Gerd Pasch: Heute Mittag ist eine Rakete mitten im Pazifik ins All gestartet, von Bord einer schwimmenden Plattform aus. Dirk Lorenzen, das klingt ein wenig nach James Bond, geht das wirklich?
Dirk Lorenzen: In der Tat, russische Rakete, amerikanische Plattform, in Norwegen gebaut und Satellit von einer Firma von den Vereinigten Arabischen Emiraten. Das klingt nach einem abgeschmackten Agententhriller, aber das ist die Raumfahrt von heute: Sea Launch heißt diese Firma, "Start auf See" übersetzt, und die haben einfach eine alte Ölbohrplattform genommen und umgebaut und haben damit heute den Kommunikationssatelliten Thuraya-3 ins All geschossen. Und zwar waren sie auf dem Äquator bei 154 Grad westlicher Länge, das ist über 2000 Kilometer südlich von Hawaii. Da war es finstere Nacht, aber dann ist dort auf einem Feuerstrahl die Rakete in den nachtschwarzen Himmel gestartet. Es hat alles funktioniert, der Satellit hat die planmäßige Umlaufbahn erreicht.
Pasch: Driftet die Plattform einfach so durch das Meer?
Lorenzen: Nein, das ist eine Wissenschaft für sich, diese Plattform zu verankern und fest stehend zu machen. Auf einem treibenden Grund dürfte man so eine Rakete nicht starten das wäre viel zu ungenau, sie käme nicht wirklich präzise ins All hinauf. Da muss alles still stehen, da gibt es riesige Ballasttanks, die mit Meerwasser gefüllt werden, und die das Ganze stabilisieren. Es gibt Wasserdüsen, die die Plattform perfekt ausrichten. Das ist wirklich sehr schwierig und für die Ingeneure eine große Herausforderung. Im November sollte dieser Satellit bereits starten, damals war aber an dieser Stelle am Äquator die Meeresströmung so stark, dass man nicht dagegen ankam. Man hat einige Wochen abgewartet, es wurde aber nicht besser. Damals musste man aufgeben und alles wieder zurück nach Kalifornien schleppen.
Pasch: Was ist der Vorteil für einen Start vom Äquator aus?
Lorenzen: Sea Launch, diese Plattform, ist die einzige, die so genau an den Äquator kann, und damit kriegen die Raketen, die dort starten den meisten Schwung von der Erde mit. Wir hier in Mitteleuropa haben durch die Erddrehung eine Geschwindigkeit von etwa 1000 Kilometern pro Stunde, am Äquator ist die Erde dicker, aber auch dort muss ja ein Punkt in knapp 24 Stunden einmal um die Erdachse drehen, das heißt, dort dreht die Erde sich deutlich schneller - mit 1700 Kilometern pro Stunde. Dort bekommt die Rakete automatisch - quasi von der Natur - einen Schubs mit. Damit spart man Treibstoff und man kann mit dieser Rakete von dort diesen relativ schweren Satelliten mit mehr als fünf Tonnen starten. Das wäre jetzt von Baikonur - sehr viel weiter entfernt vom Äquator - aus nicht möglich. Das heißt, dieser Start vom Äquator hat sehr große energetische Vorteile und das macht einen Start auch etwas billiger.
Pasch: Birgt denn ein Start von einer kleinen Plattform aus nicht große Sicherheitsrisiken?
Lorenzen: Das ist das andere technische Problem, dem sich die Ingeneure stellen müssen. Man kann eben bei einem Unfall nicht schnell weg, wie man das an Land könnte. Man löst das hier, dass man eben beim Start in einem Kontrollzentrum ist auf einem Schiff, gut drei Kilometer von der Plattform entfernt. Wenn da also etwas passiert, ist niemand an Bord. Wie gut und wie weise das war, das so zu konstruieren, hat man vor genau einem Jahr gesehen, da ist eine Rakete beim Start auf der Plattform explodiert. Damals ist niemand zu Schaden gekommen, weil niemand an Bord war. Nur entsprechend stand heute die Firma unter Druck, aber der Start hat dann ja sehr gut geklappt.
Pasch: Jetzt ist eine russische Rakete zum Einsatz gekommen, ist die speziell für den Meeresstart gebaut worden?
Lorenzen: Nein, die Zenith-Rakete stammt noch aus Sowjet-Zeiten, die startet zum Teil auch von Baikonur aus, ist aber hier speziell angepasst für diese Konfiguration von der Plattform aus. Aber sie wird ja auch nicht durch Meerwasser nass, höchstens durch Regen, sie startet ja trotzdem im Trockenen von der Plattform aus.
Pasch: Wer muss denn diese Konkurrenz fürchten?
Lorenzen: Die Ariane nicht so sehr. Boeing, die hier maßgeblich an dieser Firma beteiligt sind, die fast alle ihre Satelliten dann dort starten, oder fast alle der Sea-Launch-gestarteten Satelliten - das war jetzt der 25. Start - sind Boeing-Satelliten. Das ist eine kleine Nische, Ariane schaut sich das sicher sehr gut an, aber Europas Ariane-Rakete ist nach wie vor Marktführer weltweit für den Start großer kommerzieller Satelliten. Die Zenith-Rakete hat nicht so den allerbesten Ruf, ist jetzt aber wieder zurück im Geschäft. Die schwimmende Plattform wird aber die klassischen Weltraumbahnhöfe sicherlich nicht überflüssig machen.
