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Vierzehn Jahre Blutvergießen

Präsident Obasanjo hat eine Einladung ausgesprochen, ich habe diese Einladung angenommen. Jetzt gilt es, mit Umsicht vorzugehen, damit sich niemand ausgeschlossen fühlt und womöglich Unruhe ausbricht. Präsident Bush hat klar gemacht, dass wir schnell handeln müssen, damit diese Gelegenheit nicht verstreicht. Wir sind bereit, diese Gelegenheit zu akzeptieren.

Ludger Schadomsky |
    Präsident Obasanjo hat eine Einladung ausgesprochen, ich habe diese Einladung angenommen. Jetzt gilt es, mit Umsicht vorzugehen, damit sich niemand ausgeschlossen fühlt und womöglich Unruhe ausbricht. Präsident Bush hat klar gemacht, dass wir schnell handeln müssen, damit diese Gelegenheit nicht verstreicht. Wir sind bereit, diese Gelegenheit zu akzeptieren.

    Worauf die Weltgemeinschaft eine gute Woche, und die geschundene Bevölkerung Liberias 14 Jahre gewartet hatte, wurde am vergangenen Sonntag Nachmittag endlich Wirklichkeit: Im pluralis majestatis verkündete Charles Taylor, der Öffentlichkeit wahlweise als Rebellenführer, Waffenschmuggler, Baptistenprediger und Präsident Liberias bekannt, er akzeptiere die Einladung von Nigerias Präsident Olusegun Obasanjo, und werde nach Nigeria ins Exil gehen. Mit seinem Angebot, Liberia zu verlassen, folgte Taylor dem Aufruf von US-Präsident Bush. Der hatte zuvor eine mögliche US-amerikanische Intervention in dem westafrikanischen Land an den Rücktritt des liberianischen Präsidenten geknüpft.

    Präsident Taylor muss zurücktreten, damit seinem Land weiteres Blutvergießen erspart bleibt. Die Bedingung für eine mögliche Intervention in Liberia ist, dass Präsident Taylor das Land verlässt. Es wäre zu wünschen, dass wir dieses Ziel auf diplomatischem Weg erreichen. Colin Powell arbeitet deshalb eng zusammen mit dem Generalsekretär Kofin Annan und anderen bei den Vereinten Nationen, um die Ablösung Taylors in die Wege zu leiten.

    Noch hat sich der Präsident nicht erklärt, ob er Truppen nach Liberia entsenden wird. Gestern traf ein amerikanisches Aufklärungskommando in der Hauptstadt Monrovia ein, um die Bedingungen für eine mögliche Intervention zu prüfen. Während sich Bush demonstrativ gelassen gab und den Independence Day-Feiertag im Grünen verbrachte, diskutieren Politiker und Militärstrategen auf den Kabelkanälen jene Frage, die derzeit sogar den Irak-Krieg in den Hintergrund drängt: Ob nämlich Amerika, das vor 150 Jahren half, Afrikas älteste Republik Liberia zu gründen, in dem wieder entflammten Bürgerkrieg intervenieren sollte.

    Befürworter einer solchen Intervention verwiesen auf das Beispiel der ehemaligen Kolonialmächte Frankreich und Großbritannien. Als in Sierra Leone Kindersoldaten Zivilisten Arme und Beine abhackten, da entsandte London Tausende Soldaten in die ehemalige Kolonie. Auch die Franzosen erinnerten sich ihrer Verantwortung und schickten 4000 Soldaten, als Kämpfe zwischen Rebellen und Regierung die einstige Musterkolonie Elfenbeinküste in die Krise stürzten. Wo also, fragen längst nicht nur Afro-Amerikanische Lobbygruppen, sind die USA in Liberia?

    Denn immerhin waren es amerikanische Philanthropen, die den Staat Liberia gründen halfen. Anfang des 19.Jahrunderts erwarb die American Colonization Society für einige Fässer Rum und etwas Schießpulver zum heutigen Gegenwert von 300 US Dollar einen 100 Kilometer langen Streifen an der afrikanischen Westküste. Dort, im Gebiet der heutigen Hauptstadt Monrovia, siedelte die von Thomas Jefferson unterstützte Gesellschaft freigekaufte amerikanische Sklaven an – freilich nicht allein aus edlen Motiven: Denn zu den Liberalen, die das dunkle Kapitel der Sklaverei durch einen noblen Akt abschließen wollten, gesellten sich jene Reaktionäre, die die Schwarzen schlichtweg aus dem Land haben wollten.

