Noch sechs Wochen zuvor, also vor den Bränden, war Liam Sheehan als "xy", als "Umweltschwein" beschimpft worden. In Whittlesea, etwa eine Autostunde nördlich von Melbourne, hatte der 60-Jährige auf seiner Farm – gegen die Vorschriften - mehr als 200 Bäume um sein Haus und seine Maschinenschuppen herum abgeholzt. "Als Pufferzone gegen Buschfeuer", sagte er damals.
Die Gemeindeverwaltung aber zeigte Sheehan wegen Vandalismus an, er wurde zu 75.000 Euro Geldstrafe und Gerichtskosten verurteilt. Heute aber, nach den Bränden, gilt Sheehan als "Prophet". Denn von allen Häusern der Gegend ist seines das einzige, das stehengeblieben ist.
"Ganze Ortschaften liegen mitten in den Wäldern, aber niemand darf die Bäume auch nur anrühren. Diese Umweltgruppen sollen sich zum Teufel scheren. Wenn jemand die Erlaubnis bekommt hier ein Haus zu bauen, dann muß er auch dafür Bäume fällen dürfen. Denn sonst werden künftig noch mehr Menschen bei Buschfeuern sterben."
Der renommierte Brandexperte Roland Gardiner von der Universität Melbourne hat ausgerechnet, dass die Buschfeuer soviel Energie freigesetzt haben wie 660 Atombomben. Er und viele seiner Kollegen behaupten: In den kühleren Wintermonaten nicht mehr Unterholz abzubrennen und nicht mehr Bäume rund um Häuser zu roden, sei ein unverantwortliches Spiel mit dem Feuer.
Victorias oberster Brandschützer Russell Rees aber sieht das anders. Er lehnt das großflächige Abholzen der Wälder und noch mehr Feuerschneisen ab: Rees will keine Politik der verbrannten Erde.
Russell Rees: "Der ganze Busch in Victoria ist knochentrocken. Das liegt aber an den extremen Klimabedingungen und nicht daran, dass wir zu wenig Unterholz abgebrannt hätten. Wir hatten eine Hitzewelle mit Rekordtemperaturen. Und vorher 12 Jahre lang Dürre. Diese Kombination hat sogar Dickicht, das sonst nicht brennt, in Zunder verwandelt."
In Australien hat es seit jeher regelmäßig gebrannt. Schon die Aborigines wussten, dass Feuer und Pflanzenwelt einander brauchen. Über Jahrtausende hinweg haben Buschbrände und die Vegetation Australiens eine erstaunliche Allianz gebildet. Der natürliche Kreislauf wird durch die Flammen nicht unterbrochen oder beendet – im Gegenteil: Er beginnt – immer wieder - von Neuem. Der Busch muss brennen, damit er überleben kann.
Die Samenkapseln vieler einheimischer Pflanzen platzen nur in der Gluthitze eines Feuers. Doch weil immer mehr Australier weg aus der Großstadt und ins Grüne ziehen, sind sie auch öfter in Gefahr: Die Menschen, die in Buschfeuergebieten leben, haben dem einen Namen gegeben: "Australisches Roulette".
"Ich will nirgendwo anders leben – das hier ist das Paradies. Und dafür riskieren wir auch bei einem Buschfeuer durch die Hölle zu gehen". – "Es gibt nichts schöneres, als hier draußen zu wohnen. Ein Inferno wie dieses ist eben der Preis den wir dafür alle 50 Jahre bezahlen müssen."
In den Ruinen von Flowerdale etwa 100 Kilometer nordöstlich von Melbourne. Paul und Sally Spurgeon stehen vor den Trümmern ihres früheren Zuhauses. Einst hatten sie drei Zimmer, Küche, Bad und eine umlaufende, überdachte Veranda aus Pinienholz. Das alles ist abgebrannt, nur die verkohlten Überreste ihres Kamins sind noch übrig. 2000 Häuser wurden, wie das der Spurgeons, völlig zerstört.
Doch fast die Hälfte der Häuser war unterversichert. Oder aber gar nicht versichert. Anthony Durakovic vom Versicherungsbund gibt zu: Nirgendwo in Australien ist es teurer die eigenen vier Wände zu versichern als in Victoria.
