Wenn das Leidenkönnen auf höchstem Niveau tatsächlich eine Fähigkeit wäre, die dem deutschen Nationalcharakter zugeordnet werden könnte, dann hätte die Konferenz "Visionen der Zugehörigkeit" im Jüdischen Museum Berlin tatsächlich ein greifbares Ergebnis für ihre zentrale Frage "Was ist deutsch im 21. Jahrhundert?" gebracht. Denn persönliche Leidensgeschichten über tatsächliche oder vermeintliche Diskriminierung der eigenen gesellschaftlichen Gruppe durch die angebliche Mehrheitsgesellschaft aller anderen, hatte quasi jeder der 21 Publizisten und Migrationsexperten und wohl auch jeder Zuschauer beizutragen. Da gab es Deutsche mit türkischem Hintergrund, die beklagten in Deutschland als Türken und in der Türkei als Deutsche gesehen zu werden. Deutsche mit griechischem Hintergrund, die in Deutschland schon als Deutsche, aber in Italien als Griechen und in Israel als Juden missinterpretiert werden. Ostdeutsche, die sich erst im Ausland als Deutsche und in Deutschland als Staatenlose fühlen, weil es die DDR nicht mehr gibt. Dazu Afrodeutsche, deutsche Juden, nicht-deutsche-arabische Christen in Deutschland, die alten deutschen Vertriebenen, Bayern in Preußen und so weiter und sofort. Jede Gruppe mit spezifischen historisch bedingten Schmerzen und Anliegen. Der Moderator des Panels "Deutsche Volkskunde" Zeit-Redakteurin Ijoma Mangold prognostizierte irgendwann anhand der Vielzahl der Ansprüche:
"Könnte es sein, dass wir so eine Explosion an Minderheitsgruppen dann haben und irgendwann dann gar nicht mehr wissen, wie viele Rücksichtnahmen auf wie viele Unteridentitätsgruppen wir noch managen müssen? -Ja, das ist so."
Einen Grund für die zunehmende Aufsplitterung der deutschen Gesellschaft in Subkulturen kann man darin finden, dass Deutschland seine Kinderlosigkeit durch Zuwanderung auszugleichen sucht. Einen Grund, warum es für Zuwanderer schwerer ist, sich mit Deutschland zu identifizieren als vielleicht mit Amerika, sieht Kulturwissenschaftler Harald Welzer im historisch einmaligen Verbrechen des Holocaust.
"Man kann in gewisser Weise beschreiben die Gesellschaft in einer Situation nach extremer Gewalt als eine Gesellschaft in der die Mitglieder extrem identitätsunsicher sind, weil natürlich etwas geschehen ist, was so historisch noch nie vorgekommen ist und weil es sehr schwierig ist, ein Verhältnis dazu entwickeln in der Nachkriegszeit."
Welzer meint, dass unsere Gesellschaft, die einmal in der Geschichte ihre Einwanderer kollektiv ermordete, unweigerlich nur Schwierigkeiten haben kann, neuen Einwanderern zu erklären, als was sie eigentlich genau willkommen sind. Als Gäste? Als selbstverständlicher Teil der Geschichte? Als ewig Fremde? Als neue Opfer? Als Erlösung von uns selbst? Leider verstrickten sich die Diskutanten aller folgender Panels der Konferenz , anhand dieser ungeklärten Rollenzuschreibung im unübersichtlichen Klein-Klein der Vielzahl von pädagogischen, politischen, psychologischen und sozialwissenschaftlichen Reflexe. So blieben zentrale Fragen, zum Beispiel darüber wen wir eigentlich integrieren wollen Individuen, Kulturen oder ganze Religionen im dornigen Diskussionsdickicht hängen, dem unter anderem hier der Berliner Migrationsbeauftragte Günther Piening sich ausgesetzt sah.
"Reden wir jetzt hier über Integrationspolitik, und reden über Schulen, Haltungen, Erziehungsstile oder reden wir über die Religion Islam. Weder noch. Ja, doch jetzt lassen Sie mich mal. Wir reden über die Religion Islam. Wir können das nicht sozialpädagogisieren es geht darum, wir haben in der BRD durch Einwanderung eine große neue Religion und für mich ist die zentrale Frage: Wie schaffen wir es diese Religion gleichzustellen?"
