Es war eine lange und spannende Reise und ich bin sehr froh über das Ergebnis. Wir haben unsere Angelegenheit prüfen lassen und Recht bekommen. Das Sameby hat den Prozess vorangetrieben, damit wir die Rentierhaltung in unserem Gebiet so effektiv wie möglich betreiben können.
Matti Berg ist einer von geschätzt etwa 20.000 Samen, die im hohen Norden Schwedens leben. Er ist Vorsitzender des Girjas Sameby, der samischen Girjas-Gemeinschaft südlich von Kiruna. Zehn Jahre lang haben er und seine Leute gegen den Staat gekämpft, der ihnen 1993 plötzlich verboten hatte, Jagd- und Fischereirechte in ihrem Gebiet in eigener Regie zu vergeben und dafür Geld zu nehmen. Das sei Sache Schwedens als Grundbesitzer, so die Argumentation damals.
Ende eines langen Rechtsstreits
Die Samen beriefen sich dagegen auf Jahrhunderte alte Rechte aus einer Zeit, in der es den Staat Schweden noch gar nicht gab. 2016 gewannen sie vor Gericht den ersten Prozess, doch der Staat ging in Revision. Allerdings nur, um jetzt vor dem höchsten Gericht des Landes endgültig zu verlieren. Das war am 23. Januar. Seither haben die zunächst jubelnden Samen Einiges einstecken müssen: Hassbotschaften, meist in angeblich sozialen Netzwerken und Online-Foren. Die schwedischen Nachrichtenagentur TT zitiert Tiraden wie diese, frei übersetzt:
"Ihr ekeligen Mistkerle, ich hoffe, Euch ist klar, dass ihr einen Krieg angefangen habt."
Einige Samen berichten von Morddrohungen, die Polizei ermittelt. Matti Berg wirkt jetzt so, als hätte er damit gerechnet:
"So etwas passiert. Es ist ja ständig da, unter der Oberfläche, und kommt bei Sachen wie dem Urteil eben wieder hoch."
Rassismus und Tierquälerei
Das hat in diesem Jahr die Stimmung beim Nationaltag der Samen am 6. Februar und dem traditionellen großen Markt im Städtchen Jokkmokk getrübt, auch wenn sich dort alle bemühten, so entspannt und fröhlich wie immer zu klingen mit viel Folklore und noch mehr heiler Samen-Welt, allein schon der vielen Touristen wegen. Im Interview mit Paulus Kuojok, dem Vorsitzenden des samischen Regionalparlaments "Sameting", klang die Sache dann aber doch etwas anders:
"Hass und Drohungen als Reaktion auf das Urteil richten sich gegen uns als Volk und gegen unsere Rentiere. Wir sind frustriert und enttäuscht. Was denken diese Menschen, die uns hassen und verachten und die unsere Tiere quälen?"
Möglicher Machtkampf in der Samen-Gemeinschaft
Letzteres bezog sich auf Rentiere, die von Unbekannten auch schon vor dem aktuellen Urteil misshandelt worden sind. Vielleicht sogar von anderen Samen? Das ist weder bewiesen, noch ganz auszuschließen. Schwedische Medien berichten nämlich von Samen, die eben nicht Mitglieder der insgesamt 51 Sameby-Gemeinschaften in Schweden sind und die nun um ihre Jagd- und Fischereirechte fürchten; die Angst haben, dass diese Rechte künftig an zahlungskräftigere Interessenten vergeben werden könnten. Das Urteil hat offenbar auch zu internen Spannungen geführt, die aber in keinem Verhältnis zum öffentlichen "Shitstorm" stehen. Auf ihn ging am Nationaltag auch Schwedens stellvertretende Regierungschefin Isabella Lövin ein:
"So froh ich bin, heute hier zu sein, so wütend und aufgebracht bin ich über den Rassismus und die Drohungen und Hassbekundungen, die die Samen nach dem Girjas-Urteil aushalten mussten. Deshalb will ich betonen, dass es unsere Pflicht ist, gemeinsam zu widersprechen, denn Hass und Rassismus haben keinen Platz in unserer Gesellschaft."
Rückhalt vom schwedischen Königshaus
Das war vor 100 Jahren noch anders. Damals waren die Samen ausgegrenzt, ihre Sprache wurde an Schulen nicht gesprochen, ihre Kultur wurde unterdrückt. Viele Schweden schämen sich heute dafür und stellen sich nun mit öffentlichen Solidaritätsbekundungen gegen die Anti-samische Hetze. Allen voran der König! Carl Gustaf war mit Königin Silvia demonstrativ zum Nationaltag in den hohen Norden gereist und er versuchte in Jokkmokk, Wogen zu glätten und gleichzeitig ein klares Zeichen zu setzen:
"Ich finde es spannend und schön, hier zu sein und den Samen Respekt zu erweisen; ihrer Kultur, die wir weitertragen wollen. Das ist mir wichtig."