Freitag, 19. April 2024

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US-Präsidentschaftswahl
Von Storch (AfD) spricht von "Unregelmäßigkeiten"

Beatrix von Storch (AfD) spricht ebenso wie US-Präsident Donald Trump von Unregelmäßigkeiten bei der US-Präsidentschaftswahl, vor allem bei der Auszählung der Briefwahl. Konkrete Hinweise oder Belege konnte sie jedoch nicht nennen.

Beatrix von Storch im Interview mit Christoph Heinemann | 05.11.2020
Die AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch während der Sitzung des deutschen Bundestags in Berlin
Trump sei kein Betriebsunfall, es gebe ungefähr 50 Prozent der Amerikaner, die hinter ihm stünden, sagte Beatrix von Storch (AfD) im Dlf (imago images / Christian Spicker)
Die stellvertretende Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, Beatrix von Storch, teilt die Auffassung von US-Präsident Donald Trump, dass es zu Unregelmäßigkeiten bei der US-Präsidentschaftswahl gekommen sei. "Es ist erstaunlich, wenn plötzlich 100 Prozent aller nachgereichten Briefwahlstimmen bei Biden sind und null bei Trump", sagte von Storch im Deutschlandfunk. Konkrete Hinweise oder Beispiele für eines dieser Vorkommnisse nannte sie nicht, sprach aber von extremen Auffälligkeiten, die überprüft werden müssten: "Wir stellen einfach fest: Hier werden Unregelmäßigkeiten gerügt und wenn Unregelmäßigkeiten gerügt werden, dann werden die überprüft. Und ich glaube, die USA sind ein Rechtsstaat genug, dass dort man das überprüfen kann."
Wahlbeobachter der der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) haben bisher keinerlei Verstöße feststellen können. Donald Trump hatte sich nach Schließung der Wahllokale, aber noch bevor die zahlreich in Anspruch genommene Briefwahl ausgezählt war, zum Sieger erklärt und gefordert, die weitere Auszählung der Briefwahlstimmen zu stoppen.
Trump säht Zweifel an Rechtmäßigkeit am Ablauf der Wahl
Die bereits ausgezählten Ergebnisse für Michigan und Wisconsin zweifelt er an und versucht, gerichtlich eine Neuauszählung zu erwirken. Gleichzeitig sät er Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Wahlprozesses. Die Wahlbeobachter (OSZE) haben US-Präsident Donald Trump dafür bereits gerügt. Unbegründete Vorwürfe systematischer Mängel, wie sie der amtierende Präsident in der Wahlnacht geäußert habe, schadeten dem Vertrauen der Öffentlichkeit in demokratische Institutionen.
Beatrix von Storch sieht in den nach dem Wahltermin eintreffenden Briefwahlzetteln ein weiteres Problem: "Das heißt, es kommen jetzt noch Briefe an, die sind möglicherweise nach der Wahl erst losgeschickt worden, und die werden jetzt noch gezählt." Tatsächlich werden in einigen Bundesstaaten wie etwa North Carolina noch Briefe mitgezählt, die teilweise deutlich nach dem Wahltermin eintreffen – entscheidend ist hier jedoch der Poststempel, der bis einschließlich zum Wahltag liegen darf.
Demonstrant mit "Count all votes"-Plakat am Abend der Präsidentschaftswahl auf der Black Lives Matter Plaza in Washington D.C.
Wo die Wahl jetzt entschieden wird
Donald Trump hat den Wahlsieg schon früh für sich reklamiert, aber auch sein Kontrahent Joe Biden gibt sich siegesgewiss. Noch ist die Wahl nicht entschieden, in mehreren Staaten wird noch ausgezählt. Es drohen gerichtliche Auseinandersetzungen.
Das Interview im Wortlaut:
Christoph Heinemann: Frau von Storch, wie bewerten Sie die Reaktionen des Präsidenten, der auch Hüter der Verfassung ist, angesichts einer möglichen Niederlage?
