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Vom Staatssekretär zum Minister

Aus gesundheitlichen Gründen hatte im Bundesland Brandenburg die SPD-Politikerin Jutta Lieske ihr Amt als Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft niedergelegt. Ihr Nachfolger wird der bisherige Staatssekretär im Ministerium, Jörg Vogelsänger - ebenfalls SPD.

Von Axel Flemming |
    Jörg Vogelsänger ist verheiratet und hat zwei Töchter. Der 45-Jährige Diplomingenieur für Maschinenbau und Konstruktionstechnik gilt als exzellenter Verkehrsexperte, aber Landwirtschaft?

    1984, nach dem Abitur studiert er an der Technischen Universität Dresden und arbeitet von 1989 bis 1991 als Entwicklungsingenieur im Reichsbahnausbesserungswerk Berlin-Schöneweide.

    Ministerpräsident Matthias Platzeck lobt die Kompetenz Vogelsängers und sagt: "Er kennt dieses Land wie seine Westentasche."

    "Wer aufmerksam die Beantwortung von Anfragen im Landtag verfolgt hat, wird auch festgestellt haben, dass er jeden Bahnhof, jede Straßenkreuzung und jedes Gleis persönlich kennt - und ohne Vorlagen auch darüber diskutieren kann."

    Und das liegt auch am politischen Lebenslauf: 1990 tritt Vogelsänger der SPD bei. Von 1994 bis 2002 ist er Mitglied des Brandenburger Landtags und dort verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Danach sitzt er bis 2009 im Bundestag und ist dort im Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung aktiv.

    2004 schlägt Vogelsänger sogar den beliebten damaligen PDS-Vorsitzenden Lothar Bisky im Wahlkreis östlich von Berlin, bei der letzten Wahl unterliegt er aber dem Landeschef der Linken, Thomas Nord.

    Nach Bildung der rot-roten Brandenburger Landesregierung wird er zum Staatssekretär im neu gebildeten Infrastruktur- und Agrarministerium berufen. Vogelsänger sagt, er habe nicht gezögert, jetzt das Ministeramt zu übernehmen.

    "Das Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft ist das Landesentwicklungsministerium. Wir sind beim Ausbau der Infrastruktur gut vorangekommen, aber es gibt noch viele, viele Wünsche."

    Spannend ist, wie der SPD-Politiker auf Linie der Partei und Regierung beim Thema CCS gebracht werden soll. Während die Sozialdemokraten in der unterirdischen Verpressung von Kohlendioxid einen Weg zum längerfristigen Betrieb von Braunkohlekraftwerken sehen, wird in Vogelsängers Heimatkreis Oder-Spree diese Lagerung grundsätzlich abgelehnt, und dort ist er Unterbezirksvorsitzender.

    Ein Kohlendioxid-Endlager ist im Oderbruch geplant, ein weiteres unter der Stadt Beeskow an der Spree. Vogelsänger sagt jetzt:

    "Die Technologie hat natürlich eine besondere Bedeutung, dass wird sicherlich in meine Arbeit einfließen. Ich mach kein 180-Grad-Schwenken, aber ein Abgeordneter im Wahlkreis hat zuerst Wahlkreisinteressen zu vertreten, und da gibt es natürlich im Land Brandenburg ein differenziertes Bild in der Region im Oderbruch, aber um Beeskow gibt es natürlich andere Zustimmung zu dieser Technologie beziehungsweise zu der Erprobung als beispielsweise in der Lausitz."
    Das kritisiert die grüne Opposition im Landtag. Die Abgeordnete Sabine Niels, die auch im Kreistag Oder-Spree sitzt:

    "Dazu muss ich sagen, dass man nur umfallen kann, wenn man vorher gerade gestanden hat. Und Herr Vogelsänger zählt nicht zu denjenigen, die dafür bekannt sind, dass sie gerade standen. Insofern könnte man sagen, wenn Herr Vogelsänger jetzt sagt, dass er sich für CCS ausspricht, dann entspricht das zu 50 Prozent seinem Jein, was er vorher verlautbaren ließ."

    Und die CDU-Opposition kritisiert die eilige Berufung nach dem Prinzip "Schnelligkeit vor Sorgfalt". So kommt also auf Vogelsänger einiges an Auseinandersetzungen im Land zu, aber auch im Streit mit dem Bundesverkehrsministerium, zum Beispiel beim Thema Geld für Straßenbau:

    "Wir müssen mit dem Bund ausfechten, wie es weitergeht mit den Bundesmitteln. Herr Ramsauer hat ja einiges angekündigt und da werde ich natürlich für Brandenburg kämpfen."

    Der Bauindustrieverband Berlin-Brandenburg begrüßt den neuen Minister mit dem Wunsch, ganz wichtig sei der dreispurige Ausbau der Autobahn A12 nach Frankfurt (Oder), der Ausbau der Wasserwege und die Instandsetzung der öffentlichen Kanal- und Rohrnetze.