Anthony Durakovic: "Die Staatsregierung bekommt 40 Cent jedes Dollars, der für Hausversicherun-gen ausgegeben wird. Dieses Geld ist eine Steuer und wird dafür verwendet die Buschfeuerwehren in ganz Victoria zu finanzieren. Die Prämien sind dadurch aber so hoch, daß viele Hausbesitzer erst gar keine Versicherung abschließen."
Millionen Spendengelder, ein Blankoscheck der Regierung und unbürokratische Hilfen der Versicherer: Die Waldbrandkatastrophe hat in Australien eine Welle der Hilfsbereitschaft und des guten Willens ausgelöst. Die meisten Buschfeuer-Opfer müssen wieder ganz von vorne anfangen. Farmer Liam Sheehan hofft, dass sie diesmal an eine Feuerversicherung denken werden.
Liam Sheehan: "All diese Hausbesitzer, die keine Versicherung hatten, haben damit auch nicht ihren Beitrag zur Unterstützung der Freiwilligen Feuerwehr geleistet. Wenn es aber brennt, dann erwarten die gleichen Leute, dass ein roter Löschwagen die Straße runterkommt und dass die Feuerwehr ihren Hintern rettet."
Die Schadenssumme der Buschfeuer liegt bisher bei fast zwei Milliarden Euro. Man kann es Bodenständigkeit nennen, Pioniergeist oder auch einfach nur Trotz: Die meisten, die alles verloren haben, wollen an gleicher Stelle wiederaufbauen. Victorias Premier John Brumby fordert heute jedoch strikte Auflagen.
"Wenn wir diese Gemeinden wieder aufbauen, dann brauchen wir strengere
Bauvorschriften. Es müssen dann nicht brennbare oder nur schwer brennbare Baustoffe verwendet werden. Und ähnlich wie in den Wirbelsturmgebieten der USA könnten wir Bunker anlegen, die den Familien Schutz bieten, bis das Schlimmste vorüber ist."
Kaum hatten sich die Rauchschwaden über Nord-Victoria verzogen, meldeten sich die Klimaforscher zu Wort. Ihre Langzeitprognose ist alarmierend. Durch beständig ansteigende Temperaturen und immer weniger Regen sind ähnlich verheerende Buschfeuer künftig nicht mehr die Ausnahme sondern die Regel. Die Wälder Südost-Australiens bleiben ein heißes Pflaster.
Die Gemeindeverwaltung aber zeigte Sheehan wegen Vandalismus an, er wurde zu 75.000 Euro Geldstrafe und Gerichtskosten verurteilt. Heute aber, nach den Bränden, gilt Sheehan als "Prophet". Denn von allen Häusern der Gegend ist seines das einzige, das stehengeblieben ist.
"Ganze Ortschaften liegen mitten in den Wäldern, aber niemand darf die Bäume auch nur anrühren. Diese Umweltgruppen sollen sich zum Teufel scheren. Wenn jemand die Erlaubnis bekommt hier ein Haus zu bauen, dann muß er auch dafür Bäume fällen dürfen. Denn sonst werden künftig noch mehr Menschen bei Buschfeuern sterben."
Der renommierte Brandexperte Roland Gardiner von der Universität Melbourne hat ausgerechnet, dass die Buschfeuer soviel Energie freigesetzt haben wie 660 Atombomben. Er und viele seiner Kollegen behaupten: In den kühleren Wintermonaten nicht mehr Unterholz abzubrennen und nicht mehr Bäume rund um Häuser zu roden, sei ein unverantwortliches Spiel mit dem Feuer.
Victorias oberster Brandschützer Russell Rees aber sieht das anders. Er lehnt das großflächige Abholzen der Wälder und noch mehr Feuerschneisen ab: Rees will keine Politik der verbrannten Erde.
Russell Rees: "Der ganze Busch in Victoria ist knochentrocken. Das liegt aber an den extremen Klimabedingungen und nicht daran, dass wir zu wenig Unterholz abgebrannt hätten. Wir hatten eine Hitzewelle mit Rekordtemperaturen. Und vorher 12 Jahre lang Dürre. Diese Kombination hat sogar Dickicht, das sonst nicht brennt, in Zunder verwandelt."