    Am 26. 7.1847 riefen die freigelassenen Sklaven die unabhängige Republik Liberia aus: "Die Liebe zur Freiheit brachte uns her ", so steht es bis heute im Wappen Liberias. Doch es dauert nicht lange, bis die Leibeigenen von einst beginnen, ihre früheren Herren zu imitieren. Die Americo-Liberianer, Congos genannt, flanieren in Südstaatlertracht durch die Hauptstadt Monrovia, behandeln die lokalen Völker als Menschen Zweiter Klasse und bilden für mehr als ein Jahrhundert eine Elite, die alle Macht im Staat unter sich aufteilt. Erst 1904 erhalten Nicht-Congos die Staatsbürgerschaft.

    Es dauert bis zum Jahr 1980, bevor ein Putsch des gerade 28 Jahre alten Feldwebels Samuel Doe dem Herrschaftsanspruch der Americo-Liberianer ein Ende macht. Doe lässt Präsident Tolbert foltern und 13 seiner Minister öffentlich erschießen, ernennt sich zum Staatschef und umgibt sich in der Folge ausschließlich mit Mitgliedern seines Krahn-Volkes. Unter Doe regiert das Chaos in Liberia. Voodoo-Kult, Korruption und Verfolgungswahn: Die Liberianer sind nicht traurig, als 1990 bewaffnete Rebellen Doe vor laufenden Kameras abschlachten. Das Video ist noch heute in Monrovia zu kaufen.

    In den folgenden Bürgerkrieg sind zeitweilig sieben Parteien verwickelt, unter ihnen die National Patriotic Front eines gewissen Charles Taylor, der die Rückendeckung des libyschen Revolutionsführers Muammar Gaddafi hat. Die Kämpfe in Liberia schwappen über ins Nachbarland Sierra Leone, wo die von Taylor unterstützten Rebellen der Revolutionären Vereinigten Front (RUF) Zivilisten die Gliedmaßen abhacken. Taylor finanziert den Krieg, indem er Diamanten aus dem Nachbarland durch Liberia schmuggelt. Erst 1996 akzeptieren die Konfliktparteien einen Friedensplan, im Folgejahr gewinnt Charles Taylor international anerkannte Wahlen und wird am 2.August 1997 zum Präsidenten gekürt.

    Doch das Land kommt nicht zur Ruhe: Schon bald nehmen Rebellen vom Nachbarland Guinea aus den Kampf gegen Taylor auf. Gleichzeitig verhängt der UN-Sicherheitsrat ein Reiseembargo gegen Taylor und verbietet den Handel mit sogenannten Blutdiamanten aus dem Nachbarland Sierra Leone, und die Elfenbeinküste stellt Rebellentruppen gegen Taylor auf. Der Belagerungsring um den liberianischen Präsidenten wird enger. Im März dieses Jahres marschieren Rebellen der Gruppe "Vereinigte Liberianer für Versöhnung und Demokratie" - LURD - Richtung Hauptstadt Monrovia. 700 Menschen kommen bei Gefechten mit Regierungstruppen ums Leben. Der Rest ist Geschichte.

    Die Bilanz von fast 14 Jahren ununterbrochenem Krieg: ein Drittel der drei Millionen Einwohner Liberias ist zu Flüchtlingen geworden, 200.000 Menschen haben mit dem Leben bezahlt. Das Magazin "The Economist” kürt Liberia zum "schlimmsten Land der Welt”, noch vor Somalia und Afghanistan.

    Ferdinand Tackatsch ist der langjährige Büroleiter der deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit – gtz - in Monrovia.

    Es gibt keine Jobs, es gibt 80-90 Prozent Arbeitslosigkeit, die einzigen Arbeitsplätze, die hier zur Verfügung gestellt werden – die bezahlten Arbeitsplätze - , sind also internationale Organisationen, UN-Organisationen, EU, die Regierungsarbeitsplätze werden zum Teil monatelang nicht bezahlt, die Sicherheitskräfte auch nicht, das gibt natürlich ein Sicherheitsproblem mit den Sicherheitskräften, weil sie sich halt irgendwie die Sachen halt besorgen aus den Beständen der Hilfsorganisationen.

