Es ist eine Versuchsanordnung, und sie stellt die alte Frage: Was wäre wenn? Was wäre, wenn man sein Leben noch einmal leben könnte? Was würde man ändern? Hier sind es 13 Figuren, die nach einer Katastrophe von den Göttern eines imaginären Griechenland wieder erweckt werden und diese utopische Chance erhalten. Und sie nehmen sich dazu Hölderlin, seine Philosophie, als quasi Kompass. Ruzicka:
"In dieser utopischen Vision eines befreiten Lebens, eines Lebens jenseits der Beschädigung des Alltags und mit den Möglichkeiten, die Hölderlin in seinem Werk thematisiert, des Eins-Seins mit der Natur, der Selbstfindung - in dieser Perspektive bleibt diese Utopie. Und der offene Schluss gibt das Heft des Geschehens an den Zuschauer zurück."
"Hölderlin. Eine Expedition" nennen Peter Ruzicka und Peter Mussbach ihre nach "Celan" zweite gemeinsame Arbeit. In seinem Libretto mischt Mussbach eigene Texte, Realien wie die Geschichte jenes Mädchens, das die Eltern haben verhungern lassen, mit Texten von Hölderlin. Hölderlin und seine Kunstfigur Empedokles durchwandern und durchleiden eine ihrer Spiritualität verlustig gegangene Welt bis ins Außerirdische.
Die Musik Peter Ruzickas grundiert das mit "Als-ob-Zitaten", die Romantik assoziieren sollen. Bestimmte "Module" kehren immer wieder: Eine Art "Tristan"-Musik, ein Mahlerscher Trauermarsch oder lang gezogene Streicher-Unisoni. "Ferne Choräle" der Erinnerung sind das, immer wieder aufgerissen durch harte Orchesterschläge.
Mussbach sollte und wollte das ursprünglich auch selbst inszenieren. Die Überlegungen, die er dafür angestellt hatte, reichten, wie bei einem Regisseur wie ihm nicht anders zu erwarten, auch schon über das eigene Libretto hinaus. Nach Mussbachs "Freistellung" von der Staatsopern-Intendanz im Frühjahr wurde Torsten Fischer mit der Uraufführungs-Inszenierung betraut.
Fischer seinerseits fügte kleine Erweiterungen ein, derentwegen Mussbach dann zunächst eine Aufführung verhindern wollte. Nun behält er sich eine Klage vor. Die Staatsoper kennzeichnet die Aufführung als "Berliner Fassung". Regisseur Fischer:
"Ich habe auf Wunsch von Herrn Ruzicka [mit dem Dramaturgen der Staatsoper, der auch der von Herrn Mussbach war] an den Stellen, die Herr Mussbach ausgesucht hat, recherchiert. Und wir meinten, teilweise insgesamt drei Sätze von Hölderlin öffnen zu müssen. Und um diese drei Sätze habe ich in meiner Interpretation dieses Werkes versucht, das Libretto zu ergänzen."
Im Bühnenbild von Herbert Schäfer entfacht Fischer eine der Hermetik und Innerlichkeit Hölderlins eher entgegengesetzte Turbulenz. Die in Zylindern gekleideten Götter fischen anfangs aus einem fast bühnenfüllenden Pfuhl die Menschen, die sie wiederbeleben. Der zweite Akt ist ein Gang durchs beschädigte Leben zwischen Hochhaus-Silo und Pflegeheim. Die in dem Pfuhl als Plattform ausgelegten Gitterroste werden im dritten Akt zu Barrikaden gegen eine Diktatur. Am Ende ist das "geschmolzene Eis" eine Art Lethe-Fluss des Vergessens, durch den hindurch Hölderlin den Menschen den Weg weist. "Leben ist Tod, und Tod ist auch ein Leben", wie es im Zitat heißt.
Über die Schwächen des textlastigen Buchs und der meist nur sphärischen Musik kann das nicht hinwegtäuschen. Der zweistündige Abend wirkt langatmig, flüchtet sich in Äußerlichkeiten, hat durch die vielen von Schauspielern gesprochenen Hölderlin-Zitate auch mehr was von Melodram und Vorlesestunde denn Musiktheater.