Beatrix von Storch: Das Prozedere, das wir jetzt sehen, war ja schon angekündigt – auf jeden Fall von einer Seite, nicht von den Wahlforschern, die einen Erdrutschsieg für Biden für möglich gehalten haben. Die haben sich mal wieder schwer geschnitten. Das Ergebnis ist jetzt denkbar knapp und deswegen noch nicht endgültig, und dass das genau überprüft werden würde, das war, glaube ich, vorher angekündigt.
Ich glaube, was wir einfach feststellen und anerkennen müssen ist erstens: Es gibt ein großes Trump-Lager. Alle Wünsche unserer Medienlandschaft, des ganzen Westens, aller veröffentlichten Äußerungen, die wir so bekommen, alle wünschen sich Biden und denken, Trump ist ein Betriebsunfall der Geschichte, er ist irgendwie verrückt und die, die ihn wählen, sind noch verrückter. Und wir stellen fest, das ist nicht nur einmal passiert; das ist jetzt möglicherweise zum zweiten Mal passiert. Auf jeden Fall ist es fifty-fifty. Ich glaube, darauf kann man sich einigen. Deswegen ist er nicht nur ein Betriebsunfall gewesen, sondern es gibt ungefähr 50 Prozent der Amerikaner, die stehen hinter Trump. Das wird weiter bei uns ausgeblendet und für irgendwie irre erklärt, und ich glaube, das ist nicht angemessen, weder den Wählern gegenüber noch dem System gegenüber.
Wahlsieger sollte "am Ende des Wahlabends" feststehen
Heinemann: Frau von Storch, dann blicken wir auf den Amtsinhaber, der sich ja während der Auszählung der Stimmen zum Sieger erklärt hat und jetzt rechtliche Schritte angekündigt hat. Wie bewerten Sie das?
von Storch: Ich glaube, er hat einen Punkt gemacht, und den sollten wir sehr ernst nehmen. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass am Ende des Wahlabends der Wahlsieger feststeht. Das Problem, was sich dort jetzt abzeichnet, ist eines, das ich für Deutschland nicht gerne sehen würde: eine lange Auseinandersetzung mit Blick auf nachträgliche Briefwahlzettel oder Stimmen, die eingehen. Das ist ja auch dort jetzt das Problem. Eine große Anzahl von Briefwahlstimmen, die jetzt immer noch nach dem Wahltag eingehen, und es wird jetzt darüber gestritten, ob die noch gezählt werden dürfen, wenn die keinen richtigen Poststempel haben. Das soll auch zum Teil der Fall sein. Das heißt, es kommen jetzt noch Briefe an, die sind möglicherweise nach der Wahl erst losgeschickt worden, und die werden jetzt noch gezählt.
Das Bild zeigt die amerikanische Flagge, Dossier zur US-Wahl 2020 
Heinemann: Da ist der Poststempel entscheidend. Das muss gewährleistet sein, das ist ganz klar festgelegt.
von Storch: Darüber geht jetzt ein Teil des Streits. Aber das ist jetzt ein amerikanisches Problem. Mit Blick auf Deutschland möchte ich sagen, wir sollten wieder dazu kommen, dass auch wir hier an einem Tag wählen und dass an einem Tag ausgezählt wird. Das ist auch für den Vorlauf der Wahlen relevant in meinen Augen, so dass wir nicht Stimmabgaben schon Wochen vor dem Wahltermin haben.
Heinemann: Was spricht dagegen? Das habe ich nicht verstanden.
von Storch: Weil es sinnvoll ist, dass wir sagen, es gibt einen Tag, an dem wird gewählt, und die Briefwahl sollte die Ausnahme sein und nicht die Regel.
Briefwahl nur in begründeten Fällen
Heinemann: Was ist denn, wenn Menschen verhindert sind, wenn sie behindert sind, wenn sie es einfach nicht leisten können, weil sie arbeiten müssen, Polizeibeamte, Polizeibeamtinnen und so weiter und so weiter?
von Storch: Genau für diese Fälle soll das sein, für begründete Fälle, wo es Gründe gibt, warum man nicht zur Wahl gehen kann. Aber nicht als eine Möglichkeit, sechs Wochen vorher schon zu wählen, weil es irgendwie bequemer ist.
