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UV-Strahlung schützt vor Vitamin-D-Mangel

Rachitis, eine Art Knochenerweichung, galt lange Jahre als eine Krankheit von Kindern aus armen Elternhäusern, die nie an die Sonne kamen und schlecht ernährt wurden. Seit der Wirtschaftswunderzeit spielt sie in Deutschland und auch in den USA keine große Rolle mehr. Es gibt genug Fisch in den Lebensmittelläden und die Kinder haben Zeit, draußen zu spielen, in der Sonne, die in ihrer Haut reichlich Vitamin D bildet. Trotzdem ist der Vitamin D Mangel erneut ein Problem, wie Forscher auf der Trippel AS der Jahrestagung der amerikanischen Akademie der Wissenschaften erläuterten.

Volkart Wildermuth | 19.02.2002
    Kaum ein junger Arzt kennt die Rachitis noch aus eigener Anschauung. Dabei ist der Vitamin D Mangel noch immer verbreitet, allerdings nicht mehr unter Kindern sondern unter Erwachsenen, denn die kommen kaum noch in die Sonne, erklärt Prof. Michael Holick von der Boston University.

    Der Vitamin D Mangel ist eine wichtige unbemerkte Epidemie in der erwachsenen Bevölkerung. Man schätzt, dass in Boston zwischen 40 und 50 Prozent der älteren Bevölkerung an einem Vitamin D Mangel leidet. Die Ärzte und Studenten an unserem Krankenhaus sehen im Winter praktisch nie das Tageslicht. Am Ende des Winters haben wir nachgemessen und festgestellt, dass 37 Prozent von Ihnen zuwenig Vitamin D im Blut hatten.

    Und das hat Konsequenzen meint der Vitamin D-Experte. Die Werte sind zwar nicht so niedrig, dass Schäden an den Knochen zu erwarten wären. Das Vitamin beeinflusst aber auch andere Organe, vom Gehirn über den Verdauungstrakt bis hin zu den Geschlechtsorganen. Es gibt Hinweise, dass Vitamin D beim Menschen das Wachstum von Krebszellen bremsen kann. Dr. William Grant hat sich im Detail angesehen, wie sich die verschiedenen Tumorarten über die USA verteilen und ein starkes Nord-Südgefälle beobachtet. Im nördlichen Boston sind Brustkrebs, Darmkrebs oder Prostatakrebs häufiger als etwa im südlichen New Orelans. Faktoren wie die Ernährung können dieses Muster nicht erklären. William Grant hat deshalb die Krebsstatistik mit einer Satelitenkarte der USA verglichen, auf der die Sonnenstrahlung verzeichnet ist. Und da findet sich eine starke Übereinstimmung.

    Für den Zeitraum von 1970 bis 1994 ergibt sich, dass ein Mangel an UV-B Strahlung oder ein Mangel an Vitamin D jedes Jahr für 23.600 vorzeitige Todesfälle in den USA verantwortlich war. Und heutzutage mit der höheren Krebshäufigkeit sind es wohl an die 30.000 die an Krebs starben, weil sie nicht genug Sonne oder Vitamin D bekommen haben.

    Vitamin B wird durch den UV-Anteil des Sonnenlichts in der Haut gebildet besonders durch das UV-B. Diese harte Strahlung ist allerdings die wichtigste Ursache für den Hautkrebs. Deshalb wird schon lange vor dem Sonnenbrand und übertriebener Urlaubsbräune gewarnt. Sich der Sonne aber gar nicht auszusetzen ist aber auch nicht gesund. Es kommt auf die Richtige Balance an. Das zeigt sich unter anderem an der Verteilung der Hautfarben auf dem Globus. In Afrika, der Wiege des Menschen schützen dunkle Hautpigmente vor der harten UV-Strahlung. Je weiter nördlich sich die Frühmenschen aber ausbreiteten, desto heller wurde ihre Haut, damit sie noch genug Vitamin D bilden konnten. Ganz hohen Breitengrade konnten sogar erst besiedelt werden, als eine zusätzliche Vitamin D-Quelle erschlossen wurde, der Fischfang mir Harpune, Netz und Angel, meint Dr. Nina Jablonski von der Kalifornischen Akademie der Wissenschaften. Wanderte ein Volk dann wieder langsam Richtung Äquator wurde seine Haut im Lauf der Jahrhunderte dunkler um dem Hautkrebs vorzubeugen.

    Heutzutage reisen die Menschen aus den Gebieten weg, in denen ihre Ahnen lebten und an die sie angepasst waren. Und das führt zu massiven Gesundheitsproblemen. Gruppen, die ursprünglich am Äquator wohnten, in Afrika, Indien oder Sri Lanka, entwickeln häufig einen Vitamin D Mangel wenn sie in höhere Breitengrad ziehen. Auf eine Art zahlen wir den Preis dafür, dass wie in den letzten Jahrhunderten so mobil geworden sind.

    Die Rachitis ist zwar noch nicht wieder auferstanden, doch die Häufigkeit bestimmter Krebsarten steigt auch wegen des Vitamin D Mangels an. Dabei ist Vorbeugung einmal nicht mit Verzicht verbunden, im Gegenteil. Einfach in Frühjahr, Sommer und Herbst Sonne tanken, dann bildet die Haut soviel Vitamin D, dass der Vorrat, im Fettgewebe gespeichert, auch über den Winter reicht, rät Michael Holick.

    Die Menschen entstanden und entwickelten sich im Licht der Sonne und Sonnenlicht ist wahrscheinlich entscheidend für eine gute Gesundheit. Es kommt auf das richtige Maß an, sicherlich soll sich niemand verbrennen, aber der ganz alltägliche Kontakt mit Sonnenlicht, der weg zum Auto, ein Spaziergang am Nachmittag führt schon zur Bildung von Vitamin D in der Haut.