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Virtuelle Krankenkasse

Die erste Online-Geschäftsstelle einer gesetzlichen Krankenkasse hat vor kurzem ihre virtuellen Pforten geöffnet. Versicherte der Frankfurter Taunus BKK können seitdem amtliche Formulare herunterladen, ausfüllen, rechtsgültig digital signieren und über das Internet verschicken. Eine Möglichkeit, die in absehbarer Zeit vielleicht alle Versicherten, auch die bei anderen Kassen, bekommen werden.

Von Achim Killer |
    Eigentlich denkt man ja, wenn's um die digitale Signatur geht, eher an große Geldgeschäfte als an so etwas Alltägliches wie den Schriftverkehr mit einer Krankenkasse. Aber das, was man für gewöhnlich seiner Kasse mitteilt, sind hochsensible Informationen, sagt Cordula Gierg von der Geschäftsleitung der Taunus BKK:

    "Und da möchten wir natürlich, wenn die elektronisch zu uns kommt, dann auch sehr geschützt zu uns kommt und von niemand anderem einzusehen sind, aber auch von niemand anderem in seinem Namen fälschlich zu uns geschickt werden kann, sondern wir immer sicher sind, dass der Kunde, der uns per Email Daten schickt, auch wirklich der Kunde ist, der er vorgibt zu sein und nicht jemand anderes, der für irgendjemand anderes ein Antrag stellt. Das ist uns sehr wichtig, weil die Daten, die wir hier bei uns im Hause behandeln, doch einen sehr sensiblen Bereich betreffen. Und das ist, denke ich, mindestens so sensibel wie das Geld."

    Außerdem gibt es im Gesundheitswesen Rechtsvorschriften, die eingehalten werden wollen. Und dazu gehört, dass man einen Antrag, den man bei seiner Kasse einreicht, zu unterschreiben hat. Wer die Online-Geschäftsstelle nutzt, muss deshalb, nachdem er ein Formular in pdf-Form ausgefüllt hat, dieses digital signieren, also asymmetrisch verschlüsseln, bevor er es abschickt. Dazu benötigt er eine Chipkarte mit Kryptographie-Funktion und einem persönlichen Geheimschlüssel und natürlich einen Kartenleser. Das alles wird von der Taunus BKK subventioniert:

    "Unser Mitglied, das sich entscheidet, in der Online-Geschäftsstelle mitzumachen, braucht nur 19 Euro zu investieren. Für dieses Geld bekommt er den Kartenleser, die Software und auch die Signatur."

    Und Cordula Gierg ist sicher, dass genügend Versicherte diese 19 Euro bezahlen werden.

    "Man weiß es ja selbst, mit der Krankenkasse hat man gelegentlich zu tun, sodass wir nicht sagen können, die Kunden benötigen das nun mehrmals am Tag, können aber auch die Technologie dann für andere Dinge nutzen, um signiert Rechtsgeschäfte abzuwickeln, ob das nun mit dem Finanzamt oder mit Meldebehörden oder ähnlichem."

    Aber natürlich geht es der Kasse nicht nur darum, ihren Mitgliedern etwas Gutes zu tun, sondern sie will vor allem ihre Kosten senken. Dies geschieht zum einen dadurch, dass sie sich mit nicht mehr so vielen falsch ausgefüllten Formularen herumschlagen muss. In die pdfs sind Prüfroutinen eingebaut, die Alarm geben, wenn eine Eingabe nicht stimmen kann.

    "Wir haben also dann immer auf Plausibilität geprüfte Formulare, die dann rechtsgültig unterschrieben worden sind."

    So Jörg Marquardt von der Beratungsfirma Pentadoc, der die Online-Geschäftsstelle konzipiert hat. Die größte Einsparungsmöglichkeit aber ergibt sich dadurch, dass die Daten aus den Formularen nicht mehr manuell in die EDV der Krankenkasse eingegeben werden müssen. Denn bei pdf-Dokumenten lässt sich das automatisieren.

    "Alle Informationen, die vom Versichertenkommen, werden dementsprechend in die Datenbank eingespielt und die PDFs werden in einem revisionssicheren Archiv abgelegt, damit wir auf der Seite immer dem Gesetzgeber Pflicht und Schuldigkeit erfüllen und das dementsprechend sauber haben."

    Natürlich lassen sich diese Kostensenkungen nur dann realisieren, wenn es genügend Nutzer für die Online-Geschäftsstelle gibt.

    "Wir gehen davon aus, dass noch viele Hundert dazukommen, aber wir haben jetzt schon 400."

    Angesichts von über einer Million Versicherten bei der Taunus BKK erscheint das zwar nicht als sonderlich viel. Allerdings steht die Online-Geschäftsstelle auch erst seit vier Wochen im Netz. Eine Million Euro möchte die Kasse mit ihrer Hilfe einsparen. Cordula Gierg ist sicher, dass die dafür notwendige Nutzerzahl bald erreicht wird.

    "Um die angesprochene Million Kostenreduktion zu realisieren, benötigen wir etwa 10.000 Mitglieder, die sich für die Online-Geschäftsstelle entscheiden und über diesen Weg mit uns kommunizieren in Zukunft."

    Ebenfalls Krypto-Funktionen soll die von der Bundesregierung geplante Gesundheitskarte enthalten, so dass dann alle Krankenversicherten, nicht nur jene der Taunus BKK, den Schriftverkehr mit ihrer Kasse über das Internet abwickeln könnten.

    "Die Online-Geschäftsstelle mit Signatur ist eigentlich ein Vorgriff für uns auf die neue Technik, mit der sich auch unsere Kunden heute schon darauf einstellen können und wir auch bestimmte Dinge schon ausprobiert haben, die uns mit Sicherheit weiterhelfen, wenn die elektronische Gesundheitskarte hoffentlich eines Tages kommt."