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Los Angeles macht sich erdbebensicher

Rund 1.500 Betongebäude würden in Los Angeles einem Beben nicht standhalten. Die Stadt will mit einem Gesetz Bürger dazu zwingen, ihre Häuser nachzurüsten, doch nicht jeder ist davon begeistert. Hohen Zulauf hingegen haben Läden, die sich auf die Notversorgung während eines Bebens spezialisiert haben.

16.05.2015
    Downtown Los Angeles unter einer dichten Wolkendecke.
    Das letzte Erdbeben hat Los Angeles vor 20 Jahren heimgesucht (AFP / Gabriel Bouys)
    Sie haben die Form von gemütlichen Bierfässern, die dicken blauen Tonnen im Schaufenster von "Safe 'n' Ready". Aber gemütlich ist nichts an ihnen – sie sollen das Überleben sichern, wenn es soweit ist und Kalifornien von "The Big One" heimgesucht wird, dem großen Erdbeben. Die großen Fässer, in die gut 210 Liter passen, sind der Verkaufsschlager bei Bud Darling, der den Laden führt, dessen Name so viel wie "Sicher und bereit" bedeutet.
    "An dieser Wand hier haben wir eine Reihe von vorgefertigten Paketen. Abhängig von der Zahl der Personen in verschiedenen Größen. Es gibt eine Standard - und eine Luxus-Ausführung, außerdem ein Paket für zu Hause und eins für unterwegs. Das für unterwegs enthält zum Beispiel ein Zelt, die Luxus-Version außerdem noch Ponchos, und das für Zuhause ein Brecheisen, um verklemmte Türen aufzustemmen. Das alles ist in einen 20-Liter-Eimer gepackt, mit Toilettensitz - damit haben Sie auch noch eine gute sanitäre Versorgung."
    Das Geschäft mit dem Erdbeben
    Es ist makaber: aber Erdbeben in der ganzen Welt sind die beste Werbung für Geschäfte wie Safe 'n' Ready, dann erinnern sich die Kalifornier daran, dass sie auf sehr unruhigem und potenziell tödlichem Grund leben. Wie Adern durchziehen die Erdspalten, die sogenannten Bruchfugen, das Gebiet rund um Los Angeles. Wer in der Millionenmetropole lebt, ist sie gewohnt: Kleine Rüttler, Sekundenbruchteile, die einen immer mal wieder daran erinnern: Der Boden unter dieser Stadt ist aktiv.
    2014 zog die Erdbebenforscherin Lucy Jones für zwölf Monate in ein kleines, fensterloses Büro im Bürgermeisteramt von Los Angeles. Mit anderen Experten erstellte sie eine Problemliste für die Stadt. Ihr Fazit: Los Angeles ist auf den Katastrophenfall nicht gut vorbereitet.
    "Feuer sind ein riesiges Problem – wir werden wahrscheinlich auch eine große Wasserknappheit erleben – und ein weiteres Problem: Energie! Strom wiederzubekommen wird eine riesige Aufgabe für uns."
    Aufmerksam verfolgt die Geologin die Geschehnisse in Nepal. Sie sagt, in Los Angeles sei man in genau der gleichen Position, wenn auch die sozialökonomischen Standards unterschiedlich sind:
    Gleitpendellager gegen Gebäudeeinsturz
    Für den Bürgermeister der Stadt, Eric Garcetti, hat eine bessere Vorbereitung auf den Ernstfall oberste Priorität. Viele Gebäude wurden inzwischen nachgerüstet. Allein der Sitz der Stadtverwaltung, ein knapp 140 Meter hohes Gebäude wurde für rund 130 Millionen Dollar erdbebensicher gemacht. Dabei wurden beispielsweise Gleitpendellager genutzt- bei dieser Technik liegen die Pfeiler des Gebäudes in Schalen und können so Stöße abfangen. Ein weiteres Problem: Die Hälfte aller Mobilfunkmasten in Los Angeles stehen auf Gebäuden, älteren Gebäuden. Deshalb beschloss das Stadtparlament gerade, Telefonmasten erdbebenresistenter zu machen.
    Nach Schätzungen der Experten würden rund 1500 Betongebäude einem schweren Beben nicht standhalten. Bürgermeister Garcetti will mit einem Gesetz nachhelfen, das Besitzer zur Nachrüstung zwingt. Doch das scheitert bislang an der Frage der Finanzierung. Eine Idee: Die Mieter sollen einen Teil der Kosten tragen: maximal 75 Dollar pro Monat, so Garcetti:
    Bei dieser Mieterin trifft dieser Vorschlag auf taube Ohren:
    "Ich halte das nicht für richtig."
    Und so bleibt einigen Angelinos vorerst nichts weiter übrig, als sich selbst so gut wie möglich vorzubereiten auf den Tag, den niemand erleben will. Ray Akerman hat sich schon vor langer Zeit ausgestattet: Er hat Lebensmittel und Wasser zu Hause. Jetzt ist er bei Safe 'n'Ready, um die Dinge nachzukaufen, deren Haltbarkeit zu Ende geht.
    "Wir leben hier im Erdbebengebiet, und wir müssen vorbereitet sein. Wir wissen nicht, wann das nächste Beben kommt, aber es kommt. Erdbeben kommen in Wellen, und das letzte große war vor zwanzig Jahren. Es steht also wieder eins aus - und deshalb bereiten sich alle vor."