Heinemann: Frau von Storch, schauen wir noch mal in die USA. Ihre Botschaft ist angekommen, Sie möchten die Briefwahl möglichst reduzieren, sagen wir so.
von Storch: Auf die notwendigen Fälle – genau!
Heinemann: Donald Trump hatte ja vor der Wahl angekündigt, dass im Fall einer sich abzeichnenden Niederlage er die Wahl anfechten würde. Entspricht das Ihrer Vorstellung von einem demokratischen Wahlverfahren?
von Storch: Meiner Vorstellung von einem demokratischen Wahlverfahren oder einer Demokratie und einem Rechtsstaat entspricht es, wenn beispielsweise eine freie Meinungsäußerung möglich ist. Was ich gestern Abend auf Twitter gesehen habe, hat mich echt schockiert.
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Trump werde "Wahl nicht anfechten, weil er verliert", sondern wegen Unregelmäßigkeiten
Heinemann: Darf ich kurz noch mal auf meine Frage kommen. Der Präsident, der Hüter der Verfassung sagt vor der Wahl: Wenn ich nicht wiedergewählt werde, wenn ich eine Niederlage erleide, dann werde ich diese Wahl anfechten. Ich frage es noch mal, bitte: Entspricht das Ihrer Vorstellung von einem demokratischen Wahlverfahren?
von Storch: Er sagt nicht, er wird die Wahl anfechten, weil er verliert, sondern er sagt, weil er Unregelmäßigkeiten sieht, die wir alle sehen, und die werden überprüft. Ich glaube, das ist rechtsstaatlich, dass man einen Rechtsweg beschreiten kann, wenn man feststellt, dass Regeln verletzt worden sind. Es geht darum, dass die Regeln eingehalten werden, auch und gerade bei einer Wahl. Das macht eine Demokratie sicher, das macht eine Demokratie aus, dass die Regeln auch bei der demokratischen Grundentscheidung eingehalten werden. Das ist relevant, das ist wirklich wichtig, und ich glaube, das was jetzt gerade passiert ist, dass in großen Flächen, in großen Teilen die Wahlergebnisse angezweifelt werden, weil Wahlhelfer nicht zugelassen werden, weil die Überprüfung nicht möglich ist, weil nachträgliche Stimmen eintreffen, weil Unregelmäßigkeiten da sind, und ich glaube, das ist eine Gefahr für die Demokratie, nicht wenn man hinterher ankommt und sagt, ich werde das überprüfen lassen.
"Uns nicht einmischen in die Verhältnisse vor Ort"
Heinemann: Frau von Storch, wir haben vor einer Stunde in dieser Sendung darüber berichtet, dass auch in den Wahlbüros republikanische Wahlbeobachter tätig sind, eingesetzt sind, Beobachterinnen und Beobachter, genauer gesagt. Verfügen Sie über Informationen über Wahlfälschung? Die OSZE-Beobachter, die dorthin entsandt wurden, haben bisher keinerlei Verstöße feststellen können.
von Storch: Ich glaube, das ist nicht an uns, von hier aus das zu beurteilen. Das beurteilen die, die vor Ort sind und die darüber zu entscheiden haben.
Heinemann: Und die sagen, es ist bisher nichts passiert.
von Storch: Ich glaube, wir sollten uns überlegen, was wir für ein Verhältnis zu den Amerikanern haben wollen, was wir da gestalten wollen, was wir da für relevant halten, und uns nicht einmischen in die Verhältnisse in irgendwelchen Wahllokalen vor Ort. Das ist Klein-Klein.
Heinemann: Teilen Sie denn Herrn Trumps Meinung, dass seine mögliche Niederlage nur mit einer Wahlfälschung zu erklären wäre?
von Storch: Ich teile die Auffassung, dass es erkennbare Unregelmäßigkeiten gibt. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass bestimmte Staaten pro Biden erklärt werden bei Verhältnissen, bei Wahlergebnissen, die lange nicht so klar sind, wie anders herum für Trump. Da werden Wahlergebnisse dann nicht für final erklärt. Es ist erstaunlich, wenn plötzlich 100 Prozent aller nachgereichten Briefwahlstimmen bei Biden sind und null bei Trump. Es gibt Dinge, die sind extrem auffällig, ja, und deswegen finde ich es einem Rechtsstaat angemessen, solche Dinge dann auch ordnungsgemäß überprüfen zu lassen.
