Eine Tüte Tomaten in der einen, die Zigarette in der anderen Hand wartet die 20-jährige Alicia vor dem Obststand in der Schlange. Markt-Tag in Swiebodzin, einer 23.000-Einwohnerstadt in Westpolen. An der Außenwand des Gemüsestandes hängt ein Din A 4 Plakat. "25 Jahre Solidarnosc" steht da groß in rot auf weißem Untergrund. Mehr ist nicht zu lesen. Der Rest ist überklebt. Mit Werbung für ein Rock-Konzert.
"Die Alten erinnern sich noch an Solidarnosc, an die Zeit als alle Brüder waren", sagt Alica. Auch ihre Eltern haben Fotos aus dieser Zeit aufbewahrt. Für die 20-jährige aber ist das Geschichte. Sie arbeitet als Sekretärin bei einem Anzeigenblatt. In der Gewerkschaft ist sie nicht. "Warum sollte ich?", fragt sie. "Das sind doch alles Gauner, wie die anderen auch", ruft ihr Freund dazwischen.
Die Kunden, die drumrumstehen hören aufmerksam zu. Keiner widerspricht. Im Gegenteil. Eine 24-jährige, den Säugling im Kinderwagen, macht ihrem Unmut Luft. "Solidarnosc ist doch heute eine Gewerkschaft ohne Wirkung", sagt sie. "Vor 25 Jahren war sie ein Machtfaktor. Doch die Zeit ist vorbei. Mir bedeuten diese Leute nichts."
Den Solidarnosc-Anstecker am Revers steht drei Kilometer weiter Boguslaw Motowidelko neben einem Transporter, der mit Puten beladen ist. Auf sechs Ebenen drängt sich vor Motowidelko das Federvieh. Langsam rollt der Transporter in die Halle. Ein Arbeiter in grüner Latzhose, reißt ein Tier nach dem anderen heraus, hängt es mit den Beinen nach oben an die Haken, die im Sekundentakt vorbeiziehen. 1000 Puten pro Stunde werden hier zu Wurst und Schinken verarbeitet, 407 Arbeiter sind in der Fabrik beschäftigt. Mehr als die Hälfte sind Solidarnosc-Mitglieder. Vertreten werden sie von Boguslaw Motowidelko.
"Unsere alltägliche Arbeit bemerkt man nicht so gut. Wir sehen selber, das wir nicht alles erfüllen, was wir wollen. Wir haben viel zu wenig Mitglieder. Wir haben ein bisschen Einfluss als Gewerkschaft. Aber der wird immer geringer."
Zehn Millionen Mitglieder hatte Solidarnosc 1980, 1989 noch drei Millionen, heute sind es gerade mal noch 800.000 - ein stetiger Niedergang. Motowidelko drückt die Schultern durch. Trotzdem: Hier im Betrieb hat er etwas erreicht. In ganz Polen sind gerade mal 14 Prozent der Arbeiter gewerkschaftlich organisiert, in dieser Firma aber sind es mehr als 50 Prozent. Bei der Privatisierung des Betriebes hat Motowidelko mit am Tisch gesessen, etliche Kündigungen verhindert. Und das es zukünftig sechs Prozent mehr Lohn gibt, auch das verbucht er mit als seinen Erfolg. Ein Arbeiter verdient hier dann in Zukunft durchschnittlich 250 Euro pro Monat. Trotzdem: Motowidelko fällt es schwer neue Mitglieder für die Gewerkschaft zu gewinnen. Vor allem unter den Jugendlichen.
"Dadurch dass sich Solidarnosc soviel in die Politik eingemischt hat, hat sie als Gewerkschaft verloren. Bis heute sehen uns die jungen Leute als Partei und nicht als Gewerkschaft."
Als die Partei, die sich hoffnungslos zerstritten hat. Die stramm gegen links regierte. In Polen die Privatisierungen durchführte und auf eine neoliberale Wirtschaftspolitik setzte. Eine Partei, die wenig für die Arbeiter tat. Und die nicht zuletzt mit Lech Walewsa einen umstrittenen Präsidenten stellte. Walewsa, der auch heute nicht müde wird, die Gewerkschafter vor den Kopf zu stoßen. Jetzt hat er angekündigt seinen Solidarnosc Mitgliedsbuch zurückzugeben. Nach den Jubiläumsfeierlichkeiten. Da kann Boguslaw Motouwidelko nur mit dem Kopf schütteln.
