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Bundestags-Vize lobt Trump für Einhaltung von Wahlversprechen

Viele seiner ersten Entscheidungen im Amt haben Donald Trump weltweit herbe Kritik eingebracht. Der Bundestags-Vize Johannes Singhammer fand jetzt positive Worte für den US-Präsidenten. Im Deutschlandfunk lobte der CSU-Politiker Trump dafür, dass er seine Wahlversprechen einhalte.

Johannes Singhammer im Gespräch mit Christoph Heinemann | 03.02.2017
    Der Vizepräsident des Deutschen Bundestages Johannes Singhammer (CSU)
    Der Vizepräsident des Deutschen Bundestages Johannes Singhammer (CSU) (picture-alliance / dpa / Sven Hoppe)
    "Trump setzt mit Konsequenz und Geschwindigkeit seine Wahlversprechen Punkt für Punkt um." Mit diesen Worten ließ sich vor einigen Tagen CSU-Chef Horst Seehofer von der "Bild am Sonntag" zitieren. Im Deutschlandfunk nun äußerte der stellvertretende Präsident des Deutschen Bundestags, Johannes Singhammer, ähnlichen Respekt für Trumps Arbeitsstil. "Es ist immer gut in der Politik, wenn man das, was man verspricht, auch umsetzt", sagte der CSU-Politiker. "Es ist kein Anlass, dass man die Politik von Donald Trump mit einem Hang zum Hyperventilieren begleitet." Wichtig sei indes, eigene Positionen einzubringen, diese zu erklären und dann auf eine gute Kooperation hinzuwirken.
    Singhammer fügte hinzu, für Deutschland stünden in den USA die Türen immer offen. Hinsichtlich der von Trump angedrohten Strafzölle in Höhe von 35 Prozent für deutsche Automobil-Hersteller sagte er, er gehe nicht davon aus, dass diese umgesetzt werden. - Der Bundestagsvize war unter anderem zu Beratungen mit dem republikanischen Mehrheitsführer im Kongress, Paul Ryan, zusammengekommen.

