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Viel getan und viel zu tun

Vorstandsvorsitzende von Unternehmen sind üblicherweise stolz auf gestiegene Kundenzahlen. Dies dürfte bei Frank-Jürgen Weise anders sein. Weise ist Vorstandsvorsitzender der Bundesagentur für Arbeit. 2004 trat er sein Amt mit dem Auftrag an, aus Deutschlands größter Behörde ein leistungsfähiges Unternehmen zu machen. Vieles hat sich seitdem geändert. Abgeschlossen jedoch ist der Umbau noch nicht.

Von Martin Steinhage |
    "Guten Morgen, meine Damen und Herren. Die Arbeitslosigkeit ist auf 3.659.000 Menschen gestiegen…"

    Die Prozedur ist stets gleich: Einmal im Monat tritt Frank-Jürgen Weise vor die Presse, um den Monatsbericht der BA - der Bundesagentur für Arbeit - bekannt zu geben. Nüchtern und sachlich, geradezu emotionslos trägt der Vorstandsvorsitzende der BA das Zahlenwerk und dessen Interpretation vor. Dabei könnte Weise inzwischen viel entspannter seine Daten und Fakten verkünden, als er dies in der Frühphase seiner Amtszeit tun musste. Damals zählte die Bundesagentur mehr als fünf Millionen Menschen ohne Arbeit. Jetzt sind es etwa eineinhalb Millionen weniger. Weise hat einen Auftrag: Er soll aus Deutschlands größter Behörde ein leistungsfähiges Unternehmen der Spitzenklasse machen. Sein Amtsantritt 2004 fiel zusammen mit dem Start von Hartz III, dem Umbau der damals ineffizienten Bundesanstalt, welche die Arbeitslosigkeit eher verwaltete als bekämpfte. Seitdem ist viel geschehen in dem Riesenunternehmen mit seinen rund 100.000 Mitarbeitern: Die Arbeitslosenzahl ist geschrumpft, und die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit sank um ein Drittel auf knapp unter sechs Monate. Experten sind überzeugt: An dieser Entwicklung hat die Bundesagentur einen nicht unerheblichen Anteil. Frank-Jürgen Weise sieht die BA nunmehr an einem ersten Etappenziel:

    "Die BA ist führbar geworden, sie ist transparent geworden, und sie hat Arbeitsabläufe, die wirklich kundenfreundlich, sachgerecht, schnell sind. Ja, diese erste Phase ist abgeschlossen, aus meiner Sicht auch erfolgreich."

    Jetzt aber müssten weitere Phasen folgen: Nach dem Kraftakt der letzten Jahre gehe es nun um eine kontinuierliche Weiterentwicklung. Ziel sei es, das Erreichte zu optimieren. Und da gebe es durchaus noch Luft nach oben, sagt auch BA-Vorstand Heinrich Alt:

    "Wir haben sehr vieles richtig gemacht in diesem Reformprozess. Wir haben ein paar Dinge nicht ganz richtig gemacht, und da steht auch noch ein bisschen Nacharbeit an. Wo er sicher noch nicht ganz abgeschlossen ist, ist im Bewusstsein der Kolleginnen und Kollegen, da haben wir sicher noch ne Menge Arbeit vor uns, was unseren speziellen Dienstleistungsauftrag für die Menschen angeht, die wirklich auch in den Herzen und in den Köpfen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu implementieren."

    Heinrich Alt ist in der Chefetage der Bundesagentur zuständig für den Bereich Grundsicherung. Und damit vor allem für das Arbeitslosengeld II, besser bekannt unter dem Reizbegriff "Hartz IV".

    Das Jobcenter Tempelhof-Schöneberg. Über 50.000 Einwohner dieses Berliner Bezirks erhalten hier das Arbeitslosengeld II – kurz ALG II - für den alltäglichen Bedarf, sowie das Geld für Miete und Heizkosten. Etwa jeder vierte Besucher ist Ausländer, ein weiteres Viertel sind Bundesbürger mit nicht-deutschen Wurzeln. Die meisten ALG-II-Empfänger sind langzeitarbeitslos, sie haben seit mindestens einem Jahr keine reguläre Beschäftigung. Viele Kunden, wie die Betroffenen inzwischen offiziell genannt werden, leben in einer "Bedarfsgemeinschaft". Das heißt, sie wohnen unter einem Dach mit Lebenspartnern, mit Verwandten, mit Kindern. Auch diese Menschen haben meist Anspruch auf die Grundsicherung. In Berlin sind es insgesamt 600.000 unter 65 Jahren, die mit Hartz IV auskommen müssen. In ganz Deutschland beläuft sich deren Zahl auf rund sieben Millionen.

