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Visionen für morgen aus der Design- und Kreativwirtschaft

Vom 7. bis 12. Februar findet die erste Munich Creative Business Week (MCBW) statt. Mehr als 90 Veranstaltungen - Ausstellungen, Workshops, Konferenzen und Events - sollen die Designmetropole München erlebbar machen und die Vernetzung der Kultur- und Kreativwirtschaft vorantreiben.

Von Andi Hörmann | 10.02.2012
    Die Scharniere der Glastür im Foyer quietschen. Meterhohe Betonwände, der Widerhall von Gesprächsfetzen, das Klacken von Lederstiefeln auf dem grauen Steinboden. "Denkräume für Design" lautet das Veranstaltungsmotto im Staatlichen Museum Ägyptischer Kunst - eine Sonderausstellung zur Munich Creative Business Week:

    "Das Design-Augenmerk bei unseren Rädern lag darauf, eine klassische Optik in die urbane Mobilität zu transportieren. Sprich: die Leder-Applikation an Lenker und Sattel - was so ein Zwischenwesen ist, aus klassischer Anmutung aber moderner Technik."

    Der 28-jährige Sebastian Taege montiert und präsentiert für eine Manufaktur in Magdeburg Fahrräder mit Zahnriemenantrieb, also ohne Kette, aber mit hohem Design-Faktor:

    "Viele unserer Kunden nehmen ihr Rad auch mit in die Wohnung. Einfach weil es ihnen sehr viel Wert ist und viel bedeutet und sie einfach auch die Gestaltung so sehr schätzen, sodass es für sie ein Designobjekt ist, was in der Wohnung platziert wird."

    Bunte Lampen aus recycelten Baustoffen stehen und hängen neben kunstvoll Geschwungenem und eckig Verstörendem. Edle Einfalt, stille Größe - dem Besucher begegnet Klassizismus à la Winckelmann, gepaart mit einem Höchstmaß an Funktionalität. Für Dr. Silke Claus, Geschäftsführerin der "bayern design GmbH" und Veranstalterin der ersten Munich Creative Business Week, ist Design präsenter denn je, aber auch Geschmacksache.

    "Der Design-Begriff ist heutzutage ja schon fast inflationär verwendet: Sie haben die Designer-Droge, die Designer-Jeans, alles was so annähernd in Richtung Mode, Fashion, Lifestyle geht, subsumiert sich ja unter diesem Begriff. Ich selber bin sowieso eher ein Freund des Ungereimten: Ich mag das gerne, wenn Design auch ein bisschen stört, oder wenn man mal drüber stolpert und das uns als Konsumenten auch den Spiegel vorhält."

    Die Schlagworte der Munich Creative Business Week sind schick und markenträchtig. Der Workshop "Urban Reset" prüft die Potenziale der Stadtentwicklung. Design-Objekte aus Abfall präsentiert die Ausstellung "Upcycling". Und die Bars und Cafés in München heißen eine Woche lang "Creative Spots" - kreative Köpfe schlürfen Kaffee in kunstvollem Ambiente. Noch bis Sonntag lässt sich auf der Munich Creative Business Week Kreativität zwischen Gestaltung und Vermarktung erleben - in offenen Architektur-Büros, Design-Ateliers und Co-Workingspaces mit 50 Ausstellungen, 17 Podiumsdiskussionen und sieben Konferenzen.

    Im Veranstaltungszentrum Feierwerk: Eine Konferenz mit etwa 200 Teilnehmern. Thema: "Erfolgreich - Kreativ - Wirtschaften" - Netzwerker-Treffen Bayern in der europäischen Metropolregion München. Zwischen Workshop und Podiumsdiskussion: Kaffeepause.

    "Netzwerken ist natürlich auch eine Form von Design: Wie gestaltet man Kommunikationsprozesse in Gruppen? Auch gestalterische Prozesse: Wie visualisiert man dann die Ergebnisse?"

    Jürgen Enninger leitet das Regionalbüro Bayern vom Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes.

    "Wir wollen, dass Kreativ-Unternehmerinnen und -Unternehmer Wissen, Know How mitnehmen, weil sie Einzelkämpfer sind. Die arbeiten nicht in großen Firmen mit Fachabteilungen. Das Wichtigste ist, dass Verständnis wächst zwischen der Wirtschaftsförderung und der Kulturförderung - und den Kreativen; dass die sich kennenlernen und merken: Ah, der hat die Probleme, ich hab die Probleme. Wie kommen wir da zusammen?"

    Die Munich Creative Business Week demonstriert Vernetzung der Kultur- und Kreativwirtschaft. Der schöne Schein als Design-Maxime ist in dieser Woche nur zweitrangig. Gestalten heißt eben auch: Produkte mit Bedeutung aufladen. Doch vor allem: Design ist Wirtschaftsfaktor! Designer sind Vordenker und Politiker denken mit. Dr. Silke Claus möchte als Veranstalterin der Munich Creative Business Week auch im übertragenen Sinn Räume für die Kulturwirtschaft im doch so teuren München schaffen.

    "Im Grunde braucht diese Stadt noch mehr Nährboden für den Nachwuchs. Ich hätte auch gerne so einen zentralen Ort wie so ein Centre Pompidou hier in München. Wo sich tatsächlich verschiedene Disziplinen der Kreativ-Wirtschaft einnisten können. Aber wir fangen ja gerade erst an und mal schauen was sich so tut - in den nächsten Jahren."