"Ich kann mich an heftige politische Diskussionen Ende der 80er-Jahre Anfang der 90er-Jahre erinnern."
Sagt Dr. Axel Bayer, ein Zeitzeuge und Teilnehmer des Kongresses.
"Es ging um die Frage, ob die Verbrechen Hitlers und Stalins relativ zu sehen seien, ob zum Beispiel die Verbrechen Hitlers schwerwiegender seien als die Verbrechen Stalins oder umgekehrt. Es ging darum, ob die deutschen Verbrechen einmalig in der Geschichte seien. Ich weiß nur, dass diese Debatte 1992 in Hannover noch voll im Gange war."
"Der Historikertag war, als ich 1986 zum ersten Mal da war, war das überwiegend eine Veranstaltung der Professoren an den Universitäten und der Geschichtslehrer Deutschlands. Seitdem sind sehr viele Studenten hinzu gekommen und auch allgemein Geschichtsinteressierte. Es ist einfach breiter geworden. Und die Breite des Angebots, die Vielfalt der Sektionen, spiegelt auch die Vielfalt in unserer Gesellschaft wieder."
Die Vielfalt der Gesellschaft und des Faches spiegelte schon die Eröffnungsveranstaltung wieder: zum Beispiel durch das Ensemble des Kollegs für Alte Musik an der Hochschule für Musik in Mainz, das musikalische Impressionen Friedrich II. aufgriff – aber auch durch den Vortrag des französischen Botschafters Maurice Gourdault-Montagne, der es sich nicht nehmen ließ, auf die engen Beziehungen zwischen Frankreich und der Stadt Mainz hinzuweisen:
"… die Hauptstadt der ersten Republik auf deutschen Boden zur Zeit der französischen Revolution. Ja, meine Damen und Herren, Frankreich ist häufig zu Besuch in Mainz gewesen."
Prof. Andreas Voßkuhle, Präsident des Bundesverfassungsgerichts und in jüngster Zeit mit ganz anderen Vorgängen der Zeitgeschichte befasst, beschrieb in seinem Festvortrag das Verhältnis zwischen Geschichte und Recht und machte das an einem Beispiel deutlich:
"So kursierte etwa unter den Juristen der jungen Bundesrepublik die Legende, dass die Richterschaft in der Zeit des Nationalsozialismus ihr Handwerk zwar moralisch integer verrichtet habe, doch bedauerlicherweise durch einen blinden Gesetzesgehorsam und strengen positivistischen Methoden die Fesseln angelegt waren. Es ist in erster Linie das Verdienst der Rechtsgeschichte diese ebenso verbreitete wie unerträgliche Selbstrechtfertigung einer Profession zu demontieren."
Nicht nur den Blick auf Recht und Juristen hat die Geschichtswissenschaft geändert. Sie nimmt auch den Wertewandel in unserer Gesellschaft unter die Lupe. Der war in den 70er-Jahren eigentlich eine Domäne sozialwissenschaftlicher Forschung - so Andreas Rödder, Professor für Neueste Geschichte an der Universität Mainz und Sprecher des Organisationskomitees:
"Begonnen hat diese sozialwissenschaftliche Wertewandelforschung in den USA mit Ronald Inglehart, der die These aufgestellt hat, die gesamtgesellschaftlichen Werte hätten sich verschoben von materialistischen Werten hin zu postmaterialistischen Werten. Er hat das grundsätzlich positiv gesehen. Es gibt deutsche Forschungsrichtungen, die das ähnlich sehen. Da ist die Begrifflichkeit etwas anders. Helmut Klages hat gesagt, dass wir eine Verschiebung beobachten seit den mittleren 60er-Jahren von Pflichtwerten und der Akzeptanz, dessen, was vorgegeben ist hin zu sogenannten Freiheits- und Selbstentfaltungswerten. Die kritische Lesart, die hat Elisabeth Noelle-Neumann vertreten, ist die vom Werteverfall."
Die sozialwissenschaftliche Forschung zum Wertewandel hat sich ganz auf Umfrageforschung konzentriert, das heißt, man hat versucht herauszubekommen, welche Werte die Befragten präferierten.
"Inglehart hat das darüber gemacht, dass man eine Reihenfolge herstellen sollte zwischen den Werten Preisstabilität, Ruhe und Ordnung, politische Mitbestimmung beispielsweise und darüber hat man dann Wertepräferenzen festgestellt."
