Freitag, 29. März 2024

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Vegane und vegetarische Lebensmittel
Vom Ende der Salami-Taktik

Laut neuer Leitsätze der deutschen Lebensmittelbuch-Kommission müssen einige vegetarische und vegane Produkte bald umbenannt werden. Dies solle Irreführung vermeiden, sagte Sieglinde Stähle vom Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde im Dlf. Demnach darf "vegane Currywurst" bleiben - "vegetarische Salami" aber nicht.

Sieglinde Stähle im Gespräch mit Susanne Kuhlmann | 24.12.2018
    Verschiedene Vegane- und vegetarische Wurstersatzprodukte liegen nebeneinander
    Vegetarische Salami soll als Bezeichnung für ein "dem Typ einer Salami entsprechendes", vegetarisches Produkt so nicht mehr möglich sein, so Sieglinde Stähle vom Bund für Lebensmittelrecht und -kunde (imago stock&people / epd / Heike Lyding)
    Susanne Kuhlmann: Dass Vegetarier und Veganer Produkte kaufen, die aussehen wie Fleisch- und Wurstwaren, mutet vielleicht seltsam an. Vegane Currywurst oder vegetarische Salami, dürfen die so heißen? Ja und nein, meint die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission. Sie hat gerade neue Leitsätze veröffentlicht – Leitsätze für vegane und vegetarische Lebensmittel mit Ähnlichkeit zu Lebensmitteln tierischen Ursprungs. Lange Namen, so viel sei vorab gesagt, werden künftig die Regel für solche Produkte.
    Eine Herausforderung für Hersteller, heißt es beim Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde, BLL, dem Spitzenverband der Lebensmittelwirtschaft. Dr. Sieglinde Stähle ist dort wissenschaftliche Leiterin, und ich habe sie vor dieser Sendung gefragt, ob es in Zukunft noch vegetarische Salami und vegane Currywurst geben wird.
    Sieglinde Stähle: Die Produkte, die am Markt sind und dem Verbraucher vertraut sind, die wird es auch noch genauso geben, nur die heißen, das wird sich etwas ändern. Also vegetarische Salami soll als Bezeichnung so nicht mehr möglich sein, sondern es ist der Hinweis erforderlich, dass es um ein vegetarisches Erzeugnis sich handelt, das dem Typ einer Salami entspricht.
    Salami - nein, Wurst - ja
    Kuhlmann: Und wie ist das mit der veganen Currywurst?
    Stähle: Ja, die Currywurst ist ja keine spezifische Bezeichnung für ein Fleischerzeugnis, und deshalb kann die vegane Currywurst weiterhin so bezeichnet werden. Wurst ist ein allgemeiner, eher ein Oberbegriff für eine bestimmte Kategorie von Fleischerzeugnissen, aber kein spezifisches Fleischerzeugnis, deshalb hat die Lebensmittelbuch-Kommission hier differenziert.
    Kuhlmann: Schinken oder Schnitzel, also Namen für ganz konkrete Teile vom Tier, sind künftig tabu für vegane und vegetarische Lebensmittel. Bei den anderen Bezeichnungen haben Sie gerade schon gesagt, da kommt es ein bisschen darauf an, worum es sich handelt. Wie sieht das zum Beispiel aus bei Wurstwaren, die da heißen Streichwurst oder Bratwurst?
    Stähle: Streichwurst, Bratwurst ist analog der Currywurst beschrieben jetzt in den Leitsätzen, also diese Begriffe sind möglich. Allerdings ist nach den Leitsätzen jetzt erforderlich, konkret in Verbindung mit dieser Bezeichnung darauf hinzuweisen, dass es ein veganes oder vegetarisches Erzeugnis ist und welche pflanzliche Zutat, die maßgeblich ersetzende Zutat ist. Also vegetarische Streichwurst geht nach wie vor, aber sie heißt vegetarische Streichwurst aus Sojaeiweiß oder vegetarische Sojastreichwurst.
    "Zum Teil ist auch gar kein Anpassungsbedarf da"
    Kuhlmann: Salami, hatten Sie gerade schon gesagt, das wird es künftig in der vegetarischen, veganen Variante nicht mehr einfach so als einzigen Namen geben. Ähnlich ist das bei Leberwurst, da findet sich ja auch im Grunde der Bestandteil aus dem Körper des Tieres wieder, auch bei Lyoner Wurstwaren ohne tierische Ausgangsprodukte, die dürfen nicht mehr so genannt werden, stattdessen also so, wie Sie gerade beschrieben haben, mit dem längeren Zusatz, oder?
    Stähle: Ganz genau, ja. Die Bezeichnungen sollen erklären, um was es sich handelt. Es ist der Anspruch, dass hier keine Irreführung stattfinden soll, dass nicht etwa Salami heißt, was eben nicht diesem tierischen Erzeugnis gleichkommt, sondern nur ein analoges Produkt aus pflanzlichen Zutaten, und aus diesem Grund eben muss die Bezeichnung beschreibend sein. Es ist eine Wurst nach dem Typ Salami aus Sojaeiweiß oder Erbseneiweiß oder was eben als pflanzliche Zutat üblich ist.
    Kuhlmann: Ab wann gilt das Ganze denn?
    Stähle: Leitsätze sind Empfehlungen, es sind keine Gesetze, und deshalb tritt ein Leitsatz auch nicht an einem bestimmten Tag in Kraft, sondern er ist jetzt veröffentlicht, die neuen Leitsätze sind jetzt veröffentlicht, und es wird erwartet, dass der Markt sich sukzessive anpasst. Zum Teil ist auch gar kein Anpassungsbedarf da, bei einem Teil dessen, was in den Leitsätzen steht, so sind die Produkte auch bezeichnet. Aber dort, wo noch eine Anpassung notwendig ist, da soll das jetzt Zug um Zug sowie die neuen Verpackungen entwickelt werden und umgesetzt werden.
    Kuhlmann: Es ist kein Gesetz, haben Sie eben gesagt, aber ab wann wird man voraussichtlich so was sehen können im Supermarkt?
    Stähle: Die Produkte, die jetzt in den Regalen liegen, die werden selbstverständlich abverkauft. Die Verpackungen, die noch bei den Anbietern oder bei den Herstellern sind, die werden aufgebraucht. Das ist ein Konsens in der Lieferkette. Aber dann, wenn neue Verpackungen bestellt werden, dann wird auch dort die neue Bezeichnung oder eine neue Bezeichnung, sofern erforderlich, nach Leitsätzen aufgedruckt. Ergo: Man muss jetzt mit ein paar Wochen bis abschließend in zwei Jahren damit rechnen, dass alles umgesetzt ist.
    Kuhlmann: Vegetarische Salami nein, vegane Currywurst ja – was sich in der nächsten Zeit ändert, erläuterte Sieglinde Stähle vom Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.