Von Volkart Wildermuth
Vor fast hundert Jahren starb Auguste D. geistig völlig verwirrt. Als der Arzt Alois Alzheimer ihr Gehirn untersuchte, fand er überall zerstörte Nerven und zwei Formen seltsamer Ablagerungen, Klumpen zwischen den Zellen und längliche Fasern in ihrem Inneren. Der Streit, ob die Klumpen oder die Fasern die eigentliche Ursache der Alzheimerschen Krankheit darstellen, verläuft so heftig, dass die beiden Lager schon spöttisch nach Glaubensrichtungen benannt wurden: Taoisten beschäftigen sich mit den Fasern aus dem Protein Tau, während Baptisten sich für die so genannten beta-Amyloidklumpen interessieren. Der Streit wird auch in den USA ausgetragen, wie der Alzheimerforscher Prof. Lester Binder von der Northwestern Universität in Chicago bestätigt.
Ja, die Debatte tobt und wütet weiter. Es geht um die beiden Krankheitsprozesse. Die Taoisten betonen, dass die Ablagerung der Tau Fasern viel besser mit dem Krankheitsverlauf von Alzheimer übereinstimmen als das Amyloid. Die Baptisten erwidern, dass ausschließlich Mutationen in dem Eiweiß, aus dem die Amloidklumpen bestehen, Alzheimer auslösen können.
Lester Binder selbst ist Taoist, beschäftigt sich also mit den Tau. Im Reagenzglas versucht er herauszufinden, wann sich dieses Eiweiß zu den schädlichen Fasern zusammen lagert. Normalerweise ist Tau stabil, erst wenn ein kleines Stück am Ende abgeschnitten wird, kann es Fasern bilden. Dieser Schnitt könnte von molekularen Scheren vorgenommen werden, die im Rahmen des Selbstmordprogrammes der Zellen aktiviert werden. Als er das erkannt hatte, begann sich Taoist Binder für das Amyloid der Baptisten zu interessieren. Die Amyloidklumpen sind nämlich giftig und könnten die Nerven in den Freitod treiben.
Wenn man Nervenzellen im Reagenzglas mit Amyloid in Kontakt bringt, dann bilden sich ihre Verbindungen zurück und sie beginnen zu sterben. Wir wussten, dabei werden auch molekulare Scheren aktiviert und fragten uns, ob sie das Ende von Tau abschneiden würden. Und ja, genau das geschieht. Fast das Erste, was wir beobachten, ist die kurze Tauform, sie erscheint lange vor dem Tod der Zellen. Die Verbindung läuft so: wenn das Amyloid die Nerven berührt, werden irgendwann die molekularen Scheren aktiv und zerschneiden Tau, es entstehen lange Taufasern und die sind giftig für die Zellen.
Lester Binder nennt Tau die Kugel, die aus einer Amyloidpistole abgefeuert wird. Er glaubt, dass am Anfang der Alzheimerschen Krankheit die Bildung der Amyloidklumpen steht. Deshalb können auch nur Mutationen in dem Amyloidvorläufer und nicht in Tau das Leiden auslösen. Das Amyloid aktiviert das Selbstmordprogramm der Nervenzellen und damit die molekularen Scheren. Wenn sie auf Tau treffen, wird es gespalten, es lagert sich zu den Fasern zusammen, die letztlich die Nerven abtöten. Deshalb entspricht der Krankheitsverlauf mehr den Taufasern als den Amyloidklumpen. Eine schöne Theorie, die aber noch bestätigt werden muss. Erst Untersuchungen zeigen immerhin schon, dass die abgeschnittene Form des Taus tatsächlich in den Fasern der Alzheimerpatienten vorkommen. Ist damit der Streit zwischen Taoisten und Babptisten beigelegt? Lester Binder hält das für unwahrscheinlich.
Manchen Leuten machen Debatten einfach Spaß und Auseinandersetzungen sind wichtig in der Forschung. Ich glaube, unsere Experimente zeigen, dass die Verbindung zwischen dem Amyloid außerhalb der Nerven und den Fasern innerhalb der Zellen viel enger ist, als wir gedacht haben.
Auch wenn die Diskussion weitergeht, die Alzheimerforscher haben den erste Schritt Richtung Ökumene getan.