Ganz streng haben die Wissenschaftler dann - je nachdem, wie die Probanden geantwortet haben - sie in Kästchen eingeteilt: So galten die Befragten zum Beispiel als Postmaterialist oder als Materialist. Die Historiker hingegen bevorzugen eine andere Herangehensweise, um ein grundsätzliches Manko auszuschließen:
"Das Problem der sozialwissenschaftlichen Forschung ist, dass sie immer nur für die Zeit überhaupt Aussagen machen kann, in der sie ihre Daten erheben kann, also eigentlich nur für ihre eigene Gegenwart. Wir erweitern das Ganze zeitlich, und um es zeitlich zu erweitern, erweitern wir es methodisch. Das heißt, wir arbeiten nicht mit Umfragen sondern wir arbeiten mit Textzeugnissen. Wir untersuchen gesellschaftliche Debatten und vor allen Dingen untersuchen wir gesellschaftliche Konflikte, weil wir aus diesen gesellschaftlichen Konflikten heraus präparieren, wie sich gesamtgesellschaftlich akzeptierte Argumentationsmuster verändert haben. Was also hat man sagen können, ohne auf substanziellen Widerspruch zu stoßen und womit ist man auf Widerspruch gestoßen. Und wenn sich diese Argumentationsmuster verändern, dann ist damit auch ein Wertewandel messbar."
Andreas Rödder nennt als Beispiel die aktuelle Debatte um das Betreuungsgeld:
"In den 80er-Jahren noch ist es gerade innerhalb der Unionsparteien auf massiven Widerstand gestoßen, wenn außerfamiliäre Betreuung von unter Dreijährigen zur Debatte stand. Mittlerweile hat sich - ich rede jetzt überhaupt nicht von den konkreten politischen Entscheidungen - hat sich aber die Debattenlage völlig verändert. Heute ist sehr viel mehr dieser Vorschlag des Betreuungsgeldes in der Defensive. Heute wird ganz anders geredet, wird wenn Kleinkinder unterhalb von drei Jahren innerhalb der Familie betreut werden sollen, dann ist eher die Rede davon, dass diesen Kindern Bildung vorenthalten würde. An diesem Beispiel merken Sie ganz deutlich, wie sich nicht nur soziale Praxis sondern gesamtgesellschaftliche Werte verändert haben."
Das gesamtgesellschaftliche Bild hat sich in Deutschland sehr verändert. Zwar gibt es nach wie vor die klassische bürgerliche Familie, aber Familienformen oder Formen des Zusammenlebens haben sich erweitert: verheiratete oder unverheiratete Eltern mit eigenen und nichteigenen Kindern, Paare ohne Kinder, homosexuelle Lebensgemeinschaften oder Alleinlebende..
"Das ist ein ganz grundsätzlicher Trend, den wir auf allen Ebenen feststellen: der Pluralisierung von Lebensformen in den letzten Jahrzehnten und auch der Werte."
Eine Konstante ist allerdings gleich geblieben: Nach wie vor sind es überwiegend die Frauen, die sich für die Kindererziehung verantwortlich fühlen.
Der These der Sozialwissenschaften, dass sich der Wertewandel immer linear vollzieht, widerspricht Andreas Rödder, denn es gäbe aus historischer Perspektive auch Gegenbewegungen: Zeiten großer Liberalisierung könnten immer auch von konservativen Trends abgelöst werden.
Neben dem Wertewandel und familiärer Bindung als Ressource rückt ein anderes Thema durch die aktuelle Entwicklung in Europa und auf den Finanzmärkten in den Fokus der Historiker:
"Wo fehlt's nicht irgendwo auf dieser Welt
Dem dies, dem das, hier aber fehlt das Geld
Vom Estrich zwar ist es nicht aufzuraffen
Doch Weisheit weiß, das Tiefste herzuschaffen
In Bergesadern, Mauergründen ist Gold gemünzt und ungemünzt zu finden.."
Eine Sektion auf dem Deutschen Historikerkongress widmet sich dem Thema "Goethe und die Entstehung der modernen Ökonomie". Eine Exkursion führt in das Goethehaus nach Frankfurt, in eine aktuelle Ausstellung:
"Wir stehen hier im Zentrum der Ausstellung vor einem großen goldenen Kubus, der die Besucher begrüßen soll, in unser Thema einführen soll, eine kleine Einstimmung spielerischer, künstlerischer Art bieten soll in das Thema Goethe und das Geld."