    Wie hier in der Hauptstadt Monrovia streifen Kinder zu Hunderten durch die Straßen, versuchen, sich und die Familie mit dem Verkauf von Zigaretten oder Limonaden über Wasser zu halten. So gering ist die Kaufkraft, dass die Pimpfe die Zigaretten einzeln anbieten.

    Fast jeder der jungen Männer, die in Gruppen zusammensitzen, ist in der einen oder anderen Form von dem 14jährigen Krieg betroffen. Entweder als aktiver Kämpfer oder als Kriegsversehrter, als Binnenflüchtling oder Waisenkind: Eine lost generation, eine Generation, die ihre Zukunft bereits hinter sich hat.

    Um die ehemaligen Kämpfer, aber auch junge Flüchtlinge, die seit Jahren ohne Ausbildung im Land umherirren, langfristig wieder in die Gesellschaft - und in ein Arbeitsleben - zu integrieren, unterhält die gtz in verschiedenen Regionen des Landes handwerkliche Ausbildungszentren.

    Wie hier in Salaye, in der nördlichen Lofa-Region, werden die Jugendlichen zu Handwerkern, Schreinern oder Elektrikern ausgebildet. Damit, so gtz-Landeschef Takatsch, sollen sie später nicht nur den eigenen Lebensunterhalt sichern, sondern auch zum Wiederaufbau des Landes beitragen:

    Food Security, Reisproduktion, Vocational Training, Rehabilitierung von Gesundheitszentren, Rehabilitierung von Schulen, Wegebau, also alles, was damit zusammenhängt, dass die Leute wieder zurückgehen können in ihre Gemeinden und dass man für den Reintegrationsprozess in Liberia, den Wiederaufbauprozess in Liberia genügend Fachkräfte zur Verfügung hat, die man dann über Repatriierungsprogramme wiederum eingliedern kann und gleichzeitig beschäftigen kann.

    Viele Lehrer in Liberia sind ums Leben gekommen oder als Flüchtlinge im eigenen Land unterwegs. Dementsprechend schlecht steht es um das Bildungssystem. Kein Wunder also, dass die gtz-Projekte ein Renner sind bei den Jugendlichen. Harris Fankbwana ist einer der Azubis in Salaye:

    Mit dieser Ausbildung haben wir die Möglichkeit, uns beim Wiederaufbau nützlich zu machen. Viele von uns mussten die Schule verlassen, manche waren Analphabeten. Aber jetzt können wir etwas anfangen. Nicht wie andere, die auf der Straße herumhängen oder sich Banden anschließen. Wir sind der internationalen Gemeinschaft dankbar, dass die gtz hergekommen ist.

    Doch auch Ferdinand Takatsch und seine gtz-Mannschaft wissen, dass ihre Bemühungen nur der Tropfen auf den sprichwörtlichen Stein sind. Eine Grundausbildung, vielleicht eine Anstellung in der Modellwerkstatt in Monrovia, oder einen Zuschuss zur Gründung eines eigenen kleinen Unternehmens: Mehr kann die deutsche Hilfsorganisationen nicht leisten. Um Liberia aus dem Teufelskreis von Krieg und Armut zu befreien, bräuchte es politischen Willen. Doch die korrupte Politclique um Taylor schert sich einen Deut um das Schicksal der zu Hunderttausenden im eigenen Land umherirrenden Flüchtlinge.

    Taylor, der sich gerne als Laienprediger im blütenweißen Gewand zeigt, ist ein Schurke, der selbst in Afrika mit seinen Mugabes und Eyademas noch einen Spitzenplatz einnimmt. Die Sicherheitsberaterin von George W. Bush, Condoleezza Rice, fasste es jüngst so zusammen:

    Charles Taylor muss Liberia verlassen, denn er stellt das eigentliche Problem dar. Taylor ist übrigens nicht nur ein Problem für Liberia, sondern für die gesamte Region.

