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Vertuschung beim Radsportverband?

Der Fall des Radfunktionärs Burckhard Bremer bringt das Bundesinnenministerium massiv unter Druck. Dem Sportdirektor des Bundes Deutscher Radfahrer attestieren jetzt zwei Gerichte, ein Dopingvertuscher zu sein - vernichtende Urteile für einen mit Steuergeld bezahlten Spitzenfunktionär.

Von Thomas Kistner | 27.08.2010
    Bremer war mit Unterlassungsklagen gegen die Bundestagsabgeordneten Winfried Hermann und Peter Danckert sowie den Saarländischen Rundfunk gescheitert. Stattdessen erhielt er attestiert, dass er etwa im Hinblick auf den Dopingfall Patrik Sinkewitz bei der Rad-WM 2000 in Plouay gewusst habe, "dass Sinkewitz Doping mit Epo vorgenommen hatte". Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

    Die Causa Sinkewitz ist aus Sicht der Justiz nur eine Affäre, die Bremer vertuschen half. Bereits im Juli gab das Kammergericht Berlin dem Grünen-Parlamentarier Winfried Hermann abschließend recht, der Bremer als belasteten Funktionär "aus den heißen Zeiten des Dopings" gegeißelt hatte. Hier stellten die Richter fest, Bremer habe mitgewirkt, den Fall des Bahnfahrers Christian Lademann 2004 "zu vertuschen".

    Der BDR setzt nun einen unabhängigen Juristen zur Begutachtung ein. Bis Ende Oktober soll dessen Empfehlung vorliegen. Zugleich aber sei Bremer bei der Rad-WM in Melbourne Ende September "als Sportdirektor natürlich für die Delegation vorgesehen". Diese Haltung des Verbandes rügen Hermann und auch Sportausschuss-Chefin Dagmar Freitag von der SPD. "Vielleicht wäre es klug, jemand anderes hinzuschicken", sagt Freitag, der BDR habe ja selbst erkannt, dass es einer unabhängigen Prüfung der Causa bedürfe. Sobald das Ergebnis vorliegt, will sie den Fall Bremer "sehr zeitnah" im Sportausschuss behandeln. Freitag sieht - "nach Rechtskraft aller vorliegenden Urteile" - eine massive Veränderung der Sachlage: Dann sei gesichert, dass Bremer zumindest nicht zur Aufklärung von ihm bekannten Dopingsachverhalten beigetragen habe.

    Da Bremer aus Bundesmitteln finanziert werde, sei er auch ein Thema für das BMI. Im traditionell sportnahen Ministerium wächst bereits die Unruhe, es hält sich auf Anfrage bedeckt. Das BMI "begrüßt" die Einsetzung eines Prüfers durch den BDR und will sich im Hinblick auf "zuwendungsrechtliche Konsequenzen regelmäßig über den Verlauf der Prüfung unterrichten lassen".
    Dass dies ausgerechnet der betroffene Verband tut, passt für Winfried Hermann ins anrüchige Bild. Der langjährige Sportexperte der Grünen sagt: "Bremer und der BDR sind jetzt der Prüfstein für das BMI. Hier zeigt sich, wie ernst sie das nehmen, was sie immer behaupten - dass sie Mittel nur an Verbände geben, die alle Antidoping-Kriterien erfüllen." Die Grünen haben eine scharfe Anfrage an die Bundesregierung zur "Bezahlung eines Funktionärs aus Steuermitteln vor dem Hintergrund eines verschleierten Dopingfalles" formuliert; sie wollen wissen, wieviel Geld seit 2004 an BDR und Bremer geflossen ist, und welche Konsequenz aus den Urteilen "bezüglich Rückzahlung von Bundesmitteln" gezogen werde.