Dr. Vera Hierholzer ist eine der beiden Kuratorinnen der Ausstellung und Historikerin an der Universität Frankfurt.
"Hier drin wird die berühmte Papiergeldszene aus dem Faust II thematisiert. Faust und Mephisto kommen ja an den Hof des Kaisers in Faust II und helfen diesem aus seinen Finanznöten im Prinzip wie die alten Alchemisten, stellen sie zwar nicht aus Blei Gold her sondern aus Papier Geld. Allerdings behandelt Goethe nicht nur die Faszinationskraft des Geldes, die Schöpfungskraft des Geldes, das Ankurbeln der Wirtschaft sondern auch die negativen Folgen."
Um den goldenen Kubus stehen Vitrinen, die zahlreiche Objekte aus Goethes Besitz und seiner Zeit präsentieren: ein Ledergürtel für Münzgeld nebst einiger Münzen, Schuldbücher seiner Mutter, die Geld verlieh oder seine eigenen Haushaltsbücher, die er akribisch führte.
Die Ausstellung ist biografisch gegliedert:
"Wir fangen an mit dem jungen Goethe, seiner Prägung in der Handels- und Messestadt Frankfurt und lernen ihn dann als Geschäftsmann kennen, der sehr erfolgreich und strategisch mit seinen Verlegern verhandelt hat und exorbitante Honorare herausschlagen konnte. Dann lernen wir sein breites Spektrum der Tätigkeiten als Minister kennen, und wir lernen den privaten Goethe kennen, seine Ausgaben, sein Umgang mit dem Thema Geld und dazu noch die Theorien der Zeit, mit denen er sich auch intensiv befasst hat..."
Zum Beispiel die von Adam Smith. Aber nicht nur der Blick auf die historische Beschäftigung mit Geld oder Wirtschaftstheorien steht auf der Agenda des Kongresses - die Veranstalter haben aktuell eine Sektion zum Thema Euroschuldenkrise einberufen. Tenor: Seit der Reichsgründung 1871 kranken Deutschland und Europa an einem Problem: Deutschland ist zu groß, um sich in Europa einzuordnen aber zu klein, um den Kontinent zu dominieren.
Aber das ist schon wieder ein anderes Thema.
Sagt Dr. Axel Bayer, ein Zeitzeuge und Teilnehmer des Kongresses.
"Es ging um die Frage, ob die Verbrechen Hitlers und Stalins relativ zu sehen seien, ob zum Beispiel die Verbrechen Hitlers schwerwiegender seien als die Verbrechen Stalins oder umgekehrt. Es ging darum, ob die deutschen Verbrechen einmalig in der Geschichte seien. Ich weiß nur, dass diese Debatte 1992 in Hannover noch voll im Gange war."
"Der Historikertag war, als ich 1986 zum ersten Mal da war, war das überwiegend eine Veranstaltung der Professoren an den Universitäten und der Geschichtslehrer Deutschlands. Seitdem sind sehr viele Studenten hinzu gekommen und auch allgemein Geschichtsinteressierte. Es ist einfach breiter geworden. Und die Breite des Angebots, die Vielfalt der Sektionen, spiegelt auch die Vielfalt in unserer Gesellschaft wieder."
Die Vielfalt der Gesellschaft und des Faches spiegelte schon die Eröffnungsveranstaltung wieder: zum Beispiel durch das Ensemble des Kollegs für Alte Musik an der Hochschule für Musik in Mainz, das musikalische Impressionen Friedrich II. aufgriff – aber auch durch den Vortrag des französischen Botschafters Maurice Gourdault-Montagne, der es sich nicht nehmen ließ, auf die engen Beziehungen zwischen Frankreich und der Stadt Mainz hinzuweisen:
"… die Hauptstadt der ersten Republik auf deutschen Boden zur Zeit der französischen Revolution. Ja, meine Damen und Herren, Frankreich ist häufig zu Besuch in Mainz gewesen."
Prof. Andreas Voßkuhle, Präsident des Bundesverfassungsgerichts und in jüngster Zeit mit ganz anderen Vorgängen der Zeitgeschichte befasst, beschrieb in seinem Festvortrag das Verhältnis zwischen Geschichte und Recht und machte das an einem Beispiel deutlich:
"So kursierte etwa unter den Juristen der jungen Bundesrepublik die Legende, dass die Richterschaft in der Zeit des Nationalsozialismus ihr Handwerk zwar moralisch integer verrichtet habe, doch bedauerlicherweise durch einen blinden Gesetzesgehorsam und strengen positivistischen Methoden die Fesseln angelegt waren. Es ist in erster Linie das Verdienst der Rechtsgeschichte diese ebenso verbreitete wie unerträgliche Selbstrechtfertigung einer Profession zu demontieren."
