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US-Studierende vor der Wahl
Interessiert, informiert, desillusioniert?

Sie sind eine der am stärksten umworbenen Wählergruppen: die sogenannten Millennials, die zwischen 18 und 35 Jahre alten Wahlberechtigten der USA. Zum demokratischen Kandidaten Bernie Sanders strömten sie zu Tausenden. Der Wahlkampf zwischen Clinton und Trump scheint sie wenig zu begeistern.

Von Kerstin Zilm | 08.10.2016
    College-Absolventen der Hampton-Universität in Virginia winken in Talar und Doktorhut.
    Studierende, wie die College-Absolventen der Hampton-Universität in Virginia, gehören zu einer der am stärksten umworbenen Wählergruppen. (picture alliance / dpa / Mike Theiler)
    Auf dem Campus der University of Southern California - USC - in Los Angeles erklären Studierende ihren Kommilitonen an einem Info-Stand, wie sie sich für die Wahl anmelden können. Alec Vandenberg ist gerade 18 Jahre alt geworden und schon registriert. Er studiert im ersten Semester Politikwissenschaft, war ein enthusiastischer Bernie Sanders Anhänger und engagiert sich nun für Hillary Clinton. Ihn interessiert besonders die Position der Kandidaten zu außenpolitischen Themen:
    "Besonders mit dem Hinblick auf Syrien möchte ich einen gut entwickelten Plan für die Flüchtlingskrise und den Bürgerkrieg sehen. Außerdem ist es die Pflicht von Politikern, für das Wohl ihres Volkes zu sorgen und Klimawandel ist eine unserer größten Bedrohungen angesichts der Geschwindigkeit, mit der er voranschreitet."
    Eine Studentin, die am Stand ihr Wahl-Anmeldeformular ausfüllt nickt. Alicia Hollis studiert Wirtschaftswissenschaft. Sie beschäftigt neben der Lage im Nahen Osten vor allem, wie sie nach dem Studium ihre Schulden abbezahlen kann. Hollis lobt Hillary Clintons Plan, Studien-Schulden zu reduzieren. Die Studentin bleibt aber misstrauisch gegenüber der Demokratin wegen der vernichteten Emails aus ihrer Zeit als Außenministerin. Dem Republikaner Donald Trump wirft die Afroamerikanerin vor, sich erst seit neustem für soziale Gerechtigkeit einzusetzen: "Schwarzer Aktivismus, Unterstützung für die BlackLivesMatter-Bewegung - ich habe dazu von ihm noch nichts Bedeutendes gehört und langsam interessiert es mich nicht mehr, was er zu sagen hat."
    Viele Studierende schlecht informiert
    An der USC gibt es während des Wahlkampfs zahllose Informationsveranstaltungen, Diskussionen und Debatten-Viewing-Parties. Journalismus-Professorin Judy Muller findet es erschreckend, wie schlecht informiert viele Studierende trotzdem noch immer über die Kandidaten und ihre Positionen seien. Einen Teil der Schuld gibt sie den Medien. Die lieferten zu wenig Hintergrund und zu viel Unterhaltung:
    "Die Presse hat ihre Aufgabe nicht erfüllt. Langsam verstehen sie es, dass Trump nicht nur ein Reality-TV-Clown ist sondern regelmäßig lügt und dass die Leute diese Lügen glauben. Studenten informieren sich über Facebook und Twitter und vielen fehlt das kritische Denken, um Quellen und Informationen zu verifizieren. Das ist sehr gefährlich für unsere Demokratie."
    Nach einer Podiumsdiskussion mit Muller sagt Isaac Tahik, er sei bereits sehr gut informiert und deshalb ein überzeugter Trump-Wähler. Aus Sicht des Wirtschaftsstudenten haben die USA unter Obama und Clinton an internationaler Bedeutung und wirtschaftlicher Kraft verloren.
    "Viele Amerikaner machen ihr Geld mit Aktien und finanzielle Stabilität ist wichtig für das Land. Deshalb wäre Donald Trump ein extrem guter Präsident in finanzieller und sozialer Hinsicht. Wir hatten so viele Demokraten, es ist Zeit für etwas anderes", so Tahik.
    Peter Wang widerspricht. Der Elektroingenieurswissenschafts-Student verfolgt den Wahlkampf sehr aufmerksam: "Ich konzentriere mich vor allem auf das Rassismus-Thema, weil das zeigt, wie jemand mit Menschen umgeht. Ein Land zu regieren ist nicht dasselbe wie ein Unternehmen zu leiten. Es geht nicht darum, Geld zu verdienen sondern auch darum, alle gleich zu behandeln."
    Alicia Hollis hat all dem zugehört, weiß aber noch immer nicht, wen sie wählen wird: "Ich muss mich noch besser informieren. Momentan wäre es keine gute Idee, mich zu entscheiden. Hoffentlich weiß ich am Tag der Wahl, wem ich meine Stimme gebe."