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Verbraucherschützer: Mehr Transparenz bei Finanzberatungen

Finanzberatungen, egal ob bei der eigenen Bank oder bei unabhängigen Finanzberatern, sind nie kostenlos. Verbraucherschützer wie Manfred Westphal vom Verbraucherzentralen Bundesverband begrüßen daher den von der EU vorgelegten Finanzrichtlinienentwuf zum Teilverbot von Provisionen.

Manfred Westphal im Gespräch mit Georg Ehring |
    Georg Ehring: Sicherheitsorientierte Kunden kaufen riskante Investmentzertifikate oder erwerben Beteiligungen an geschlossenen Fonds, so etwas passiert tagtäglich. Das Geschäft macht oft ein Finanzberater, der erst einmal eine hohe Provision dafür einstecken kann. EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier hat gestern den Entwurf einer neuen Finanzmarktrichtlinie vorgestellt. Danach sollen die Provisionen im Finanzvertrieb teilweise verboten werden. Verbraucherschützer haben dies als Erfolg gefeiert. – Telefonisch verbunden bin ich jetzt mit Manfred Westphal, Referent für Finanzdienstleistungen beim Verbraucherzentrale Bundesverband. Guten Tag, Herr Westphal.

    Manfred Westphal: Schönen guten Tag, Herr Ehring.

    Ehring: Herr Westphal, zunächst einmal: Welche Berater dürfen danach keine Provisionen mehr annehmen und wovon sollen die dann leben?

    Westphal: Das ist beschränkt auf unabhängige Berater. Die in Banken tätigen Berater dürften hiervon nicht erfasst sein, da sie ja abhängig beschäftigt sind. Aber es gibt freie Berater, es gibt Strukturvertriebe, wie zum Beispiel den AWD oder MLP, da dürfte das sicher auf sehr viele dieser Berater zutreffen.

    Wovon sollen die leben? – Es ist ja ein Ammenmärchen, dass die bisher nichts bekommen würden. Bisher streichen die ja Provisionen ein, und zwar teilweise nicht unerheblich. Das Tolle ist aber, dass Anleger über diese Provisionen ja in seltenen Fällen nur informiert werden. Das heißt, teilweise sind die Provisionen fünf oder noch mehr Prozent von der angelegten Summe, und der Anleger erfährt hiervon nichts.

    Wenn man das System umstellt auf ein Honorarsystem, dann muss gleichwohl der Anleger zahlen, aber er sieht dies transparent und er weiß von Anfang an, ob der Berater einen besonderen Interessenkonflikt hat dadurch, dass er Provisionen von Dritten annimmt.

    Ehring: Das heißt, künftig wird der Kunde ein Honorar zahlen müssen, die Beratung ist nicht mehr für den Kunden kostenlos. Ist das wirklich ein Erfolg?

    Westphal: Keine Beratung ist für den Kunden kostenlos. Bisher, auch in Banken und Sparkassen, wurde provisionsorientiert oder mit bestimmten Erfolgszielen der Bank gearbeitet, auch Verkaufsdruck auf die Berater seitens der Bank ausgeübt. Ver.di hat ja da auch schon eine große Untersuchung vorgelegt. Und freie Berater leben von Provisionen, von Rückvergütungen Dritter. Wir haben dazu eine Untersuchung in diesem Jahr gemacht, Verbraucherzentralen haben Verbraucher gebeten, ihre Banken anzuschreiben und nach der Offenlegung von Provisionen zu fragen. Wir haben das ausgewertet und hier doch erhebliche Missstände festgestellt.

    Ehring: Geht denn der Reformplan weit genug Ihrer Ansicht nach, oder würden die Missstände weiter bestehen bleiben?

    Westphal: Wir können uns in diesem speziellen Punkt sicher noch eine Ausdehnung vorstellen, jetzt nicht nur auf unabhängige Berater beschränkt, sondern noch ein weitergehendes Provisionsverbot. Aber dass das hier in dem Richtlinienentwurf drinsteht, ist schon mal ein ganz erheblicher Erfolg und schon viel mehr, als jetzt zum Beispiel die Bundesregierung und der Bundestag beschlossen hat mit dem Anlegerschutz-Stärkungsgesetz.

    Ehring: Sie sagen, es ist ein Richtlinienentwurf. Das muss ja noch durch die Gremien. Glauben Sie, dass das durchkommt?

    Westphal: Das kann man nur schwer abschätzen. So wird das alles nicht durchkommen, es wird Veränderungen geben, die Frage ist, ob zum Schlechten oder vielleicht auch zum Guten. Der Rat muss zustimmen, das Parlament, das ganze wird noch ein oder vielleicht sogar zwei Jahre dauern, bis das verabschiedet ist. Das ist ein langer Weg immer und es kann sich durchaus viel in diesen ein, zwei Jahren verändern.

    Ehring: Noch ganz kurz zum Schluss. Was ist Ihr Rat an Kunden, die heute einem Finanzberater gegenüberstehen? Was sollen sie von ihm verlangen?

    Westphal: Sie sollten natürlich auf jeden Fall fragen, ob er unabhängig berät, ob er ein Honorar nimmt, ob er davon Provision nimmt, wenn ja, wie hoch die Provision oder andere Vergütung ist, die er von Dritten bekommt. Die Umfrage der Verbraucherzentralen vom Frühjahr, hierzu gibt es auch ein Musterschreiben im Netz, das Verbraucher an ihre Bank oder Sparkasse schicken können, um dann erst mal konkrete Aussagen zur Provision zu bekommen. Banken und Sparkassen müssen Provisionen offenlegen, das hat der BGH schon 2006 entschieden, sodass man einen Anspruch darauf hat.

    Ehring: Herzlichen Dank! – Das war Manfred Westphal vom Bundesverband der Verbraucherzentralen.


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