"ch sehe das sehr negativ, dass Walewsa sein Gewerkschaftsbuch zurückgeben will. Das gefällt mir nicht. Er ist doch eine Symbolfigur für Solidarnosc. Und er wird es immer bleiben. Und das er geradezum 25. Jahrestag austreten will, das trifft mich sehr. Das hat mich richtig wütend gemacht."
"Die Alten erinnern sich noch an Solidarnosc, an die Zeit als alle Brüder waren", sagt Alica. Auch ihre Eltern haben Fotos aus dieser Zeit aufbewahrt. Für die 20-jährige aber ist das Geschichte. Sie arbeitet als Sekretärin bei einem Anzeigenblatt. In der Gewerkschaft ist sie nicht. "Warum sollte ich?", fragt sie. "Das sind doch alles Gauner, wie die anderen auch", ruft ihr Freund dazwischen.
Die Kunden, die drumrumstehen hören aufmerksam zu. Keiner widerspricht. Im Gegenteil. Eine 24-jährige, den Säugling im Kinderwagen, macht ihrem Unmut Luft. "Solidarnosc ist doch heute eine Gewerkschaft ohne Wirkung", sagt sie. "Vor 25 Jahren war sie ein Machtfaktor. Doch die Zeit ist vorbei. Mir bedeuten diese Leute nichts."
Den Solidarnosc-Anstecker am Revers steht drei Kilometer weiter Boguslaw Motowidelko neben einem Transporter, der mit Puten beladen ist. Auf sechs Ebenen drängt sich vor Motowidelko das Federvieh. Langsam rollt der Transporter in die Halle. Ein Arbeiter in grüner Latzhose, reißt ein Tier nach dem anderen heraus, hängt es mit den Beinen nach oben an die Haken, die im Sekundentakt vorbeiziehen. 1000 Puten pro Stunde werden hier zu Wurst und Schinken verarbeitet, 407 Arbeiter sind in der Fabrik beschäftigt. Mehr als die Hälfte sind Solidarnosc-Mitglieder. Vertreten werden sie von Boguslaw Motowidelko.
"Unsere alltägliche Arbeit bemerkt man nicht so gut. Wir sehen selber, das wir nicht alles erfüllen, was wir wollen. Wir haben viel zu wenig Mitglieder. Wir haben ein bisschen Einfluss als Gewerkschaft. Aber der wird immer geringer."
Zehn Millionen Mitglieder hatte Solidarnosc 1980, 1989 noch drei Millionen, heute sind es gerade mal noch 800.000 - ein stetiger Niedergang. Motowidelko drückt die Schultern durch. Trotzdem: Hier im Betrieb hat er etwas erreicht. In ganz Polen sind gerade mal 14 Prozent der Arbeiter gewerkschaftlich organisiert, in dieser Firma aber sind es mehr als 50 Prozent. Bei der Privatisierung des Betriebes hat Motowidelko mit am Tisch gesessen, etliche Kündigungen verhindert. Und das es zukünftig sechs Prozent mehr Lohn gibt, auch das verbucht er mit als seinen Erfolg. Ein Arbeiter verdient hier dann in Zukunft durchschnittlich 250 Euro pro Monat. Trotzdem: Motowidelko fällt es schwer neue Mitglieder für die Gewerkschaft zu gewinnen. Vor allem unter den Jugendlichen.
"Dadurch dass sich Solidarnosc soviel in die Politik eingemischt hat, hat sie als Gewerkschaft verloren. Bis heute sehen uns die jungen Leute als Partei und nicht als Gewerkschaft."
Als die Partei, die sich hoffnungslos zerstritten hat. Die stramm gegen links regierte. In Polen die Privatisierungen durchführte und auf eine neoliberale Wirtschaftspolitik setzte. Eine Partei, die wenig für die Arbeiter tat. Und die nicht zuletzt mit Lech Walewsa einen umstrittenen Präsidenten stellte. Walewsa, der auch heute nicht müde wird, die Gewerkschafter vor den Kopf zu stoßen. Jetzt hat er angekündigt seinen Solidarnosc Mitgliedsbuch zurückzugeben. Nach den Jubiläumsfeierlichkeiten. Da kann Boguslaw Motouwidelko nur mit dem Kopf schütteln.
"ch sehe das sehr negativ, dass Walewsa sein Gewerkschaftsbuch zurückgeben will. Das gefällt mir nicht. Er ist doch eine Symbolfigur für Solidarnosc. Und er wird es immer bleiben. Und das er geradezum 25. Jahrestag austreten will, das trifft mich sehr. Das hat mich richtig wütend gemacht."