Nicht nur den Blick auf Recht und Juristen hat die Geschichtswissenschaft geändert. Sie nimmt auch den Wertewandel in unserer Gesellschaft unter die Lupe. Der war in den 70er-Jahren eigentlich eine Domäne sozialwissenschaftlicher Forschung - so Andreas Rödder, Professor für Neueste Geschichte an der Universität Mainz und Sprecher des Organisationskomitees:
"Begonnen hat diese sozialwissenschaftliche Wertewandelforschung in den USA mit Ronald Inglehart, der die These aufgestellt hat, die gesamtgesellschaftlichen Werte hätten sich verschoben von materialistischen Werten hin zu postmaterialistischen Werten. Er hat das grundsätzlich positiv gesehen. Es gibt deutsche Forschungsrichtungen, die das ähnlich sehen. Da ist die Begrifflichkeit etwas anders. Helmut Klages hat gesagt, dass wir eine Verschiebung beobachten seit den mittleren 60er-Jahren von Pflichtwerten und der Akzeptanz, dessen, was vorgegeben ist hin zu sogenannten Freiheits- und Selbstentfaltungswerten. Die kritische Lesart, die hat Elisabeth Noelle-Neumann vertreten, ist die vom Werteverfall."
Die sozialwissenschaftliche Forschung zum Wertewandel hat sich ganz auf Umfrageforschung konzentriert, das heißt, man hat versucht herauszubekommen, welche Werte die Befragten präferierten.
"Inglehart hat das darüber gemacht, dass man eine Reihenfolge herstellen sollte zwischen den Werten Preisstabilität, Ruhe und Ordnung, politische Mitbestimmung beispielsweise und darüber hat man dann Wertepräferenzen festgestellt."
Ganz streng haben die Wissenschaftler dann - je nachdem, wie die Probanden geantwortet haben - sie in Kästchen eingeteilt: So galten die Befragten zum Beispiel als Postmaterialist oder als Materialist. Die Historiker hingegen bevorzugen eine andere Herangehensweise, um ein grundsätzliches Manko auszuschließen:
"Das Problem der sozialwissenschaftlichen Forschung ist, dass sie immer nur für die Zeit überhaupt Aussagen machen kann, in der sie ihre Daten erheben kann, also eigentlich nur für ihre eigene Gegenwart. Wir erweitern das Ganze zeitlich, und um es zeitlich zu erweitern, erweitern wir es methodisch. Das heißt, wir arbeiten nicht mit Umfragen sondern wir arbeiten mit Textzeugnissen. Wir untersuchen gesellschaftliche Debatten und vor allen Dingen untersuchen wir gesellschaftliche Konflikte, weil wir aus diesen gesellschaftlichen Konflikten heraus präparieren, wie sich gesamtgesellschaftlich akzeptierte Argumentationsmuster verändert haben. Was also hat man sagen können, ohne auf substanziellen Widerspruch zu stoßen und womit ist man auf Widerspruch gestoßen. Und wenn sich diese Argumentationsmuster verändern, dann ist damit auch ein Wertewandel messbar."
Andreas Rödder nennt als Beispiel die aktuelle Debatte um das Betreuungsgeld:
"In den 80er-Jahren noch ist es gerade innerhalb der Unionsparteien auf massiven Widerstand gestoßen, wenn außerfamiliäre Betreuung von unter Dreijährigen zur Debatte stand. Mittlerweile hat sich - ich rede jetzt überhaupt nicht von den konkreten politischen Entscheidungen - hat sich aber die Debattenlage völlig verändert. Heute ist sehr viel mehr dieser Vorschlag des Betreuungsgeldes in der Defensive. Heute wird ganz anders geredet, wird wenn Kleinkinder unterhalb von drei Jahren innerhalb der Familie betreut werden sollen, dann ist eher die Rede davon, dass diesen Kindern Bildung vorenthalten würde. An diesem Beispiel merken Sie ganz deutlich, wie sich nicht nur soziale Praxis sondern gesamtgesellschaftliche Werte verändert haben."