    Im Jobcenter Tempelhof-Schöneberg sind auch etwa 20.000 Menschen unter 25 Jahren registriert. Neben vielen Minderjährigen sind darunter zahlreiche jüngere Leute, die noch nie regelmäßig gearbeitet haben und oftmals über keine Berufsausbildung verfügen. Um sie bemühen sich speziell ausgebildete Mitarbeiter. Einer von ihnen ist Marvin Koepcke. Vor ihm sitzt an diesem Vormittag der 22-jährige Mike, ein typischer Problemfall: Erst kein Halt im Elternhaus, später die Schule abgebrochen, dann nie einen Beruf erlernt, jetzt keine eigene Bleibe. Mike hat nicht gelernt, für sich selbst zu sorgen. Nicht in materieller Hinsicht, und auch sonst nicht.

    Marvin Koepcke ist ein sogenannter "pAp"; das Kürzel steht für "persönlicher Ansprechpartner". Er soll bei seinen Klienten – wie es im Amtsdeutsch heißt - die Vermittlungshemmnisse abbauen; die Betroffenen also fit machen für das Berufsleben. Erst für eine Ausbildung, später für einen Arbeitsplatz. - Freilich muss sich der Mann aus dem Jobcenter um rund 180 Fälle gleichzeitig kümmern. Eine intensive Betreuung ist da kaum möglich. Und die wäre oft genug bitter nötig. Längst hat man sich in den Jobcentern darauf eingestellt, eine Art Notreparatur-Dienst für eine verfehlte Bildungs- und Sozialpolitik zu sein: Immer mehr Heranwachsende sind für den Arbeitsmarkt kaum zu gebrauchen; und die Jobcenter sollen nachholen, was Eltern und Schulen versäumt haben.

    Mit der Einführung von Hartz IV hatte der Gesetzgeber verfügt, dass als arbeitsfähig gilt, wer drei oder mehr Stunden täglich arbeiten kann. Eine recht praxisferne Festlegung, wie sich schnell herausstellte. Denn die Kommunen erklärten flugs über neun Zehntel aller Sozialhilfe-Fälle für arbeitsfähig im Sinne des Gesetzes. Damit waren sie nicht mehr zuständig für diese Klientel und entlasteten so ihre Haushalte. Nun sind viele ehemalige Sozialhilfeempfänger "Hartz-Vierer" - und Besucher der Jobcenter. Für viele von ihnen sind nun so genannte Fallmanager zuständig. Fallmanagern wie Heike Zerbrock geht es um die "soziale Stabilisierung" ihrer Kunden. Das heißt, die Leute sollen lernen, halbwegs zurechtzukommen. Da bleibt die Suche nach einem klassischen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt meist eine Illusion. Heike Zerbrock berichtet, dass die allermeisten ihrer fast einhundert Zöglinge unter - so der Fachbegriff – "multiplen Vermittlungshemmnissen" leiden:

    "Sehr oft Suchtproblematiken, Alkohol, Drogen, gesundheitliche Problematiken unabhängig von der Suchtproblematik sind auch ein schwerwiegendes Vermittlungshemmnis mitunter, und natürlich auch Qualifikationshemmnisse. Fehlende Qualifikation, nicht mal ein Schulabschluss vorhanden, wenn vielleicht noch ein Schulabschluss, dann keine Berufsabschlüsse. Wenn ein Berufsabschluss vorhanden, vielleicht so lange her, gar nicht mehr verwertbar."

    Ganz gleich, ob jung oder alt; egal, ob Klient beim "persönlichen Ansprechpartner" oder bei der "Fallmanagerin": Die Besucher der Jobcenter sind oft genug eine schwierige Kundschaft. Doch bei weitem nicht alle seien hoffnungslose Fälle, sagt Marvin Koepcke:

    "Generell gibt es natürlich auch junge Erwachsene mit Verweigerungshaltung, an denen wir zu knabbern haben. Aber wir sehen es eben als vordringliche Aufgabe, auch daran zu gehen und daran zu arbeiten. Generell kann man aber sagen, ist die Kooperationsbereitschaft hoch."

