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Schwarze Sportler, weißer Rassismus

Auch wenn in Sportarten wie Football oder Basketball schwarze Amerikaner dominieren, gibt es den alltäglichen Rassismus immer noch. Der aktuelle Fall in der NBA mit den Äußerungen von Team-Besitzer Donald Sterling zeigt, dass unter der Oberfläche noch viele Vorurteile weiterleben. Dabei waren und sind schwarze Athleten wichtig für den gesellschaftlichen Fortschritt.

Von Jürgen Kalwa | 01.05.2014
    Demonstranten vor dem Staples Center in Los Angeles tragen Schilder, um gegen den Besitzer der LA Clippers, Donald Sterling, und dessen rassistische Aussagen zu protestieren.
    Demonstranten vor dem Staples Center in Los Angeles tragen Schilder, um gegen den Besitzer der LA Clippers, Donald Sterling, und dessen rassistische Aussagen zu protestieren. (DPA / EPA / Paul Buck)
    Der erste dunkelhäutige amerikanische Athlet von Rang war ein Boxer. Jack Johnson, geboren 1873 an der texanischen Küste. Er wurde 1908 der erste schwarze Weltmeister im Schwergewicht und verteidigte diesen Titel mehrfach.
    Die Kämpfe waren spektakulär. Wie dieser am 4. Juli 1910 in Reno/Nevada, der von Kameras festgehalten wurde. Tausende von Zuschauern waren damals mit dem Zug angereist. Gegner Jim Jeffries war ihre "große weiße Hoffnung". Amerikas Hoffnung gegen, wie es in einer Chicagoer Zeitung hieß, die "Schwarze Gefahr". Eine Gefahr selbst aus Sicht des FBI, das Johnson jahrzehntelang observierte. Sein vermeintliches Vergehen: Er zeigte sich gerne mit ständig wechselnden Partnerinnen. Die meisten Frauen waren weiß.
    Seitdem hat sich einiges verändert. Im Sport, aber auch durch den Sport. Zu den Meilensteinen gehören nicht nur die Siege von Jesse Owens 1936 im Berliner Olympiastadion vor den Augen von Adolf Hitler und der KO von Joe Louis gegen Max Schmeling, den Repräsentanten der Nazi-Ideologie, im Juni 1938 in New York.
    Die amerikanische Radio-Reportage beschreibt den entscheidenden Moment:
    "...and Schmeling is down. The count is five, five, six, seven, eight, the men are in the ring. The fight is over. On a technical knockout. Max Schmeling is beaten in one round.
    Dem Druck standhalten
    Ein wichtiges Verdienst hatten nach dem Krieg Männer wie Jackie Robinson, der in der bis dahin rein weißen Baseball-Liga einen Vertrag bekam. Obwohl sie als Profis immer wieder offene Diskriminierung und Hass erlebten, hielten diese Athleten dem Druck stand. Auf eine leise Art.
    Doch das war der nächsten Generation nicht genug. Bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexico City reckten zwei schwarze Medaillengewinner auf dem Siegerpodest die Faust in die Höhe und wurden für die Black-Power-Geste prompt nach Hause geschickt. Und ähnlich erging es dem Boxer Muhammad Ali, der sich weigerte, Soldat zu werden. "Ich habe keinen Streit mit dem Vietcong", sagte er.
    "Sie haben mich nicht einen Nigger genannt. Sie haben mich nicht gelyncht. Sie haben mich nicht ausgeraubt und meine Mutter vergewaltigt und meinen Vater umgebracht. Warum werft ihr mich nicht einfach ins Gefängnis?"
    Nicht nur ächtete ihn das Sport-Establishment und entzog ihm den WM-Titel und die Boxlizenz. Er wäre tatsächlich beinahe im Gefängnis gelandet, wenn der Oberste Gerichtshof nicht 1971 das Urteil zu fünf Jahren Haft aus formaljuristischen Gründen aufgehoben hätte.
    Soziale Schranken
    So offen und ohne Visier geht das weiße Amerika heute nicht mehr gegen schwarze Sportler vor. Was auch schwieriger geworden ist, wenn in Ligen wie der NFL oder der NBA die überwiegende Mehrheit der Spieler dunkelhäutig ist und immer mehr Schwarze als Trainer Verantwortung übernehmen. Dennoch, so sagt der Historiker Charles Ross, der die Abteilung für afroamerikanische Studien an der University of Mississippi leitet, im Gespräch mit dem Deutschlandfunk.
    "Es gibt selbstverständlich noch immer Menschen mit starken Vorurteilen. Und es gibt einen institutionellen Rassismus, ausgeübt von so mächtigen Leuten wie Herrn Sterling. Aber wir sind in den letzten fünfzig, sechzig Jahren ziemlich weit gekommen. Wir haben einen afroamerikanischen Präsidenten. Wir haben viele soziale Schranken durchbrochen. Aber wir haben immer noch viel zu tun."
    Ross hatte vor einigen Jahren ein Buch mit dem Titel "Outside the Lines" über die Rassenintegration in der National Football League geschrieben. Dort sind zwei Drittel der Spieler Afroamerikaner. Er begrüßte, wie NBA-Commissioner Adam Silver am Dienstag seine Strafaktion gegen den Eigentümer der Los Angeles Clippers vertrat. Und das nicht nur mit Blick auf die Spieler, die bereits über einen Boykott von Play-off-Begegnungen diskutiert hatten.
    "Wenn jemand in der Lage ist, solche Strafen für Rassismus zu verhängen, und das auch tut, das ist eine sehr, sehr deutliche Botschaft an alle."
    Eine Botschaft allerdings, die deutlich macht, dass Rassismus im amerikanischen Sport noch immer nicht verschwunden ist.