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Verschärfte Grenzkontrollen in Transnistrien

Transnistrien ist ein schmaler Landstrich zwischen Rumänien und der Ukraine, der offiziell zur Republik Moldau gehört und rund 600.000 Menschen beherbergt. Vor 16 Jahren erklärte sich Transnistrien für unabhängig von Moldau, völkerrechtlich anerkannt wurde es aber von niemandem. Die Region gilt als Schmuggler-Hochburg. Doch die illegalen Geschäfte sind schwieriger geworden, seit Beamte der EU an der ukrainischen Grenze im Einsatz sind.

Von Thomas Franke | 10.08.2006
    Der Grenzübergang an der Fernstraße 58 von Odessa ins transnistrische Tiraspol. Zügig werden die Autos abgefertigt: alte sowjetische Kleinwagen, dazwischen nagelneue Limousinen, ein Lkw mit der Aufschrift "Eurotrans Sachit". Einige Wagen haben transnistrische Kennzeichen. Die dürfte es im internationalen Verkehr eigentlich gar nicht geben, denn Transnistrien gehört zu Moldau und ist als eigener Staat völkerrechtlich nicht anerkannt. Major Alexander Fradinski ist der Chef des Zollhauses an diesem Übergang auf der ukrainischen Seite. Auch wenn das Kontrollhäuschen der Transnistrier in Rufweite ist, zu den transnistrischen Zöllnern auf der anderen Seite hätten sie keinen Kontakt, sagt Fradinski.

    " Nach unserem Gesetz ist es verboten, solche Kontakte zu unterhalten. Wir machen unsere Arbeit nach unserem Gesetz und kümmern uns nicht um deren Probleme. Meine Aufgabe ist, die Kontrollen hier an diesem Grenzübergang zu organisieren. Um die Beziehungen zu Transnistriern kümmert sich unsere Regierung. "

    Seit zehn Monaten schaut die Europäische Union den Zöllnern an der Grenze auf die Finger. Mehr als hundert Mitarbeiter der EUBAM, der EU-Grenzmission in der Ukraine und Moldau, sind vor Ort, assistieren den Ukrainern bei den Grenzkontrollen und vermitteln zwischen den Konfliktparteien.

    Möglich geworden ist die EU-Mission nach dem Regierungswechsel in der Ukraine vor eineinhalb Jahren. Seitdem ist das Land auf Westkurs und arbeitet gut mit dem Nachbarland, der seit einigen Jahren gleichfalls westeuropäisch-orientierten Republik Moldau, zusammen. Doch es liegt vieles im Argen.

    Die grüne Grenze wenig weiter nördlich, in Sichtweite des Pkw-Übergangs. Spärliches Buschwerk, Strommasten, Wiesen, durchzogen von einem Graben. 53 Kilometer davon haben die Ukrainer entlang der Grenze ausgehoben, um den Schmugglern das Handwerk zu legen. An dieser Stelle ist die Rechnung nicht aufgegangen. Über Nacht haben Unbekannte einen Teil des Grabens wieder zugeschüttet. Frische Spuren von Lkw- Reifen sind darauf zu sehen, mindestens zwanzig Fahrzeuge, sagt ein Grenzpolizist. Die Anwohner wollen nichts gesehen oder gehört haben. Kurt Schwendemann von der Bundespolizei ist einer der mehr als hundert Mitarbeiter der EUBAM.

    " Es gibt hier nicht viele Hügel. Es ist halbwegs überschaubar, die Grenze ist relativ einfach zu sichern, auch mit baulichen Maßnahmen. Man muss halt investieren, wenn das Geld vorhanden ist. Hundertprozentig kann man keine Grenze sichern. Das ist nicht machbar, auch nicht technisch. "

    Das unterstreicht auch Vitalij Povodin von der ukrainischen Grenzpolizei.

    " Die Dichte der Grenzbewachungsteams ist erhöht worden. Aber das heißt nicht, dass hier nicht mehr geschmuggelt wird. Die Schmuggler sind ernstzunehmende Gegner, und wir müssen oft Waffen benutzen. Nachts haben sie immer wieder unsere Überwachungssysteme zerstört. Sie benutzen Spezialteams, um die Güter über die Grenze zu bekommen, über Gräben oder andere Hindernisse. "

    In Transnistrien lagern rund 20.000 Tonnen Waffen und Munition aus der Sowjetunion. Bewacht werden sie von russischen Soldaten. Immer wieder ist von Waffenschmuggel aus und über Transnistrien die Rede, aber auch von Drogen- und Menschenhandel. Gefunden haben die EU- Beamten bisher vor allem Hühnerfleisch. Und zwar um ein Vielfaches mehr, als in Transnistrien überhaupt gegessen werden kann. Die Schmuggler bringen einen Teil des Fleisches aus Transnistrien zurück in die Ukraine oder nach Moldau. Dabei umgehen sie die Zollkontrollen. Ukrainische Regierungsvertreter sprechen von bis zu zwei Milliarden Dollar im Jahr, die der Ukraine durch den Schmuggel an der Grenze zu Transnistrien verloren gehen. Sabine Stöhr ist die Vertreterin des EU-Beauftragten für Moldau und den Transnistrien- Konflikt in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Sie verweist auf erste Erfolge der EU-Grenzmission.

    " Nach der Einführung eines normalen Zollregimes zwischen der Ukraine und Moldau, war die wichtige Aufgabe von EUBAM, objektive Informationen für alle Seiten zur Verfügung zu stellen, und da haben sie doch mit dazu beigetragen, die Emotionen doch etwas zu beruhigen und es möglich zu machen, konkret über doch eventuell bestehende Probleme zu sprechen und Lösungen zu finden. "