    Mit Hartz IV wurden die einst getrennten Leistungssysteme Arbeitslosen- und Sozialhilfe am 1. Januar 2005 miteinander verschmolzen. Entscheidend für die Unterstützung der Betroffenen ist nunmehr allein deren Bedarf, wobei der Höchstsatz für einen ALG-II-Empfänger bei 347 Euro im Monat liegt. Flexibler können die Jobcenter dagegen die Bemessung der Unterkunftskosten handhaben. Dies ist vor allem dem Umstand geschuldet, dass eine Wohnung zum Beispiel in München viel teurer ist als etwa in Magdeburg. Insgesamt müssen die Steuerzahler in diesem Jahr über 13 Milliarden Euro aufbringen, allein für die Unterbringung von Hartz-IV-Empfängern. In etwa noch einmal die doppelte Summe verschlingen die Ausgaben für das Arbeitslosengeld II, einschließlich einer ganzen Reihe von Zulagen, befristeten Zuschlägen und anderen Zuschüssen. Um die ausufernden Kosten zu begrenzen, sind die Hartz-Gesetze bereits mehrfach verschärft worden. Gleichwohl hält sich in der Öffentlichkeit hartnäckig der Eindruck, viele Leistungsempfänger seien faul und trickreich; stets bestrebt, jeder Form von Arbeit aus dem Weg zu gehen:

    "Natürlich haben wir auch Kunden, die vielleicht ein bisschen cleverer sind als sich das der Gesetzgeber wünscht. Ich glaube, dass die meisten sich nach vielen Jahren der Arbeitslosigkeit eingerichtet haben und in so einer Lethargie verfallen sind. Ob sich das dann unter dem Begriff der Faulheit subsumieren lässt, das weiß ich nicht", "

    sagt Ingrid Wagener, die Leiterin des Jobcenters Tempelhof-Schöneberg. – Das Problem sei also weniger eine Frage des "Nicht-Wollens", als des "Nicht oder nicht mehr Könnens".

    " "Das lässt sich im übrigen auch daran ablesen, dass unsere Kunden sehr häufig schon nach wenigen Monaten im Arbeitsleben wieder scheitern. Das ist ja nicht so, dass sie jetzt nicht gut genug sind. Da spielen ja viele Faktoren eine Rolle. Also das Ganze, was wir so jeden Morgen durchmachen, wenn wir aus dem Bett finden, das muss man ja auch wieder neu lernen. Sich was sagen lassen vom Boss, all diesen Schwierigkeiten entzieht man sich ja, wenn man zu Hause ist."

    In der Nürnberger Zentrale der Bundesagentur hat man das Problem erkannt. BA-Vorstand Heinrich Alt erläutert, dass bundesweit etwa die Hälfte aller in Arbeit vermittelten Hartz-IV-Empfänger binnen Jahresfrist wieder vor der Tür der Jobcenter stehen. Da will man nun versuchen gegenzusteuern:

    "Damit wir Beschäftigungsverhältnisse stabilisieren von Menschen, die vielleicht noch Gewöhnung haben, was den Tagesrhythmus angeht, was die Herausforderung der Privatwirtschaft angeht usw., glaube ich, müssen wir mehr investieren in die Stabilisierung von Beschäftigungsverhältnissen, und ich glaube, hier geht es darum zu überlegen, schaffen wir es aus dem in einem Menschen vorhandenen Talent, eine Perspektive zu entwickeln für den dauerhaften Verbleib auf der anderen Seite, auf der guten Seite des Arbeitsmarktes in Beschäftigung."

    Freilich gehört zu Hartz IV neben dem Fördern auch das Fordern. Daher wurden die Sanktionen zuletzt deutlich verschärft: Wer Unterlagen nicht fristgerecht einreicht oder Termine versäumt, muss mit Kürzungen seines Geldes rechnen. Im Jobcenter Tempelhof-Schöneberg liegt die Sanktions-Quote derzeit bei 2,4 Prozent. Neuerdings wird entschiedener durchgegriffen, bisweilen auch gegen den Willen der Kollegen, sagt Leiterin Ingrid Wagener:

    "Wir haben festgestellt, dass es Mitarbeiter gibt, die dem Konflikt, die die Sanktion mit sich bringt, so ein bisschen aus dem Wege gegangen sind. Da haben wir noch mal Schulung aufbereitet, und das bedeutete, dass alle Kunden gleich streng auch behandelt werden."

