Kurs am 30.7.
Fans gehören sicherlich zu den ersten Adressaten für die neuen Fußball-Aktien. Wer aber sein Erspartes in die Unterhaching-AG stecken möchte, um mit den Gewinnen als Rentner sorglos zu leben, sollte sich das doch noch mal überlegen. Denn: wer vor 18 Jahren Aktien von Borussia Dortmund gekauft hat, hat noch immer über 3 % seines Einsatzes verloren. Wer dagegen an diesen Verein geglaubt hat, als er am Boden lag und der Aktienkurs auf seinem tiefsten Niveau war, kann sich heute über das zehnfache seines Einsatzes freuen.
Die Unterhaching-Aktie ist definitiv auch ein riskantes Papier. Jetzt können die Aktien des Drittligisten gezeichnet werden, am 30.7. soll der erste Kurs veröffentlicht werden.