    Rice und andere Beobachter haben Recht, wenn sie Liberia als Epizentrum einer humanitären und politischen Tragödie ausmachen, die inzwischen die gesamte Region erfasst hat: Sierra Leone, Guinea und Elfenbeinküste – sie alle sind auf die eine andere Weise in den Konflikt verstrickt. So ist Taylor die treibende Kraft hinter zwei Rebellengruppen, die derzeit die Elfenbeinküste unsicher machen. Sein Ziel: Der Sturz des ihm feindlich gesonnenen ivorischen Präsidenten Gbagbo.

    Auch sammelt Taylor ehemalige RUF-Elemente hinter sich, um Sierra Leone zu destabilisieren. So soll die Arbeit des Kriegsverbrechertribunals dort gestört, und der lukrative Diamantenhandel in liberianische Hand übergehen.

    Liberia, Sierra Leone, Guinea, Elfenbeinküste: Wenn es in Westafrika zu einem Flächenbrand kommt, dann liegt es daran, dass Charles Taylor seit Jahren an der Lunte zündelt. Kaum ein schmutziger Diamanten- oder Edelholz-Deal, in dem er nicht seine Finger im Spiel hat. Nun aber könnte dem Ehrenprofessor der Universität Taipeh ausgerechnet der winzige Nachbar Sierra Leone zum Verhängnis werden. Jenes Land, dessen Diamanten jahrelang Taylors Rebellenkrieg finanzierten und ihm ein Privatvermögen von geschätzten 3 Milliarden Dollar einbrachten. Denn in Sierra Leones Hauptstadt Freetown erhob Anfang Juni das dort tagende UN-Kriegsverbrechertribunal formell Anklage gegen Taylor wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Der amerikanische Chefankläger ließ wissen, man werde Taylor notfalls auch im Exil verfolgen.

    Wenn der amerikanische Präsident in dieser Woche zum ersten Mal den afrikanischen Kontinent bereist, dann wird er auf seinem Stop-over in Nigeria die Konditionen für Taylors Exil besprechen. Der nigerianische Präsident hat allerdings schon angekündigt, dass er keinerlei Einmischung dulden wird. Liberia dagegen steht nicht auf Bushs Besuchsplan. So entgehen ihm die Kinderleichen, die verzweifelte Liberianer dieser Tage vor der Vertretung der USA im Diplomatenviertel Mamba Point ablegen. Es sind die Körper von Kindern, die während der Rebellenoffensive auf die Hauptstadt ums Leben gekommen sind. Die Botschaft ist klar: Schaut her, dies ist auch Euer Krieg, und je länger ihr zögert, desto mehr Tote wird es geben. Die Washington Post nahm diese Szenen zum Anlass, die Regierung zum Einschreiten aufzufordern:

    In einer Zeit, wenn Menschen auf der ganzen Welt Zweifel an der amerikanischen Außenpolitik hegen, können die USA beweisen, dass sie bereit sind, die eigene Macht über engstirnige Eigeninteressen hinaus zu gebrauchen. In Monrovia versammeln sich über Jahrzehnte geknechtete Menschen vor der Amerikanischen Botschaft, und bitten um Hilfe. Präsident Bush sollte ihren Ruf erhören.

    George Bush senior hatte während der schweren Kämpfe in der Hauptstadt 1990 eine Eingreiftruppe abgelehnt und sich auf die Evakuierung amerikanischer Bürger beschränkt. Angesichts des Engagements der Briten und Franzosen in den Nachbarstaaten würde ein abermaliges Zaudern der Weltmacht USA als Verrat an Afrika ausgelegt werden. Denn auch wenn Liberia nie amerikanische Kolonie war, so hat es doch seit der Gründung der Republik 1847 den de facto-Status einer solchen. Während des 2. Weltkrieges stationierten die USA hier 5000 Soldaten, hier entstand Afrikas erster Großflughafen. Bis heute beuten amerikanische Firmen in Liberia Eisenerz, Edelhölzer und Diamanten aus; der US-Reifenhersteller Firestone unterhält hier die weltweit größte Kautschukplantage.