    In einem Jobcenter trifft man naturgemäß kaum zufriedene Menschen. Die meisten Kunden bedrückt ihre Situation, viele sehen keine Perspektive für sich, haben die Hoffnung auf ein "normales" Leben längst aufgegeben. Enttäuschung und Frust sind groß, meist über das eigene Dasein, gelegentlich auch über die Mitarbeiter in den Jobcentern:

    "Es nervt, es nervt, wie teilweise mit den Leuten umgegangen wird.
    Also so wirklich laufen tut’s momentan nicht.
    Heute hier, weil ich habe für Februar Geld nicht gekriegt.
    Ich bin langzeitarbeitslos, und heute will ich eine Beschwerde einreichen.
    Diese ganzen Plakate, die im Jobcenter sind mit "Wir fördern die Arbeitslosen" und "Wir helfen in die Selbständigkeit", das ist also praktisch gar nicht umsetzbar. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass also wirklich keiner Unterstützung bekommt.
    Sie haben eine eigene Wohnung?
    Ich habe eine eigene Wohnung, ja.
    Ich gehe mal davon aus, dass hier jetzt wahrscheinlich auch welche sind, die das Geld dringend benötigen."

    Ortswechsel: Die Agentur für Arbeit in Berlin-Neukölln: Ein junger Mann hat, warum auch immer, sein Arbeitslosengeld I für den Vormonat nicht bekommen. Nun ist er völlig abgebrannt und bittet im Kundenzentrum um schnelle Hilfe:

    "Die Entscheidung kann ich natürlich hier nicht treffen, da muss ich zu meiner Vorgesetzten gehen, muss ihr den Fall kurz schildern…"

    Die Atmosphäre in dieser Agentur – einst Arbeitsamt genannt – ist entspannter als im Jobcenter, obwohl Neukölln ein notorischer Berliner Problembezirk ist. Das Thema Kurzzeitarbeitslosigkeit aber ist bei weitem nicht solch ein "Aufreger" wie etwa Hartz IV, die Kundschaft wirkt gelassener. Hinzu kommt: Warteschlangen gibt es nur noch selten; überwiegend wird termingebunden gearbeitet. Für Kunden wie Mitarbeiter ist dieses Element der Reform von nicht geringer Bedeutung. - Fachassistentin Bärbel Kühn:

    "Überwiegend muss man sagen, sind die Leute im Gegensatz zu früher freundlicher, weil die Bearbeitungszeiten wesentlich geringer geworden sind, auch die Wartezeiten haben sich radikal reduziert bei uns."

    Christiane Schendler ist ebenfalls zufrieden mit dem neuen Zeit-Management:

    "Dass wir die Gespräche, also nicht nur bei den Erstgesprächen, auch bei den so genannten Folgeberatungen auf Termin halt die Einladung haben, dass insofern keine Warteschlangen mehr entstehen und man auch in gewissem zeitlichen Druck ist, wenn man weiß, es warten noch zehn draußen, die einen gerne sprechen möchten."

    Frau Schendler macht Erst- und Folgeberatungen mit Arbeitslosen. Bis zu sechzig Minuten Zeit hat sie pro Gespräch. Eine Stunde, um Stärken und Schwächen ihrer Kunden zu ermitteln, um deren weitere Verwendbarkeit auf dem Arbeitsmarkt auszuloten. Immer mit dem Ziel, den Arbeitslosen so schnell wie möglich wieder in Lohn und Brot zu bringen. Statt wie einst um 300 Arbeitslose soll sich jeder Berater nur noch um 75 Kunden kümmern müssen. So sieht es die Reform vor - zumindest in der Theorie…

    "Wir können derzeit eine Quote zwischen 150 und etwa 250 vorweisen. Das heißt also leicht angehoben. Aber wir versuchen da natürlich auch ganz stark darauf auszurichten, dass wir diese Quote noch etwas nach unten bringen, dass also die Kundenkontaktdichte noch etwas stärker intensiviert wird."

    Das aber gebe der Personalbestand derzeit nicht her, sagt Bernd Becking, der Leiter der Arbeitsagentur Berlin-Süd. Für nicht wenige Kunden ist das frustrierend. So auch für diesen Elektrotechniker, der seit einigen Monaten eine neue Stelle sucht, und der weiß, dass mit jedem Tag Hartz IV ein bisschen näher rückt:

    "Ich finde zum Beispiel, dass die Zwischenzeiten zwischen diesen Terminen viel zu lang sind. Das heißt also, wenn ein Beratungstermin war, dann kriegt man den nächsten erst in zwei oder drei Monaten, oder man muss vorher sogar selber anrufen und darauf pochen, mal wieder einen Termin zu machen, um halt über die Situation zu sprechen. Und ich finde, das mangelt hier ein bisschen."