Die wirklichen Probleme in Deutschland jedoch, nämlich mit welchen Zielvorstellungen oder "Visionen der Zugehörigkeit" es gelingen kann, innerhalb relativ kurzer Zeit den Bildungsstand der großen Masse an ländlich geprägten Zuwandererfamilien so anzuheben und ihre Identifikation mit Deutschland so zu steigern, dass sie den demografischen Schwund der ursprünglichen Bevölkerung ausgleichen und damit das Lebensniveau im Land halten können, wurde nicht berührt. Kein Wunder: Alle Diskutanten hatten sich im Vorfeld darauf verständigt, um den Namen Sarrazin und seinen statistischen Ansatz herumzureden. Das mag emotional verständlich sein, führte aber dazu, dass das Symposium sich in diversen Lamenti verzettelte.
"Könnte es sein, dass wir so eine Explosion an Minderheitsgruppen dann haben und irgendwann dann gar nicht mehr wissen, wie viele Rücksichtnahmen auf wie viele Unteridentitätsgruppen wir noch managen müssen? -Ja, das ist so."
Einen Grund für die zunehmende Aufsplitterung der deutschen Gesellschaft in Subkulturen kann man darin finden, dass Deutschland seine Kinderlosigkeit durch Zuwanderung auszugleichen sucht. Einen Grund, warum es für Zuwanderer schwerer ist, sich mit Deutschland zu identifizieren als vielleicht mit Amerika, sieht Kulturwissenschaftler Harald Welzer im historisch einmaligen Verbrechen des Holocaust.
"Man kann in gewisser Weise beschreiben die Gesellschaft in einer Situation nach extremer Gewalt als eine Gesellschaft in der die Mitglieder extrem identitätsunsicher sind, weil natürlich etwas geschehen ist, was so historisch noch nie vorgekommen ist und weil es sehr schwierig ist, ein Verhältnis dazu entwickeln in der Nachkriegszeit."
Welzer meint, dass unsere Gesellschaft, die einmal in der Geschichte ihre Einwanderer kollektiv ermordete, unweigerlich nur Schwierigkeiten haben kann, neuen Einwanderern zu erklären, als was sie eigentlich genau willkommen sind. Als Gäste? Als selbstverständlicher Teil der Geschichte? Als ewig Fremde? Als neue Opfer? Als Erlösung von uns selbst? Leider verstrickten sich die Diskutanten aller folgender Panels der Konferenz , anhand dieser ungeklärten Rollenzuschreibung im unübersichtlichen Klein-Klein der Vielzahl von pädagogischen, politischen, psychologischen und sozialwissenschaftlichen Reflexe. So blieben zentrale Fragen, zum Beispiel darüber wen wir eigentlich integrieren wollen Individuen, Kulturen oder ganze Religionen im dornigen Diskussionsdickicht hängen, dem unter anderem hier der Berliner Migrationsbeauftragte Günther Piening sich ausgesetzt sah.
"Reden wir jetzt hier über Integrationspolitik, und reden über Schulen, Haltungen, Erziehungsstile oder reden wir über die Religion Islam. Weder noch. Ja, doch jetzt lassen Sie mich mal. Wir reden über die Religion Islam. Wir können das nicht sozialpädagogisieren es geht darum, wir haben in der BRD durch Einwanderung eine große neue Religion und für mich ist die zentrale Frage: Wie schaffen wir es diese Religion gleichzustellen?"
Die wirklichen Probleme in Deutschland jedoch, nämlich mit welchen Zielvorstellungen oder "Visionen der Zugehörigkeit" es gelingen kann, innerhalb relativ kurzer Zeit den Bildungsstand der großen Masse an ländlich geprägten Zuwandererfamilien so anzuheben und ihre Identifikation mit Deutschland so zu steigern, dass sie den demografischen Schwund der ursprünglichen Bevölkerung ausgleichen und damit das Lebensniveau im Land halten können, wurde nicht berührt. Kein Wunder: Alle Diskutanten hatten sich im Vorfeld darauf verständigt, um den Namen Sarrazin und seinen statistischen Ansatz herumzureden. Das mag emotional verständlich sein, führte aber dazu, dass das Symposium sich in diversen Lamenti verzettelte.