    Das Interview in voller Länge:
    Christoph Heinemann: Guten Morgen oder guten Abend.
    Johannes Singhammer: Guten Morgen aus Washington.
    Heinemann: Wie verlief Ihr Treffen mit Herrn Ryan?
    Singhammer: Das war ein sehr offenes Treffen. Wir werden als Deutsche respektiert, die Türen stehen uns offen in Washington. Und ich denke, es zeigt sich auch, dass die Kontakte zwischen den Parlamenten, zwischen dem Deutschen Bundestag und dem Kongress und dem Repräsentantenhaus notwendig sind, vielleicht notwendiger sind denn je und gerade jetzt gepflegt werden müssen.
    Heinemann: Gehen wir in die konkrete Politik. Hält Ryan die NATO für obsolet, so wie Donald Trump?
    Singhammer: Wir haben selbstverständlich über dieses Sicherheitsbündnis gesprochen. Und ich habe dabei eine große Übereinstimmung feststellen können. Die NATO ist die Grundlage unserer Sicherheit und das hat mich auch sehr beruhigt.
    US-Erwartung: von Deutschland zwei Prozent des Brutto-Inlandsprodukts für die Verteidigung
    Heinemann: Was heißt das denn jetzt für die praktische Politik? Man kann ja nicht sagen, mit Donald Trump und Paul Ryan für und gegen die NATO.
    Singhammer: Nein. Ich denke, dass man in Amerika weiß, wie wichtig das Bündnis war, wie es sein wird. Aber auch klar wird, dass man erwartet, eigentlich voraussetzt, dass Deutschland seine Verpflichtungen und Versprechungen, zwei Prozent des Brutto-Inlandsprodukts für die Verteidigung auch zur Verfügung zu stellen, jetzt auch erfüllt. Und zwar nicht nur als ein Versprechen für die ferne Zukunft, sondern mit einem sehr klaren Plan der Realisierung.
    Heinemann: Herr Singhammer, Donald Trumps Berater Peter Navarro wirft Deutschland vor, den Euro-Dollar-Wechselkurs zu drücken, um günstiger exportieren zu können. Haben Sie Ihren Gesprächspartnern erklären können, wie die Europäische Zentralbank funktioniert?
    Singhammer: Ich denke, das ist bekannt, und es ist auch bekannt, dass Deutschland …
    Heinemann: Aber offenbar nicht überall.
    Singhammer: Ja. Dann ist es eben umso wichtiger, miteinander zu sprechen. Denn unser deutsches Interesse, auch das europäische Interesse ist, dass wir fairen Handel, aber auch offene Handelsbeziehungen weiter pflegen, die den Wohlstand sichern. Es gibt dieses Beispiel: Das größte BMW-Werk steht eben nicht in Deutschland, sondern es steht beispielsweise in Spartanburg in den Vereinigten Staaten. Von dort aus wird der größte Teil der Produktion exportiert, aus den Vereinigten Staaten in alle Länder der Welt. Und das zeigt, was tatsächlich Wohlstand schafft und was die Wichtigkeit eines fairen Handels auch ausmacht. Mein Eindruck aus diesem Gespräch mit dem Speaker des Repräsentantenhauses war, dass es keine Strafzölle geben wird von 35 Prozent, die da im Gespräch waren. Sondern dass die amerikanische Seite nach einer Möglichkeit sucht, eine Verbesserung zu erreichen, um vor allem eigene Positionen durchzusetzen, die vor allem darin bestehen, dass man Gewinne, die außer Landes geschafft worden sind, wieder in das eigene Land nach Amerika zurückholen kann.
    Heinemann: Aber es wird ja mit ganz anderen Fakten argumentiert. Wie schätzen Sie das ein, dass der Präsidentenberater Navarro nicht weiß, wie die EZB funktioniert, nicht weiß, dass die Bundesregierung eben nicht mit einer Handbewegung den Euro-Kurs lenken kann? Oder sind Sie zu der Einschätzung gekommen, der Mann argumentiert postfaktisch?
    Singhammer: Nein. Ich glaube, dass es einfach wichtig ist, jetzt auf allen Ebenen das Gespräch zu suchen, nicht irgendwann, nicht in drei Monaten, sondern jetzt, wo die Grundzüge der neuen Politik festgelegt werden, ist es entscheidend wichtig, vor Ort zu sein in Washington. Deshalb, glaube ich, ist es auch richtig, dass der Bundesaußenminister dort ist und auch eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen aus dem Deutschen Bundestag zurzeit Gespräche führen. Ich glaube, es war noch nie so wichtig wie jetzt, vor Ort zu sein.
    "Es ist immer gut in der Politik, wenn man das, was man verspricht, auch umsetzt"
    Heinemann: Haben Sie Donald Trumps Verachtung für die Europäische Union bei Ihren Gesprächen zu spüren bekommen?
    Singhammer: Nein, habe ich nicht. Die Europäische Union - und das habe ich immer wieder angesprochen, aber auch Bestätigung gefunden bei meinen Gesprächspartnern - ist nicht nur eine Union des freien Handels und der Produktion, sondern ist vor allem eine Friedensunion. Sie ist auch und vor allem gegründet worden, um die unablässigen Kriege in Europa über Jahrhunderte hinweg der Vergangenheit angehören zu lassen. Das ist der eigentliche Sinn und Zweck der Europäischen Union, und daran zu erinnern, denke ich, das ist immer wieder auch wichtig.
    Heinemann: Teilen Sie, Herr Singhammer, eigentlich die Freude Ihres Parteichefs und Freundes Seehofer über Donald Trumps Schaffensdrang?
    Singhammer: Ich denke, es ist immer gut in der Politik, wenn man das, was man verspricht, auch umsetzt. Und ich denke, es ist kein Anlass, dass man die Politik von Donald Trump mit einem Hang zum Hyperventilieren begleitet. Sondern wichtig ist, eigene Positionen einzubringen, deutsche Positionen, europäische Positionen einzubringen und zu erklären. Und dann auf eine gute Kooperation hinzuwirken. Dazu ist jetzt genau der richtige Zeitpunkt.
    Heinemann: Wie geht die neue US-Regierung mit der lauten Kritik im eigenen Land um?
    Singhammer: Ich glaube, dass eine durchaus gespannte Atmosphäre in Washington zu spüren ist. Und mein Eindruck ist, dass zum einen eine sehr große Selbstsicherheit bei der Umsetzung der versprochenen Wahlversprechen vorhanden ist, auf der anderen Seite auch zunehmend eine Vorsicht spürbar ist, wie man mit einer starken Kritik umgeht. Und ich denke, dass es einen Prozess des Ausbalancierens derzeit gibt.
    Heinemann: Kritik gibt es auch hierzulande. Die Publizistin Carolin Emcke, die kürzlich mit dem Friedenspreis des deutschen Buchhandels ausgezeichnet wurde, hat in ihrer Kritik an Donald Trump jetzt auch dessen Familie einbezogen und sie hat folgendes getwittert: "Dem kleinen Sohn von Trump möchte man ja gleich eine alternative Pflegefamilie anbieten." Gehören, Herr Singhammer, solche Äußerungen zur politischen Auseinandersetzung?
    Singhammer: Ich wäre da sehr zurückhaltend. Ich denke, aus gutem Grund pflegen wir in Deutschland eine Regel, dass man Familie und die Politik auseinanderhält, das heißt die Familienmitglieder eines Politikers in Ruhe lässt. Und ich denke, das ist auch in Amerika klug und ist auch von deutscher Seite klug. Und ich denke, wir sollten das Gespräch pflegen, aber ich denke, Amerika braucht von uns keine Nachhilfe in der Umsetzung von Demokratie.
    National Prayer Breakfast: Trumps Hinweis, "dass für ihn die Religionsfreiheit eine ganz herausragende Rolle spielt"
    Heinemann: Sie selbst haben heute Donald Trump gesehen. Bei welcher Gelegenheit?
    Singhammer: Es gibt in Amerika diese Institution des National Prayer Breakfast, wo traditionell der amerikanische Präsident auch eine Rede hält vor den Mitgliedern des Kongresses, also dem Senatoren- und dem Repräsentantenhaus und internationalen Delegationen. Er hat hier eine sehr deutliche Sprache gewählt, eine deutliche Sprache allerdings, die nicht gespalten hat, sondern er hat sich in die Tradition seiner Vorgänger gestellt, die allesamt keines dieser Frühstücke ausgelassen haben. Und er hat auf die Verantwortung der Politik hingewiesen, insbesondere auch die Verantwortung vor Gott, und dass für ihn die Religionsfreiheit eine ganz herausragende Rolle spielt.
    Heinemann: Johannes Singhammer, der Vizepräsident des Deutschen Bundestages, CSU-Politiker, heute Morgen im Deutschlandfunk direkt aus Washington. Danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören!
    Singhammer: Danke auch.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.