In Australien hat es seit jeher regelmäßig gebrannt. Schon die Aborigines wussten, dass Feuer und Pflanzenwelt einander brauchen. Über Jahrtausende hinweg haben Buschbrände und die Vegetation Australiens eine erstaunliche Allianz gebildet. Der natürliche Kreislauf wird durch die Flammen nicht unterbrochen oder beendet – im Gegenteil: Er beginnt – immer wieder - von Neuem. Der Busch muss brennen, damit er überleben kann.
Die Samenkapseln vieler einheimischer Pflanzen platzen nur in der Gluthitze eines Feuers. Doch weil immer mehr Australier weg aus der Großstadt und ins Grüne ziehen, sind sie auch öfter in Gefahr: Die Menschen, die in Buschfeuergebieten leben, haben dem einen Namen gegeben: "Australisches Roulette".
"Ich will nirgendwo anders leben – das hier ist das Paradies. Und dafür riskieren wir auch bei einem Buschfeuer durch die Hölle zu gehen". – "Es gibt nichts schöneres, als hier draußen zu wohnen. Ein Inferno wie dieses ist eben der Preis den wir dafür alle 50 Jahre bezahlen müssen."
In den Ruinen von Flowerdale etwa 100 Kilometer nordöstlich von Melbourne. Paul und Sally Spurgeon stehen vor den Trümmern ihres früheren Zuhauses. Einst hatten sie drei Zimmer, Küche, Bad und eine umlaufende, überdachte Veranda aus Pinienholz. Das alles ist abgebrannt, nur die verkohlten Überreste ihres Kamins sind noch übrig. 2000 Häuser wurden, wie das der Spurgeons, völlig zerstört.
Doch fast die Hälfte der Häuser war unterversichert. Oder aber gar nicht versichert. Anthony Durakovic vom Versicherungsbund gibt zu: Nirgendwo in Australien ist es teurer die eigenen vier Wände zu versichern als in Victoria.
Anthony Durakovic: "Die Staatsregierung bekommt 40 Cent jedes Dollars, der für Hausversicherun-gen ausgegeben wird. Dieses Geld ist eine Steuer und wird dafür verwendet die Buschfeuerwehren in ganz Victoria zu finanzieren. Die Prämien sind dadurch aber so hoch, daß viele Hausbesitzer erst gar keine Versicherung abschließen."
Millionen Spendengelder, ein Blankoscheck der Regierung und unbürokratische Hilfen der Versicherer: Die Waldbrandkatastrophe hat in Australien eine Welle der Hilfsbereitschaft und des guten Willens ausgelöst. Die meisten Buschfeuer-Opfer müssen wieder ganz von vorne anfangen. Farmer Liam Sheehan hofft, dass sie diesmal an eine Feuerversicherung denken werden.
Liam Sheehan: "All diese Hausbesitzer, die keine Versicherung hatten, haben damit auch nicht ihren Beitrag zur Unterstützung der Freiwilligen Feuerwehr geleistet. Wenn es aber brennt, dann erwarten die gleichen Leute, dass ein roter Löschwagen die Straße runterkommt und dass die Feuerwehr ihren Hintern rettet."
Die Schadenssumme der Buschfeuer liegt bisher bei fast zwei Milliarden Euro. Man kann es Bodenständigkeit nennen, Pioniergeist oder auch einfach nur Trotz: Die meisten, die alles verloren haben, wollen an gleicher Stelle wiederaufbauen. Victorias Premier John Brumby fordert heute jedoch strikte Auflagen.
"Wenn wir diese Gemeinden wieder aufbauen, dann brauchen wir strengere
Bauvorschriften. Es müssen dann nicht brennbare oder nur schwer brennbare Baustoffe verwendet werden. Und ähnlich wie in den Wirbelsturmgebieten der USA könnten wir Bunker anlegen, die den Familien Schutz bieten, bis das Schlimmste vorüber ist."
Kaum hatten sich die Rauchschwaden über Nord-Victoria verzogen, meldeten sich die Klimaforscher zu Wort. Ihre Langzeitprognose ist alarmierend. Durch beständig ansteigende Temperaturen und immer weniger Regen sind ähnlich verheerende Buschfeuer künftig nicht mehr die Ausnahme sondern die Regel. Die Wälder Südost-Australiens bleiben ein heißes Pflaster.