    Die USA, die seit dem Debakel der Neunziger in Somalia einen großen Bogen um Afrika machen, haben Liberia auf die Tagesordnung gesetzt. Das ist gut so. Auch die Afrikaner selbst haben sich des Problems innerhalb des Regionalforums ECOWAS, der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten, angenommen, und wollen 3000 Soldaten entsenden. Doch offenbaren sich Spannungen in der Herangehensweise: Hier die westliche Staatengemeinschaft, die auf Drohgebärden setzt. Seitdem das Kriegsverbrechertribunal in Sierra Leone Anklage gegen Taylor erhoben hat, und seitdem über vermeintliche El-Kaida-Verbindungen nach Monrovia spekuliert wird, ist Taylor für Washington und London als Verhandlungspartner nicht länger tragbar.

    Demgegenüber schlagen die Afrikaner, die von einem Flächenbrand in der Region unmittelbar betroffen wären, moderatere Töne an. Eine Liberia-Kontaktgruppe zitierte Taylor und Rebellen nach Ghana, um dort am runden Tisch eine friedliche Lösung zu finden. Die Vermittlungsbemühungen hätten wohl Früchte getragen, wäre nicht mitten in die Runde der Haftbefehl für Charles Taylor geplatzt. Liberias starker Mann verließ erzürnt den Verhandlungstisch, und die Westafrikaner tobten, man habe eine friedliche Lösung leichtsinnig verspielt.

    Der ghanaische Journalist William des Bordes hat die Liberia-Gespräche in Accra intensiv verfolgt. Er warnt, dass der Rücktritt Taylors ein Vakuum schaffen könnte, in das Rebellen stoßen könnten: mit verheerenden Folgen für das Land.

    Charles Taylor ist sicher kein Heiliger, aber wir müssen uns Liberia als ganzes ansehen, bevor wir nur von Charles Taylor reden. Liberia ist größer als Charles Taylor. Die LURD-Rebellen würden gerne die Macht an sich reißen, das gleiche gilt für die Rebellen der MODEL-Fraktion. Wer weiß denn, wer nicht noch alles in dieses Machtvakuum drängt und damit Liberia weiter destabilisieren könnte? Insofern hat Taylor Recht, wenn er sagt, der Übergang sollte geordnet erfolgen.

    Auch wenn die Menschen auf den Straßen von Monrovia tanzen: Noch ist es für Liberia zu früh zu feiern . Beispiele wie Sierra Leone, Angola, Kongo und nicht zuletzt Liberia selbst zeigen, dass vielen afrikanischen Ländern ihr Reichtum zum Fluch geworden ist. Insofern dürfte das sog. Papageiendreieck zwischen Liberia, Sierra Leone und Guinea mit seinen Hölzern, Diamanten und Erzen auch weiter ein Unruheherd bleiben.

    Und der Westen? Es wäre fatal, die moralische Entrüstung, die etwa Frankreich lautstark nach einer Eingreiftruppe in Liberia rufen lässt, als Altruismus zu interpretieren. Dasselbe Frankreich war es nämlich, das sich einem Exportverbot für Tropenhölzer aus Liberia versperrte. Nach China ist Frankreich nach wie vor einer der größten Importeure von liberianischem Tropenholz – obwohl das Geschäft mit dem Holz nachweislich seit Jahren den Krieg anheizt, wie eine 65-Seiten starke Studie der Menschenrechtsgruppe Global Witness belegt.

    Auch die Schweizer Banken stehen wieder einmal auf dem Prüfstand. Dort hat die Clique um Charles Taylor knapp vier Milliarden Dollar geparkt. Und schließlich die USA: Die Reagan-Regierung anerkannte seinerzeit die gefälschten Wahlen, die den 28jährigen Psychopathen Doe an die Macht brachten. Im Laufe der Achtziger überwies Washington Doe 500 Millionen Dollar an Entwicklungshilfe - mehr als jedem anderen Land in Afrika.

    Im kommenden Jahr jährt sich die Berlin-Konferenz zum 120. Mal. Damals teilten die europäischen Kolonialmächte den Kuchen Afrika unter sich auf. Mehr als ein Jahrhundert später tobt einer neuer Scramble for Africa – ein neuer Kampf um Afrikas Ressourcen. Diesmal stehen nicht Elfenbein und Sklaven, sondern Öl und Diamanten auf der Einkaufsliste. Neben Frankreich, das seine ehemalige Einflusszone wiederentdeckt, sind die USA der zweite global player, der sich derzeit in Westafrika positioniert.