Archiv


Veränderte Semesteranfangszeiten

Vor knapp zwei Jahren veränderte die Universität Mannheim in einem bundesweit beachteten Alleingang ihre Semesterzeiten. Das Ziel: Harmonisierung der Studienphasen vor allem mit den nordamerikanischen Universitäten. Seitdem beginnt das Wintersemester bereits Anfang September. Die Unileitung fühlt sich in ihrer Entscheidung bestätigt, doch es gibt auch Probleme.

Von Ludger Fittkau |
    " Wir müssen dann nicht studieren, sondern wir können dann unsere Freizeit genießen, dann, wenn das Wetter schön ist, wenn die anderen dann in der Uni sitzen und pauken.

    Halte ich für eine sehr gute Idee, vor dem Hintergrund, dass ja hier viele Studenten auch ins Ausland gehen und das es einfacher macht, dass man sowohl im Winter- wie im Sommersemester ins Ausland gehen kann.

    Ich finde es jetzt auch ein bisschen blöd, dass Mannheim im Moment die einzige Uni ist, die es so hat, weil gerade, wenn man dann irgendwie in Urlaub fahren möchte, alle anderen haben noch Uni, haben halt einen anderen Rhythmus. Also insofern fände ich eine Vereinheitlichung schon gut,"

    sagt Marisa Beck, die im zehnten Semester Betriebswirtschaftslehre an der Mannheimer Universität studiert. Wie sie denken auch viele andere Studierende der Uni: Der frühere Semesterbeginn bringt vor allem Vorteile für Auslandspraktika. Auch Jobs im Rhein-Neckarraum sind im Juni oder Februar gut zu kriegen, da man nicht mit Heidelberg konkurriert. Aber Freundschaften und Familie leiden ein wenig, finden Germanistikstudent Johannes Weich und Bascha Yilderim, die Französisch und Englisch fürs Lehramt studiert:

    " Zum Beispiel mit meinem Bruder, der ist halt gerade in Mainz oben, und der hat halt ziemlich andere Semesterzeiten als ich und vor allem die Ferien, die sind auch anders.

    Ja, also meine Freude, die meisten studieren halt in Darmstadt oder anderswo, und wenn meine Ferien schon fertig sind, dann fängt es halt bei deinen an, und das ist dann ein bisschen doof, wenn wir uns treffen wollen."

    Dr. Christian Queva kennt das Problem. Er ist als Dezernent der Mannheimer Universität für strategische Planung zur Internationalisierung zuständig. Gerade der bessere internationale Austausch, der durch die an Nordamerika orientierten neuen Semesterzeiten erleichtert wird, ist für ihn das wichtigste Gegenargument. Auch die Zahl der Studierenden aus dem Ausland, die nach Mannheim kommen, hat sich in den letzten beiden Jahren um 50 Prozent erhört, so Christian Queva:

    " Grundsätzlich ist natürlich auch richtig, dass harmonische Semesterzeiten wünschenswert wären, aber wir haben diese Entscheidung ganz bewusst getroffen als Universität und haben gesagt: Wir gehen diesen Weg, es waren bei uns lange Diskussionen, wenn man aber nun die Diskussionen grundsätzlich abwarten würde, würde man in dieser Geschichte nie zu einer Entscheidung kommen. "

    Leichte Disharmonien sind als Folge dieser einsame Entscheidung. Im Verhältnis zur
    unmittelbar benachbarten Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellenden Kunst nämlich. Professor Rudolf Meister, Präsident der Hochschule:

    " Die Universitätsanfangzeiten sind für uns wichtig, wir haben einen gemeinsamen Studiengang, das Lehramt an Gymnasien. Es wäre vielleicht schöner, wenn die Anfangszeiten gleich sind, aber wir können auch nicht so ohne weiteres umstellen auf die Anfangszeiten der Universität. Das wird vielleicht noch ein längerer Prozess sein."

    Misstöne ruft das so lange vor allem bei seinen Schulmusik- Studierenden hervor. Weil sie an beiden Hochschulen Veranstaltungen besuchen müssen, bleibt kaum noch vorlesungsfreie Zeit übrig:

    " Denn dadurch, dass die vier Wochen früher anfangen, haben wir eventuell keine Ferien, wenn wir an beiden Orten studieren.

    Vor allem im Wintersemester, denn dann geht das nahtlos über.

    Wir haben dann gar keine Ferien mehr.

    Die Uni ist in dem Fall mal einen eigenen Weg gegangen, ohne sich der Konsequenzen für viele Leute bewusst zu sein."

    Doch nicht so sehr anregende Musiklehrer, sondern eher BWL- und VWL-Studierende hat die Mannheimer Universität wohl im Blick gehabt, als sie die Semesteranfangszeiten vorverlegte. Denn für die sind die Auslandssemester vor allem in Nordamerika wichtig, betobt Birgit Heilig, die Leiterin des Akademischen Auslandsamtes in Mannheim:

    " Gerade eben im Hinblick auf die USA oder Amerika generell auf diesen Markt, europäisch wird es sicher nie direkt vereinheitlicht werden können. Aber es ist sicher ein Vorteil und andere deutsche Universitäten sagen uns ja auch immer wieder, dass man uns auf diesem Weg eher folgen möchte, statt uns vielleicht wieder zurückzuziehen."

    Dass gerade in Europa die Semesterzeiten wohl auch in Zukunft nicht einheitlich sein werden, machen auch Mannheimer Studierende deutlich, die aus dem Ausland kommen.

    Sylvia Lessio ist eine Auslandsstudentin aus Norwegen. Dass dort die Semesteranfangszeiten ganz andere sind als hierzulande und in Nordamerika, findet sie nicht schlimm. Auch nicht, dass ein Semester in Norwegen länger dauert als in Deutschland. Sie hätte gerne mehr Zeit zum lernen:

    "Das Semester in Deutschland ist viel kürzer. Es ist intensiver in der Arbeit."