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Verstöße seismisch entdeckt

Seismik. - Die Chancen aller existierenden und potentiellen Atommächte, unbemerkt ihre Kernwaffen zu testen, verringern sich zusehends. Von Wien aus wird ein weltweites Netz von seismischen Stationen gesteuert, das sich bemüht, alle Atomtests aufzuspüren. Neue Erkenntnisse aus diesem Zweig der Seismologie wurden am vergangenen Wochenende in London diskutiert.

    Jede Explosion schickt genau wie Erdbeben Wellen durch die Erde und die Erdoberfläche entlang und kann daher, wenn sie denn nur groß genug ist, von den Instrumenten der Seismologen aufgespürt werden. Daher werden im Rahmen des Atomteststopp-Abkommens seismologische Netzwerke eingesetzt. Die Messinstrumente der Seismologen sind inzwischen so fein geworden, dass sie auch Atomwaffentests mit der Sprengkraft einer Kilotonne entdecken können.

    Dank der modernen Kommunikationsmittel werden die Experten geradezu von einer Datenflut überschwemmt. "Mit dem Internet bekommen die Seismologen ihre Daten von rund um die Welt automatisch ins zentrale Wiener Labor geliefert. Andererseits macht die Flut von Daten die Analysen sehr kompliziert", erklärt Professor Alan Douglas von der Seismischen Gruppe des Atomic Weapons Establishment im englischen Blacknest. Denn ein Test von einer Kilotonne Sprengkraft entspricht einem Erdbeben der Stärke 4, und davon gibt es in den Aufzeichnungen pro Jahr etwa 8000. Aus dieser Menge müssen die Forscher die ein oder zwei Atomtests herausfiltern.

    Das gelingt ihnen durch Vergleiche. Erdbeben haben einen komplexen Ablauf, der sich auf in den Messdaten widerspiegelt. Atomtests dagegen beginnen mit einer Explosion, ohne Vorboten oder ähnliches. In Zukunft wollen die Atomtest-Kontrolleure ihre Lauscher noch verfeinern, so dass sie auch gut kaschierte Tests entdecken. Ziel ist eine Empfindlichkeit zu erreichen, die auch Explosionen der Bebenstärke 3 erkennt. Doch damit steigen die Anforderungen an die Filter rasant. Beben dieser Stärke gibt es rund 30.000 pro Jahr. Entsprechend wichtig sind automatisierte Auswertungen, die nur kritische Fälle melden. Derzeit werden die entsprechenden Programme entwickelt.

    [Quelle: Dagmar Röhrlich]