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Urteil des Verwaltungsgerichts
Partielle Diesel-Fahrverbote kommen auch in Berlin

Das Verwaltungsgericht Berlin hat für stark belastete Straßen der Hauptstadt Diesel-Fahrverbote verhängt. Großflächige Verbote, wie sie die Umwelthilfe in ihrer Klage gefordert hat, wird es aber nicht geben. In den Verbotszonen sollen zudem Ausnahmen für Anwohner und Handwerker geprüft werden.

Von Dieter Nürnberger | 09.10.2018
    Abendlicher Berufsverkehr auf dem Kaiserdamm im Zentrum von Berlin. Foto: Michael Kappeler/dpa | Verwendung weltweit
    Fahrverbote gibt es ab 2019 auch in Berlin (Michael Kappeler / dpa)
    Das Urteil des Berliner Verwaltungsgerichtes darf als ausgewogen bezeichnet werden. Zum einen wird es in der Hauptstadt künftig keine großflächigen Fahrverbote für schmutzige Dieselfahrzeuge geben. Das hatte die Deutsche Umwelthilfe in ihrer Klage gegen die Luftreinhaltungspolitik des Landes Berlin gefordert. Allerdings müssen an bestimmten Streckenabschnitten in der Hauptstadt wohl ab dem Frühsommer 2019 Fahrverbote zum Schutz der Gesundheit verhängt werden. Somit folgte das Gericht eher der Auffassung des Landes Berlin, wonach bisherige Schritte und auch künftige Maßnahmen zur Luftreinhaltung richtig und notwendig seien. Stephan Groscurth, Sprecher des Berliner Verwaltungsgerichts:
    "Zum einen hat es für einen Teilbereich von 15 Kilometern des Straßenlandes gesagt, dass hier das Land Berlin prüfen muss, ob Dieselfahrverbote in Betracht kommen. Es hat aber insbesondere für acht Straßen und elf Streckenabschnitte dieser Straßen geurteilt, dass an diesen Stellen ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge bis zur Schadstoffklasse 5 angeordnet werden muss. Und zwar deswegen, weil es kein anderes Mittel gibt, um die Grenzwerte einzuhalten."
    Fahrverbote für belastete Straßen in Berlin-Mitte
    Großflächige Fahrverbote für schmutzige Diesel in der Hauptstadt somit nein - doch seien sie auf bestimmten Straßen unvermeidlich. Weil der EU-weit gültige Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft nicht eingehalten werden kann. Auch nicht durch parallele Maßnahmen der Luftreinhaltung wie beispielsweise Tempo-30-Zonen. Das Fahrverbot an diesen Strecken soll für Diesel-PKW und LKW unterhalb der Schadstoffklasse 6 gelten. Betroffen sind stark frequentierte Durchgangsstraßen in der Hauptstadt, beispielsweise Teile der Leipziger- und Friedrichstraße im Bezirk Mitte. Ausnahmen für Anwohner und Handwerksbetriebe seien aber auf jeden Fall zu prüfen. Frank Fellenberg vertrat das Land Berlin vor dem Verwaltungsgericht, er betont vor allem den Gestaltungsspielraum, den die richterliche Entscheidung nun dem Senat gebe:
    "Es hat erstens die Methodik des Landes Berlin bei der Ermittlung und der Prognose von Luftbelastungen bestätigt. Ebenso hat das Verwaltungsgericht den vom Land vorgelegten Zeitplan im Wesentlichen bestätigt, den Zeitplan für die weiteren Schritte bei der Luftreinhaltung. Und drittens hat das Gericht sehr deutlich gesagt, dass es der Anordnung großflächiger Fahrverbote in der Innenstadt nicht bedarf. Dementsprechend wurde die Klage insoweit auch zurückgenommen."
    Umweltsenatorin kritisiert Bundesregierung und Hersteller
    Berlins Umweltsenatorin Regine Günter - sie ist parteilos, steht aber den Grünen nahe - schob die Verantwortung für die Folgen des Urteils auf die Bundesregierung. Diese sei ebenso wie die Automobilindustrie verantwortlich. Ähnlich äußerte sich auch Jürgen Resch, der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. Die Bundesregierung müsse künftig die Hersteller der Dieselfahrzeuge als Folge des Abgas-Skandals stärker verpflichten, die Kosten für eine Hardware-Nachrüstung zu übernehmen. Jürgen Resch:
    "Alle Bürger, die in den vergangenen Jahren einen Diesel mit einer nicht funktionierenden Abgasreinigung gekauft haben, haben den Anspruch, dass die Hersteller auf eigene Kosten in einem zwei- bis vierstündigen Werkstattaufenthalt diese Abgasreinigung durch eine funktionierende ersetzen. Man kann ja gerne dort beginnen, wo eben die Dieselfahrverbote im nächsten Jahr zu wirken beginnen."
    Die Deutsche Umwelthilfe hat insgesamt mehr als 30 Kommunen wegen der Grenzwertüberschreitungen bei Stickstoffdioxid verklagt. Weitere Gerichtsentscheidungen werden deshalb folgen.