Vor fast hundert Jahren starb Auguste D. geistig völlig verwirrt. Als der Arzt Alois Alzheimer ihr Gehirn untersuchte, fand er überall zerstörte Nerven und zwei Formen seltsamer Ablagerungen, Klumpen zwischen den Zellen und längliche Fasern in ihrem Inneren. Der Streit, ob die Klumpen oder die Fasern die eigentliche Ursache der Alzheimerschen Krankheit darstellen, verläuft so heftig, dass die beiden Lager schon spöttisch nach Glaubensrichtungen benannt wurden: Taoisten beschäftigen sich mit den Fasern aus dem Protein Tau, während Baptisten sich für die so genannten beta-Amyloidklumpen interessieren. Der Streit wird auch in den USA ausgetragen, wie der Alzheimerforscher Prof. Lester Binder von der Northwestern Universität in Chicago bestätigt.
Ja, die Debatte tobt und wütet weiter. Es geht um die beiden Krankheitsprozesse. Die Taoisten betonen, dass die Ablagerung der Tau Fasern viel besser mit dem Krankheitsverlauf von Alzheimer übereinstimmen als das Amyloid. Die Baptisten erwidern, dass ausschließlich Mutationen in dem Eiweiß, aus dem die Amloidklumpen bestehen, Alzheimer auslösen können.
Lester Binder selbst ist Taoist, beschäftigt sich also mit den Tau. Im Reagenzglas versucht er herauszufinden, wann sich dieses Eiweiß zu den schädlichen Fasern zusammen lagert. Normalerweise ist Tau stabil, erst wenn ein kleines Stück am Ende abgeschnitten wird, kann es Fasern bilden. Dieser Schnitt könnte von molekularen Scheren vorgenommen werden, die im Rahmen des Selbstmordprogrammes der Zellen aktiviert werden. Als er das erkannt hatte, begann sich Taoist Binder für das Amyloid der Baptisten zu interessieren. Die Amyloidklumpen sind nämlich giftig und könnten die Nerven in den Freitod treiben.
Wenn man Nervenzellen im Reagenzglas mit Amyloid in Kontakt bringt, dann bilden sich ihre Verbindungen zurück und sie beginnen zu sterben. Wir wussten, dabei werden auch molekulare Scheren aktiviert und fragten uns, ob sie das Ende von Tau abschneiden würden. Und ja, genau das geschieht. Fast das Erste, was wir beobachten, ist die kurze Tauform, sie erscheint lange vor dem Tod der Zellen. Die Verbindung läuft so: wenn das Amyloid die Nerven berührt, werden irgendwann die molekularen Scheren aktiv und zerschneiden Tau, es entstehen lange Taufasern und die sind giftig für die Zellen.
Lester Binder nennt Tau die Kugel, die aus einer Amyloidpistole abgefeuert wird. Er glaubt, dass am Anfang der Alzheimerschen Krankheit die Bildung der Amyloidklumpen steht. Deshalb können auch nur Mutationen in dem Amyloidvorläufer und nicht in Tau das Leiden auslösen. Das Amyloid aktiviert das Selbstmordprogramm der Nervenzellen und damit die molekularen Scheren. Wenn sie auf Tau treffen, wird es gespalten, es lagert sich zu den Fasern zusammen, die letztlich die Nerven abtöten. Deshalb entspricht der Krankheitsverlauf mehr den Taufasern als den Amyloidklumpen. Eine schöne Theorie, die aber noch bestätigt werden muss. Erst Untersuchungen zeigen immerhin schon, dass die abgeschnittene Form des Taus tatsächlich in den Fasern der Alzheimerpatienten vorkommen. Ist damit der Streit zwischen Taoisten und Babptisten beigelegt? Lester Binder hält das für unwahrscheinlich.
Manchen Leuten machen Debatten einfach Spaß und Auseinandersetzungen sind wichtig in der Forschung. Ich glaube, unsere Experimente zeigen, dass die Verbindung zwischen dem Amyloid außerhalb der Nerven und den Fasern innerhalb der Zellen viel enger ist, als wir gedacht haben.
Auch wenn die Diskussion weitergeht, die Alzheimerforscher haben den erste Schritt Richtung Ökumene getan.