Dirk Lorenzen: In der Tat, russische Rakete, amerikanische Plattform, in Norwegen gebaut und Satellit von einer Firma von den Vereinigten Arabischen Emiraten. Das klingt nach einem abgeschmackten Agententhriller, aber das ist die Raumfahrt von heute: Sea Launch heißt diese Firma, "Start auf See" übersetzt, und die haben einfach eine alte Ölbohrplattform genommen und umgebaut und haben damit heute den Kommunikationssatelliten Thuraya-3 ins All geschossen. Und zwar waren sie auf dem Äquator bei 154 Grad westlicher Länge, das ist über 2000 Kilometer südlich von Hawaii. Da war es finstere Nacht, aber dann ist dort auf einem Feuerstrahl die Rakete in den nachtschwarzen Himmel gestartet. Es hat alles funktioniert, der Satellit hat die planmäßige Umlaufbahn erreicht.
Pasch: Driftet die Plattform einfach so durch das Meer?
Lorenzen: Nein, das ist eine Wissenschaft für sich, diese Plattform zu verankern und fest stehend zu machen. Auf einem treibenden Grund dürfte man so eine Rakete nicht starten das wäre viel zu ungenau, sie käme nicht wirklich präzise ins All hinauf. Da muss alles still stehen, da gibt es riesige Ballasttanks, die mit Meerwasser gefüllt werden, und die das Ganze stabilisieren. Es gibt Wasserdüsen, die die Plattform perfekt ausrichten. Das ist wirklich sehr schwierig und für die Ingeneure eine große Herausforderung. Im November sollte dieser Satellit bereits starten, damals war aber an dieser Stelle am Äquator die Meeresströmung so stark, dass man nicht dagegen ankam. Man hat einige Wochen abgewartet, es wurde aber nicht besser. Damals musste man aufgeben und alles wieder zurück nach Kalifornien schleppen.
Pasch: Was ist der Vorteil für einen Start vom Äquator aus?
Lorenzen: Sea Launch, diese Plattform, ist die einzige, die so genau an den Äquator kann, und damit kriegen die Raketen, die dort starten den meisten Schwung von der Erde mit. Wir hier in Mitteleuropa haben durch die Erddrehung eine Geschwindigkeit von etwa 1000 Kilometern pro Stunde, am Äquator ist die Erde dicker, aber auch dort muss ja ein Punkt in knapp 24 Stunden einmal um die Erdachse drehen, das heißt, dort dreht die Erde sich deutlich schneller - mit 1700 Kilometern pro Stunde. Dort bekommt die Rakete automatisch - quasi von der Natur - einen Schubs mit. Damit spart man Treibstoff und man kann mit dieser Rakete von dort diesen relativ schweren Satelliten mit mehr als fünf Tonnen starten. Das wäre jetzt von Baikonur - sehr viel weiter entfernt vom Äquator - aus nicht möglich. Das heißt, dieser Start vom Äquator hat sehr große energetische Vorteile und das macht einen Start auch etwas billiger.
Pasch: Birgt denn ein Start von einer kleinen Plattform aus nicht große Sicherheitsrisiken?
Lorenzen: Das ist das andere technische Problem, dem sich die Ingeneure stellen müssen. Man kann eben bei einem Unfall nicht schnell weg, wie man das an Land könnte. Man löst das hier, dass man eben beim Start in einem Kontrollzentrum ist auf einem Schiff, gut drei Kilometer von der Plattform entfernt. Wenn da also etwas passiert, ist niemand an Bord. Wie gut und wie weise das war, das so zu konstruieren, hat man vor genau einem Jahr gesehen, da ist eine Rakete beim Start auf der Plattform explodiert. Damals ist niemand zu Schaden gekommen, weil niemand an Bord war. Nur entsprechend stand heute die Firma unter Druck, aber der Start hat dann ja sehr gut geklappt.
Pasch: Jetzt ist eine russische Rakete zum Einsatz gekommen, ist die speziell für den Meeresstart gebaut worden?
Lorenzen: Nein, die Zenith-Rakete stammt noch aus Sowjet-Zeiten, die startet zum Teil auch von Baikonur aus, ist aber hier speziell angepasst für diese Konfiguration von der Plattform aus. Aber sie wird ja auch nicht durch Meerwasser nass, höchstens durch Regen, sie startet ja trotzdem im Trockenen von der Plattform aus.
Pasch: Wer muss denn diese Konkurrenz fürchten?
Lorenzen: Die Ariane nicht so sehr. Boeing, die hier maßgeblich an dieser Firma beteiligt sind, die fast alle ihre Satelliten dann dort starten, oder fast alle der Sea-Launch-gestarteten Satelliten - das war jetzt der 25. Start - sind Boeing-Satelliten. Das ist eine kleine Nische, Ariane schaut sich das sicher sehr gut an, aber Europas Ariane-Rakete ist nach wie vor Marktführer weltweit für den Start großer kommerzieller Satelliten. Die Zenith-Rakete hat nicht so den allerbesten Ruf, ist jetzt aber wieder zurück im Geschäft. Die schwimmende Plattform wird aber die klassischen Weltraumbahnhöfe sicherlich nicht überflüssig machen.