Briefwahlstimmen ausschließlich für Biden, nicht für Trump
Heinemann: Wo waren 100 Prozent der Briefwahlstimmen für eine der beiden Seiten?
von Storch: Es gibt in verschiedenen Staaten die Umkehrung, dass in dem Moment, in dem die ordnungsgemäße Auszählung beendet war und die Briefwahlstimmen reinkamen, ausschließlich noch Stimmen zu Biden dazugekommen sind und bei Trump nicht. Das sind jetzt zahllose Einzel-Wahllokale. Das müssen wir uns jetzt nicht angucken. Wir stellen einfach fest: Hier werden Unregelmäßigkeiten gerügt und wenn Unregelmäßigkeiten gerügt werden, dann werden die überprüft. Und ich glaube, die USA sind ein Rechtsstaat genug, dass dort man das überprüfen kann.
Heinemann: Ein Beispiel für 100 Prozent Briefwahlstimmen für eine Seite hatten Sie jetzt nicht genannt.
von Storch: Es gibt sie. Es gibt zig Tausende von Wahllokalen. Das sind viele Nachrichten im Moment, die über den Ticker gehen. Wie gesagt, wir verfolgen das nicht, wir haben das hier nicht eins zu eins. Aber wir stellen fest, dass das republikanische Wahllager diese Dinge ausgemacht hat und dass sie deswegen einen Rechtsweg bestreiten, und ich glaube, wir sollten einfach anerkennen, dass es Rechtswege gibt, die man beschreiten kann, und aufhören, das von hier aus beurteilen zu wollen.
Biden "gar nicht in der Lage, dieses Amt auszufüllen"
Heinemann: Was erwarten Sie von einem Präsidenten Joe Biden, sollte er diese Wahl gewinnen, was wir noch nicht wissen?
von Storch: Von einem Präsidenten Joe Biden würde ich erwarten, dass er in relativ kurzer Zeit durch seine Vize ersetzt wird, weil er gar nicht in der Lage ist, dieses Amt auszufüllen. Er hat es selber an vielen Stellen gesagt. Harris ist zum Teil als Präsidentschaftskandidatin bereits angekündigt worden. Joe Biden hat sich selbst als Running Mate bezeichnet, gelegentlich auch als Senator-Bewerber. Er wusste gar nicht, dass er auf die Präsidentschaft zusteuert, sondern er dachte, er tritt als Senator an. Das heißt, seine physische Verfasstheit ist dermaßen schlecht, oder seine psychische Verfasstheit ist dermaßen schlecht, dass man nicht davon ausgehen kann, dass er lange Präsident sein wird.
Heinemann: Woher wissen Sie, dass er physisch dem Amt nicht gewachsen sein würde?
von Storch: Weil es dafür zahlreiche Videos gegeben hat, wo man ihn hat reden hören, wo man sehen konnte, dass er nicht weiß, worüber er spricht. Man konnte sehen, dass er den Faden verliert, dass er völlig außer Kontext ist. Man konnte sehen, dass er sich an den Namen von Donald Trump nicht erinnern konnte. Er suchte nach dem Namen George, ihm fiel es einfach nicht ein. Es gibt zahlreiche dieser Momente, die natürlich in den deutschen Medien nicht abgebildet worden sind. Aber es gibt sie und da muss man sich das einfach angucken. Wenn Trump einmal so einen Ausfall gehabt hätte, dann würde da hier drei Tage drüber berichtet worden sein. Biden, der sagt, ein armes Kind ist ungefähr so intelligent wie ein weißes Kind, das ist Rassismus pur, was er dort gesagt hat. Ich will nicht sagen, dass er Rassist ist; ich will nur sagen, er weiß einfach nicht, was er sagt.
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