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Verschwundene Geräte per Funk orten

Technik. - Wer sein verlegtes Handy sucht, ruft es an und geht dem hoffentlich ertönenden Klingeln nach. Auch in Krankenhäusern sind unauffindbare Geräte ein Problem. Die Uniklinik Erlangen hat mit dem dortigen Fraunhofer-Institut eine Lösung entwickelt, die vom Handy-Ansatz inspiriert ist.

Von Hellmuth Nordwig |
    Als Informatiker war Dr. Martin Sedlmayr anfangs erstaunt: Spritzenpumpen, Beatmungsgeräte und vieles mehr sind in einem Krankenhaus häufig nicht auffindbar - und das ist nicht nur am Universitätsklinikum Erlangen so.

    "Manchem Betriebswirtschaftler würden sich vielleicht die Haare im Nacken aufstellen, wenn er wüsste, wie das teilweise in Kliniken gehandhabt wird. Tatsächlich gibt es in der Literatur Hinweise, dass ungefähr eine halbe Stunde pro Station und Schicht für die Suche nach medizintechnischen Geräten draufgeht."

    Gemeinsam mit Ingenieuren vom Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen erprobt das Uniklinikum Erlangen seit dieser Woche eine technische Lösung für dieses Nerven zehrende Problem. Fraunhofer-Forscher Fritz Meyer zeigt am Computer, wie die Suche abläuft:

    "Ich möchte das Gerät mit dieser Typennummer finden, gebe die ein in das System. Das System sagt mir, dass sich das Gerät im Einleitungsraum befindet, und eine Karte visualisiert mir, wo ich es jetzt finde."

    Die Suche gelingt mithilfe sogenannter Funkknoten. Das sind elektronische Schaltkreise in Scheckkartengröße, die in einem grauen Kästchen stecken und an den Geräten angebracht sind. Ähnlich wie ein Handy senden sie elektromagnetische Wellen aus und empfangen die Signale anderer Knoten. Die Sendeleistung ist allerdings viel geringer als bei einem Handy, sodass der Klinikbetrieb nicht beeinträchtigt wird. Karin Loidl vom Fraunhofer-Institut:

    "Die Lokalisierung funktioniert wie folgt: Im Klinikum sind Knoten angebracht, die ihre Position kennen. Und alle mobilen Knoten, die auf den Geräten drauf sind, hören verschiedene Knoten. Je nachdem, wie laut sie die hören, mit welcher Feldstärke, können sie die Position ermitteln, wo sie sich befinden, und die geben sie dann an eine Zentrale weiter."

    Die Funkknoten sind also mehr als Sender und Empfänger. Sie verfügen auch über einen Prozessor, der den Standort des Geräts ermittelt. Das ist aber noch nicht alles: Die Funkknoten können auch mit Sensoren verknüpft werden.

    "Aktuell ist es ein Temperatursensor. Man kann sich da beliebige Sensoren vorstellen, zum Beispiel einen Erschütterungssensor, damit erkannt wird, wenn ein Gerät umgefallen ist. In anderen Szenarien könnte man auch sehen, ob ein Paket geöffnet wurde, wenn da ein Lichtsensor angebracht ist."

    Den Temperatursensor nutzen Ärzte am Uniklinikum Erlangen bei Blutkonserven. Da kommt es in der Hektik lebensrettender Operationen schon mal vor, dass Blutbeutel aus dem Kühlschrank bereitgelegt und dann vergessen werden. Bisher müssen sie vorsichtshalber entsorgt werden, doch nun kann die Kühlkette elektronisch überwacht werden. Die Funkknoten an den Blutkonserven dienen noch einem weiteren Zweck: Auch ein Patient bekommt vor einer Operation nämlich ein Armband mit einem Funkknoten - nicht etwa weil er verloren gehen könnte, sondern um in letzter Minute noch einmal zu überprüfen, ob wirklich die richtigen Blutkonserven bereitgestellt wurden. Martin Sedlmayr:

    "Ich stehe jetzt am Patienten und halte die beiden Funkknoten - einer am Armband des Patienten, einer mit einer Plombe am Blutbeutel festgemacht - übereinander. In diesem Fall leuchtet ein rotes Licht und es piepst drei Mal. Das sagt mir, dass das nicht die richtige Zuordnung war - ich hätte den Patienten vielleicht verletzt. Wenn ich das nun mit dem richtigen Patienten aneinander halte, leuchtet ein grünes Licht und es piepst lange. Jetzt weiß ich, das ist der richtige Blutbeutel für den richtigen Patienten."

    Auch da war der Informatiker zunächst überrascht, wie häufig Verwechslungen vorkommen. Etwa jede vierhundertste Blutkonserve wird im Klinikalltag vertauscht - glücklicherweise bleibt das normalerweise folgenlos. Rund 35 Euro kostet ein Funkknoten derzeit. Für Otto Normalverbraucher ist das System also zu teuer, um stets verschwindende Scheren oder Kugelschreiber zu orten. Noch, meint Karin Loidl:

    "Wenn man da einige Jahre zugibt, kann man sich vorstellen, dass solche Netze auch im Heimbereich sind und dass dann jedes Gerät sagen kann, wo es sich befindet, und vielleicht auch mal die Brille."