Das gesamtgesellschaftliche Bild hat sich in Deutschland sehr verändert. Zwar gibt es nach wie vor die klassische bürgerliche Familie, aber Familienformen oder Formen des Zusammenlebens haben sich erweitert: verheiratete oder unverheiratete Eltern mit eigenen und nichteigenen Kindern, Paare ohne Kinder, homosexuelle Lebensgemeinschaften oder Alleinlebende..
"Das ist ein ganz grundsätzlicher Trend, den wir auf allen Ebenen feststellen: der Pluralisierung von Lebensformen in den letzten Jahrzehnten und auch der Werte."
Eine Konstante ist allerdings gleich geblieben: Nach wie vor sind es überwiegend die Frauen, die sich für die Kindererziehung verantwortlich fühlen.
Der These der Sozialwissenschaften, dass sich der Wertewandel immer linear vollzieht, widerspricht Andreas Rödder, denn es gäbe aus historischer Perspektive auch Gegenbewegungen: Zeiten großer Liberalisierung könnten immer auch von konservativen Trends abgelöst werden.
Neben dem Wertewandel und familiärer Bindung als Ressource rückt ein anderes Thema durch die aktuelle Entwicklung in Europa und auf den Finanzmärkten in den Fokus der Historiker:
"Wo fehlt's nicht irgendwo auf dieser Welt
Dem dies, dem das, hier aber fehlt das Geld
Vom Estrich zwar ist es nicht aufzuraffen
Doch Weisheit weiß, das Tiefste herzuschaffen
In Bergesadern, Mauergründen ist Gold gemünzt und ungemünzt zu finden.."
Eine Sektion auf dem Deutschen Historikerkongress widmet sich dem Thema "Goethe und die Entstehung der modernen Ökonomie". Eine Exkursion führt in das Goethehaus nach Frankfurt, in eine aktuelle Ausstellung:
"Wir stehen hier im Zentrum der Ausstellung vor einem großen goldenen Kubus, der die Besucher begrüßen soll, in unser Thema einführen soll, eine kleine Einstimmung spielerischer, künstlerischer Art bieten soll in das Thema Goethe und das Geld."
Dr. Vera Hierholzer ist eine der beiden Kuratorinnen der Ausstellung und Historikerin an der Universität Frankfurt.
"Hier drin wird die berühmte Papiergeldszene aus dem Faust II thematisiert. Faust und Mephisto kommen ja an den Hof des Kaisers in Faust II und helfen diesem aus seinen Finanznöten im Prinzip wie die alten Alchemisten, stellen sie zwar nicht aus Blei Gold her sondern aus Papier Geld. Allerdings behandelt Goethe nicht nur die Faszinationskraft des Geldes, die Schöpfungskraft des Geldes, das Ankurbeln der Wirtschaft sondern auch die negativen Folgen."
Um den goldenen Kubus stehen Vitrinen, die zahlreiche Objekte aus Goethes Besitz und seiner Zeit präsentieren: ein Ledergürtel für Münzgeld nebst einiger Münzen, Schuldbücher seiner Mutter, die Geld verlieh oder seine eigenen Haushaltsbücher, die er akribisch führte.
Die Ausstellung ist biografisch gegliedert:
"Wir fangen an mit dem jungen Goethe, seiner Prägung in der Handels- und Messestadt Frankfurt und lernen ihn dann als Geschäftsmann kennen, der sehr erfolgreich und strategisch mit seinen Verlegern verhandelt hat und exorbitante Honorare herausschlagen konnte. Dann lernen wir sein breites Spektrum der Tätigkeiten als Minister kennen, und wir lernen den privaten Goethe kennen, seine Ausgaben, sein Umgang mit dem Thema Geld und dazu noch die Theorien der Zeit, mit denen er sich auch intensiv befasst hat..."
Zum Beispiel die von Adam Smith. Aber nicht nur der Blick auf die historische Beschäftigung mit Geld oder Wirtschaftstheorien steht auf der Agenda des Kongresses - die Veranstalter haben aktuell eine Sektion zum Thema Euroschuldenkrise einberufen. Tenor: Seit der Reichsgründung 1871 kranken Deutschland und Europa an einem Problem: Deutschland ist zu groß, um sich in Europa einzuordnen aber zu klein, um den Kontinent zu dominieren.
Aber das ist schon wieder ein anderes Thema.