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Vom Meer umschlungen

Die Bodden, die zerklüfteten und weit ins Festland hineinragenden Buchten vor Rügen und Hiddensee, waren einst Ausgangspunkt für die Raubzüge der Wikinger und der Piraten um Klaus Störtebecker. Heute ziehen die Wasserflächen Sportschiffer jedweder Couleur magisch an.

Von Wilfried Kochner | 08.09.2013
    Die einwöchige Reise beginnt in Barth. Die Stadt ist durch ihre günstige Lage zu einem beliebten Ausgangs- und Zielhafen für Wassersportler geworden. Erstes Ziel ist die Insel Hiddensee. Da die Fahrt anfangs zwischen dem Festland und Zingst durch den Nationalpark geht, ist genaues navigieren immer innerhalb der Fahrrinne angesagt. Nach einem gemütlichen ca. fünfstündigen Törn erreicht man den Hafen Vitte auf Hiddensee. Wie ein Seepferdchen ist die Insel an der Westküste Rügens vorgelagert. Alfred Langemeyer, Leiter des Tourismusamtes auf Hiddensee.

    "Hiddensee war ja die Künstlerinsel in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts schlechthin, mit Hauptmann, mit Thomas Mann mit einer Reihe von Künstlern wie Asta Nielsen, die von 1920 bis 1930 ihren Dauerwohnsitz hier hatten, das Hauptmannhaus ist erhalten, hat jetzt auch eine neue Ausstellung, und dann haben wir noch einen Hauptdarsteller, das ist eben die Naturschönheit der Insel. Hiddensee ist ja in weiten Teilen so erhalten geblieben, da hat es Hiddensee auch dank des Nationalparkstatus geschafft, seine Schönheit und Ursprünglichkeit zu erhalten"

    Auch Gerhard Hauptmann wusste das zu schätzen:

    "Diese Klarheit. Dieses Stumme und mächtige Strömen des Lichts. Dazu die Freiheit im Wandern über pfadlosen Grastafeln."

    Ein Reiseziel für alle, die Ruhe, Naturnähe, Abstand vom Verkehrslärm und die Schönheit einer naturbelassenen Landschaft suchen. Am nächsten Tag weist der Kurs Richtung Westen. Durch den Breetzer und Breeger Bodden empfiehlt sich bei leichtem Wind und wenig Seegang ein Zwischenstopp in Breege. Ein Spaziergang entlang der gepflasterten Hauptstraße führt vorbei an rohrgedeckten Kapitäns- und Fischerhäusern, alle aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Von Breege lohnt auch ein Abstecher zum Wahrzeichen der Insel, zum Kap Arkona, dem Nordkap von Rügen mit seinen drei Leuchttürmen. Auch zum nahen feinsandigen Ostseestrand ist es nur einen Katzensprung und von Ostseewasser erfrischt, geht der Kurs jetzt Richtung Südost durch den großen Jasmunder Bodden Richtung Ralswiek. Rote Flammen schlagen aus den Fischerkaten, Pferde galoppieren quer über den Platz, im Hintergrund donnern die Geschütze der Hansekoggen und Piratenschiffe.

    "Ein Wolf der Meere, Gottes Freund und aller Welt Feind”"

    Klaus Störtebecker, der Pirat der Ostsee, naht. Mit großem Aufwand, 20 Schauspieler, über 120 Statisten, 30 Pferde, 4 Koggen und ein großes abschließendes Feuerwerk, werden von Ende Juni bis Anfang September die Abenteuer des legendären Piraten nachgespielt.
    Nach soviel Abenteuer lässt es sich im beschaulichen Hafen von Ralswiek gut schlafen, denn am nächsten Morgen geht es wieder zurück, vorbei an Hiddensee Richtung Süden zur Hansestadt Stralsund. Wer Stralsund wirklich erfahren und den Stolz der Hanse spüren will, muss sich der Stadt vom Wasser her nähern. Wie riesige Leuchttürme gegen den weiten Himmel erheben sich die drei gotischen Backsteinkirchen. Der Hafen liegt im Herzen der historischen Altstadt, die auf der UNESCO-Welterbeliste steht. Anne Pilgrim von der Tourismuszentrale Stralsund bringt es auf den Punkt.

    ""Eine Altstadtinsel, die es so nirgendwo gibt, einen mittelalterlichen Stadtkern geprägt von ganz viel Backsteingotik umringt von Wasser. Man steigt von Bord und ist schon in der Altstadt."

    Stralsund ist also:

    "Die schönste Hansestadt der Welt, und das sieht man am allerbesten, wenn man sich ihr auf dem Wasserwege nähert."

    Sie zu erkunden, lohnt am besten mit einem Nachwächter:

    "Hört ihr Herren und lasst euch sagen, die Uhr vom Turm hat neun geschlagen, neun Uhr war es als Jesus spricht, Herr und Vater verlass mich nicht, lobet den Namen des Herrn"

    Und das sagt der Nachtwächter schon seit 1234, dem Gründungsjahr Stralsunds.
    Doch der nächste Hafen wartet bereits, durch den Strelasund geht es in den Greifswalder Bodden und dann Richtung Norden auf Lauterbach zu, ein idyllischer Hafen gegenüber der Naturschutzinsel Vilm. Im Jachthafen "Im-Jaich" sollte man mindestens zwei Tage liegen, den Lauterbach ist ein idealer Ausgangspunkt für Touren nach Binz und Prora.

    Direkt am Hafen geht es los, mit 30 Stundenkilometer rast der Roland, eine historische Dampfeisenbahn, Richtung Binz. Seit Anfang des 20. Jh. genießt dieser Ort den Ruf der attraktivste Badeort der Insel zu sein, mit einem phantastischen und kinderfreundlichen Strand und einer Bäderarchitektur vom Feinsten. Klaus Boy, Fremdenführer in Binz.

    "Unter Bäderarchitektur verstehen wir eine Erscheinungsform im Bauwesen zwischen den Jahren 1880 und 1910. Die aufstrebenden Seebäder an der Ostseeküste brauchten Logierhäuser, die wurden gebaut relativ schmucklos. Aber dann hat man festgestellt, in dem Moment, wo sie verschönert wurden durch Vorbauten durch Balkone, Veranden, Logien durch Türmchen und Erker und weiß angemalt waren, war das Interesse, diese Häuser zum Sommeraufenthalt zu nutzen, sehr groß und es hat geholfen bei der Vermarktung, um Gäste anzulocken."

    Von Binz nach Prora ist es nur ein Katzensprung. Hier wartet neben dem 4,5 Kilometer langen Betonkoloss aus den Jahren 1936 bis 1939 eine weitere Attraktion, das Naturerbezentrum Rügen, von der Bundeskanzlerin Angela Merkel persönlich eingeweiht. Neben einem Informationszentrum lockt besonders der barrierefreie Baumwipfelpfad. Wer, wie die Kanzlerin, die 82 Meter über dem Meeresspiegel liegende Aussichtsplattform erreicht hat, wird durch einen atemberaubenden Blick über Rügen belohnt. Rügen, vor den Toren der Hansestadt Stralsund, ist mittlerweile zum Eldorado für Wassersportler und Freizeitkapitäne geworden. Till Jaich, Geschäftsführer der Marina Lauterbach:

    "Man kann wählen zwischen idyllischen Fischerdörfern, Naturankerbuchten, historischen Hansestädten oder eben auch Full-Service-Marinas, für die die gerne Service haben wollen, man kann, wenn man eine Woche rund Rügen fährt jeden Tag was Neues kennenlernen."