Durch Ruzickas eigenes Dirigat bekam er musikalisch gleichwohl Authentizität. Dietrich Henschel ist als "Mann 1" ein höchst präsenter Hölderlin, vom Publikum am meisten applaudiert. Mussbach selbst zeigte sich nicht. Die Prügel durfte der Regisseur einstecken.
"In dieser utopischen Vision eines befreiten Lebens, eines Lebens jenseits der Beschädigung des Alltags und mit den Möglichkeiten, die Hölderlin in seinem Werk thematisiert, des Eins-Seins mit der Natur, der Selbstfindung - in dieser Perspektive bleibt diese Utopie. Und der offene Schluss gibt das Heft des Geschehens an den Zuschauer zurück."
"Hölderlin. Eine Expedition" nennen Peter Ruzicka und Peter Mussbach ihre nach "Celan" zweite gemeinsame Arbeit. In seinem Libretto mischt Mussbach eigene Texte, Realien wie die Geschichte jenes Mädchens, das die Eltern haben verhungern lassen, mit Texten von Hölderlin. Hölderlin und seine Kunstfigur Empedokles durchwandern und durchleiden eine ihrer Spiritualität verlustig gegangene Welt bis ins Außerirdische.
Die Musik Peter Ruzickas grundiert das mit "Als-ob-Zitaten", die Romantik assoziieren sollen. Bestimmte "Module" kehren immer wieder: Eine Art "Tristan"-Musik, ein Mahlerscher Trauermarsch oder lang gezogene Streicher-Unisoni. "Ferne Choräle" der Erinnerung sind das, immer wieder aufgerissen durch harte Orchesterschläge.
Mussbach sollte und wollte das ursprünglich auch selbst inszenieren. Die Überlegungen, die er dafür angestellt hatte, reichten, wie bei einem Regisseur wie ihm nicht anders zu erwarten, auch schon über das eigene Libretto hinaus. Nach Mussbachs "Freistellung" von der Staatsopern-Intendanz im Frühjahr wurde Torsten Fischer mit der Uraufführungs-Inszenierung betraut.
Fischer seinerseits fügte kleine Erweiterungen ein, derentwegen Mussbach dann zunächst eine Aufführung verhindern wollte. Nun behält er sich eine Klage vor. Die Staatsoper kennzeichnet die Aufführung als "Berliner Fassung". Regisseur Fischer:
"Ich habe auf Wunsch von Herrn Ruzicka [mit dem Dramaturgen der Staatsoper, der auch der von Herrn Mussbach war] an den Stellen, die Herr Mussbach ausgesucht hat, recherchiert. Und wir meinten, teilweise insgesamt drei Sätze von Hölderlin öffnen zu müssen. Und um diese drei Sätze habe ich in meiner Interpretation dieses Werkes versucht, das Libretto zu ergänzen."
Im Bühnenbild von Herbert Schäfer entfacht Fischer eine der Hermetik und Innerlichkeit Hölderlins eher entgegengesetzte Turbulenz. Die in Zylindern gekleideten Götter fischen anfangs aus einem fast bühnenfüllenden Pfuhl die Menschen, die sie wiederbeleben. Der zweite Akt ist ein Gang durchs beschädigte Leben zwischen Hochhaus-Silo und Pflegeheim. Die in dem Pfuhl als Plattform ausgelegten Gitterroste werden im dritten Akt zu Barrikaden gegen eine Diktatur. Am Ende ist das "geschmolzene Eis" eine Art Lethe-Fluss des Vergessens, durch den hindurch Hölderlin den Menschen den Weg weist. "Leben ist Tod, und Tod ist auch ein Leben", wie es im Zitat heißt.
Über die Schwächen des textlastigen Buchs und der meist nur sphärischen Musik kann das nicht hinwegtäuschen. Der zweistündige Abend wirkt langatmig, flüchtet sich in Äußerlichkeiten, hat durch die vielen von Schauspielern gesprochenen Hölderlin-Zitate auch mehr was von Melodram und Vorlesestunde denn Musiktheater.
Durch Ruzickas eigenes Dirigat bekam er musikalisch gleichwohl Authentizität. Dietrich Henschel ist als "Mann 1" ein höchst präsenter Hölderlin, vom Publikum am meisten applaudiert. Mussbach selbst zeigte sich nicht. Die Prügel durfte der Regisseur einstecken.