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Vergleichsportale sollen vergleichbarer sein

Wer vor einer Kaufentscheidung steht, lässt sich gern beraten, auch im Internet. Auf Vergleichsportalen kann so ziemlich jedes Produkt verglichen werden. Doch was die Verbraucher sehen, ist nicht immer das ganze Spektrum des Marktes.

Von Philip Banse | 12.10.2011
    Georg Ehring: Für viele Verbraucher gehört es zur Routine: Der Blick in ein Vergleichsportal, bevor der Energielieferant oder der Telefonanbieter gewechselt wird. Dort findet man günstige und teure Anbieter und weitere Informationen über die Tarifbedingungen. Doch was hinter den Vergleichsportalen steckt und wovon ihre Betreiber leben, das bleibt oft im Dunkeln. Die meisten Portale leben davon, dass sie für die Vermittlung von Verträgen Geld von den Anbietern kassieren - und das kann die Neutralität des Portals beeinträchtigen. Viele bringen auch nur eine Auswahl der Anbieter, eben nur die, mit denen sie wiederum Verträge geschlossen haben.
    Gemeinsame Qualitätsstandards könnten helfen. Philip Banse in Berlin - sind die denn in Sicht?


    Philip Banse: Noch nicht wirklich. Es hat bereits Gespräche gegeben, da waren aber wichtige Verbraucherschützer und Behördenvertreter nicht oder sehr kurzfristig nur eingeladen, deswegen ist dabei bisher nicht viel raus gekommen. Jetzt haben Verbraucherzentralen Forderungen an Portalbetreiber verschickt, um die Gespräche über gemeinsame Standards voran zu bringen. Zu diesen Forderungen gehört mehr Transparenz. Man muss wissen, dass die Vergleichsportale daran verdienen, wenn Verbraucher über sie neue Gas-, Strom- oder Internetverträge abschließen. Sie haben also strukturell ein Interesse daran, Anbieter, die ihnen hohe Provisionen zahlen, besser zu platzieren, als andere. Dieser Vorwurf wurde etwa gegen das Portal Verivox erhoben. Eine Unternehmenssprecherin weist das aber zurück:

    "Der günstigste Preis eines Anbieters steht immer oben. Weil wir den gesamten Markt abbilden, also wirklich alle Anbieter aufnehmen, auch die Anbieter, die mit uns nicht zusammen arbeiten, geht das rein nach einem Preisranking. Selbst wenn wir von dem einen eine höhere Provision bekommen als vom anderen, beeinflusst das nicht die Position im Rechner."

    Dennoch wissen viele Verbraucher nicht, wie die Portale ihr Geld verdienen, sagt Holger Brackemann von der Stiftung Warentest:

    "Wir wünschen uns, dass die Portale verpflichtet sind, sehr klar über ihr Geschäftsmodell zu berichten und den Verbraucher auch darauf hinzuweisen, wenn bestimmte Angebote in ihrem Portal nicht berücksichtigt werden."

    Verbraucher sollen also wissen, dass wirklich der gesamte Markt abgedeckt wird und dass Provisionen gezahlt werden. Thorsten Kasper vom Verbraucherzentrale Bundesverband geht noch einen Schritt weiter:

    "Die Provision wird gegenwärtig gegenüber dem Verbraucher nicht offen gelegt. Aber das ist ein ganz entscheidendes Kriterium: Wenn es möglich und für die Tarifrechner vertretbar ist, sollten die Provisionen, die von den Energieversorgungsunternehmen gezahlt werden, auch offen gelegt werden."

    Das sei bisher kartellrechtlich noch nicht gestattet, sagt die Sprecherin von des Vergleichportals Verivox. Grundsätzlich sei das Unternehmen jedoch bereit, die Provisionen offen zu legen. Die Verbraucherschützer fordern auch, dass die Angebote bei den Vergleichsportalen besser, transparenter dargestellt werden. Ein Beispiel: Die Voreinstellungen der Vergleichsportale. Hier entscheidet sich, welche Angebote der Verbraucher zu sehen bekommt. Tauchen in der Liste etwa die viel kritisierten Angebote auf, die zwar erstmal billig aussehen, aber eine Kaution oder Vorauskasse verlangen? Oder werden diese Angebote erstmal gar nicht angezeigt? Die Sprecherin des Portals Verivox deutet an, dass Verivox solche für den Verbraucher riskanten Angebote mit Vorauskasse und Kaution bald nur noch anzeigen wird, wenn der Kunde explizit Häkchen setzt, dazu habe man eine Umfrage gemacht:

    "Wir rechnen damit, dass die Umfrage ergibt, dass die Verbraucher keine Voreinstellung haben wollen, wo die Häkchen Vorauskasse und Kaution aktiviert ist. Das ist ein Trend, den wir schon seit mehr als einem Jahr sehen, dass diese Tarife kaum noch angefragt werden. Darüber hinaus waren diese Tarife sehr in der Kritik."

    Für die Portalanbieter ist das ein heikler Punkt. Denn Angebote mit Vorauskasse wirken erstmal sehr billig, erhöhen beim Verbraucher den Anreiz, zu wechseln, und erst dann fließen eben Provisionen zum Portalbetreiber. Es laufen jetzt wie gesagt Gespräche. Verbraucherschützer glauben nicht, dass es neue Gesetze geben muss. Holger Brackemann von der Stiftung Warentest hält ein Sigel für sinnvoll:

    "Wenn man sich hier auf klare Kriterien einigen könnte, die von einem unabhängigen Dritten kontrolliert werden und das Ergebnis dieser Kontrolle dann für den Verbraucher auf dem Portal zugänglich ist, wären wir schon einen erheblichen Schritt weiter."

    Thorsten Kasper vom Verbraucherzentrale Bundesverband setzt die privaten Portalbetreiber unter Druck:

    "Wenn es tatsächlich nicht funktionieren sollte, steht vor einer gesetzlichen Regelung natürlich auch die Option, dass man einen behördlichen, staatlichen Tarifrechner einführt. Die Österreicher machen das mit einem Rechner bei der Regulierungsbehörde. Das wäre dann auch eine Alternative."