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USA
Flügelstreit bei den Republikanern

Die US-Republikaner stecken in einer veritablen Führungskrise. Wenige Monate vor den Zwischenwahlen ist der Flügelstreit mit der rechtspopulistischen Tea-Party-Bewegung wieder offen ausgebrochen.

Von Marcus Pindur | 21.06.2014
    Ein Porträtbild des republikanischen Mehrheitsführers Eric Cantor
    Der republikanische Mehrheitsführer Eric Cantor musste eine empfindliche Niederlage bei den Vorwahlen hinnehmen. (picture alliance / dpa / Michael Reynolds)
    Er galt als der Goldjunge unter den Republikanern. Eric Cantor war eigentlich alles gelungen in den letzten 13 Jahren. Recht schnell stieg er in die Führung der Republikaner im Repräsentantenhaus auf. Er galt lange als Favorit der Tea Party, der aber auch gut im klassisch-konservativen und wirtschaftsnahen Flügel der Republikaner vernetzt war.
    Alles schien darauf hinauszulaufen, dass der telegene 51-Jährige bald John Boehner beerben würde, den Sprecher des Hauses. Nach dem Präsidenten das mächtigste Amt der amerikanischen Demokratie. Doch dann kam der Sturz.
    Eric Cantors Niederlage
    Cantor verlor seine Vorwahl in seinem Wahlkreis in Virginia gegen einen bis dahin völlig unbekannten Kandidaten der Tea Party. Dieser hatte Cantor als kompromissbereit, korrumpiert, und nicht genügend konservativ gegeißelt. Cantors Verhältnis zur Tea Party war abgekühlt, nachdem er sich für die Beendigung des government shutdown im Rahmen der Haushaltsauseinandersetzungen vor neun Monaten eingesetzt hatte. Auch seine in Ansätzen kompromissbereite Haltung zu einer möglichen Reform der Einwanderungsgesetze wurde von der konservativen Basis nicht gerne gesehen. Lokale Faktoren kamen noch hinzu, Cantor hatte sich offensichtlich nicht genug um seinen Wahlkreis gekümmert, was er nach der Wahl umso heftiger bestritt.
    Die Abwahl des konservativsten Mitglieds der republikanischen Führung sandte Schockwellen durch die gesamte republikanische Fraktion. Wenn Cantor nicht vor der Tea Party sicher sei, dann sei es niemand, hieß es auf den Gängen des Kapitols.
    Damit ist ein neuer Höhepunkt im politischen Bürgerkrieg innerhalb der Republikaner erreicht. Bis zu Cantors Niederlage hatte die Tea Party eine ganze Reihe von Vorwahlen verloren, ihre Macht schien gebrochen. Jetzt hat sie ihr Mobilisierungspotenzial erneut unter Beweis gestellt.
    Nur mit Geld kann keine Wahl gewonnen werden
    Die Vorwahl in Virginia zeigt, dass Geld zwar wichtig ist, aber alleine keine Wahlen gewinnt. Cantor hatte fünf Millionen Dollar ausgegeben, sein Tea-Party-Gegner, der College Professor David Brat, hatte insgesamt wenig mehr als 100.000 Dollar zur Verfügung.
    Der konservative Publizist Bill Kristol meint, dass die Tea Party nicht in einem traditionellen rechts-links Schema zu verstehen ist, sondern als populistische, anti-elitäre Bewegung.
    "Die Leute wollten eine Botschaft nach Washington schicken. Diese Botschaft richtet sich gegen das wirtschaftliche Establishment, gegen Lobbyisten, gegen eine als übermächtig empfundene Bundesregierung, aber auch gegen die Wallstreet. Wenn die Republikaner diese populistische Wut in eine positive politische Agenda umwandeln können, dann sind sie auf einem guten Weg."
    Dass diese Umwandlung möglich ist, kann mit Fug und Recht bezweifelt werden. Denn an genau diesem Spagat ist Cantor gescheitert: zuhause rhetorisch die Radikalen zu bedienen, und in Washington die Politik der Republikaner auf ein halbwegs politikfähiges Maß zu bringen, sprich: Kompromisse mit dem politischen Gegner einzugehen.
    Neuer Fraktionschef der Republikaner: Kevin McCarthy
    Genau dies steht nun dem Nachfolger Cantors bevor. Der 49-jährige Kalifornier Kevin McCarthy setzte sich am Donnerstag bei der Wahl des Fraktionschefs der Republikaner gegen einen Kandidaten der Tea Party durch.
    Der republikanischen Führung im Kongress steht vor der Zwischenwahl im November noch eine harte Auseinandersetzung bevor: Ein weiteres Mal muss der Haushalt um ein Jahr verlängert werden. Und es ist nicht klar, ob der Sprecher des Hauses, John Boehner dabei erneut auf die Hilfe der Minderheitsfraktion, der Demokraten zählen muss.
    Das würde von der Tea Party Basis wieder einmal als Verrat heiliger politischer Prinzipien und Einknicken vor dem politischen Gegner interpretiert. Nach der Wahl werden die Führungspositionen bei den Republikanern turnusgemäß neu besetzt.
    Tea Party wetzt die Messer
    Die Tea Party wetzt bereits jetzt die Messer. Einer ihrer Abgeordneten, der extremkonservative John Fleming aus Louisiana, hatte für Kevin McCarthy gestimmt. Doch das hielt ihn nicht davon ab, noch am gleichen Abend zu erklären: McCarthy sei nur eine Übergangslösung, für ein oder zwei Jahre. Nach und nach werde man die ganze republikanische Führung mit weit konservativeren Kandidaten besetzen.
    Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr. Der Bürgerkrieg in der republikanischen Partei ist noch lange nicht vorüber.