    Agentur-Chef Becking kennt diese Defizite:

    "Im Hinblick auf die Kundenkontakte, im Hinblick auf die Intensität, wie man sich den Kunden widmen kann, das muss sich noch einspielen, damit wir das im Sinne von Kundenzufriedenheit auch hier optimal nutzen."

    Allerdings tragen Becking und seine Kollegen den geringsten Teil Schuld an diesen und anderen Mängeln. Denn nach wie vor sind die Handlungsspielräume der BA-Mitarbeiter allzu begrenzt: Starre Vorgaben und Richtlinien durch die Politik behindern eine flexiblere Herangehensweise an die höchst unterschiedlichen Einzelfälle. Zudem werden Betreuung und Beratung beeinträchtigt durch einen in sich nicht schlüssigen und viel zu umfänglichen Maßnahmenkatalog:

    "Wenn die BA dezentral aufgestellt ist, dezentral führt, dann muss es auch Freiheiten geben für die Berater, im Einzelfall zu entscheiden, wie sie handhaben und nicht alles gesetzlich vorgegeben. Das ist z.B. ein kleines Defizit, da würde ich mir wünschen, dass das aufgegriffen wird","

    appelliert BA-Chef Weise an die Verantwortlichen im Berliner Regierungsviertel. Mit der Reform haben bei der einst so trägen BA auch Elemente der modernen Unternehmensführung Einzug gehalten. Begriffe wie "Zielvereinbarung", oder "Benchmarking" sind vielen Mitarbeitern in den Agenturen wie den Jobcentern inzwischen vertraut; in vielen Bereichen gibt es Leistungskontrollen. So auch beim Arbeitgeber-Service, wo täglich überprüft wird, wie viele Stellen man hat vermitteln können. - Teamleiter Marko Kilada:

    " "Wir haben gewisse Ziele, die wir zu erfüllen haben, das sind Soll-Linien, die wir ziehen für Arbeitsplätze und für Ausbildungsstellen, und es wird in der täglichen Morgenbesprechung im Team geschaut, wo ist der Stand, erreichen wir das Ziel, was wir uns gesetzt haben oder nicht."

    Wird das Soll übererfüllt, winken Prämien. Bleiben ein Team oder einzelne Mitarbeiter hinter den Vorgaben zurück, droht Ungemach – etwa von Agentur-Chef Becking:

    "Nicht verschweigen möchte ich die Tatsache, dass da natürlich auch ein leichter Druck existiert. Aber wo gibt’s in dieser Gesellschaft an Arbeitsplätzen heute keinen Druck mehr."

    Schon vor zwei Jahren, als die Reformen am Arbeitsmarkt noch unter dem Dauerfeuer der Kritik standen, kamen die Arbeitsagenturen – anders als etwa die Jobcenter - in den Bewertungen recht gut weg: In einer Fachanalyse im Auftrag der Bundesregierung hieß es damals, rund 80 Prozent der Kunden seien alles in allem zufrieden mit ihrer Betreuung.

    " "Generell würde ich schon sagen, dass die Mitarbeiter sich Mühe geben. Also bis jetzt kann ich mich nicht beklagen.
    Ich wurde immer sehr zuvorkommend behandelt und hab’ beste Erfahrungen gemacht","

    so einige wenige Stimmen in einer Zufallsbefragung. - Freilich hat die Stimmung der Betroffenen sehr viel zu tun mit ihren Hoffnungen und Erwartungen – und die sind in einer Arbeitsagentur deutlich größer als in einem Jobcenter. Fakten stützen dies: Während der Aufschwung am Arbeitsmarkt die Langzeitarbeitslosen auch im Jobcenter Tempelhof-Schöneberg nur in Maßen erreicht, sieht das in der Agentur Berlin-Süd schon viel besser aus: Den dort registrierten rund 14.000 Arbeitslosen standen im Januar immerhin etwa 6.600 offene Stellen gegenüber. Vor allem der Bedarf an ausgebildeten Fachkräften kann derzeit nicht mehr gedeckt werden. Das Problem der weiterhin hohen deutschen Arbeitslosenquote hat seine Ursache vor allem in der Bildungs- und Ausbildungsmisere. Dort muss noch der Qualitätssprung erfolgen, den die Bundesagentur für Arbeit zu guten Teilen bereits hinter sich hat.